Sind die Hasspostings am Ende?

Hasspostings sind aggressive, menschenverachtende und im Internet meist öffentlich abrufbare Nachrichten. Oft erfüllen sie einen rechtlichen Straftatbestand und sind somit gerichtlich strafbar. Grundsätzlich besteht aus rechtlicher Sicht kein Unterschied, ob ein Delikt in der realen Welt oder im Internet, z.B. in einem Online-Forum, begangen wird. Einzig die Möglichkeit des Angegriffenen, seine Rechte gegenüber dem Täter durchzusetzen ist bei Begehung via Internet wesentlich schwieriger.

In den letzten Jahren stieg die Anzahl von Hasspostings stark an und die österreichische Bundesregierung verpflichtete sich in ihrem Regierungsprogramm dem „Schutz vor Hass und Gewalt im Netz“. Entsprechend wurde im Herbst 2020 das „Gesetzespaket gegen Hass im Netz“ vorgestellt und in Folge auch vom Parlament beschlossen. Im Wesentlichen sind drei Maßnahmenpakete beschlossen worden:

1. Straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz

2. Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (HiNBG)

3. Kommunikationsplattformgesetz(KoPl-G)

 

1. Straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz

  • Das „Fotografieren unter den Rock“ (sog „Upskirting“) soll nun ein eigener Straftatbestand werden.
  • Der Tatbestand der Verhetzung soll nunmehr auch Individualbeleidigungen umfassen und Cybermobbing leichter verfolgbar machen.
  • Die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers für die Delikte der üblen Nachrede und Beleidigung soll entfallen und so die oft gegebene Hemmschwelle der finanziellen Belastung beseitigt werden.
  • In besonderen Fallkonstellationen soll zukünftig auch der Arbeits- oder Dienstgeber einen Antrag auf Einziehung bestimmter Medienstücke bzw Löschung von Websites stellen können.
  • Bestimmte Maßnahmen sollen auch direkt dem Hostprovider angeordnet werden können, um der Problematik schwer greifbarer ausländischer Medienunternehmer entgegenzuwirken.

2. Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (HiNBG)

Umfassende Neuerung sind auch im Bereich des Zivilrechts geplant:

  • Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche des Betroffenen sollen in das ABGB eingeführt werden. Auch der Arbeit- bzw Dienstgeber kann gegen Hasspostings vorzugehen, die seine Mitarbeiter betreffen.
  •  Da die Erfahrungen der letzten Jahre zeigten, dass es oft an schnellem und effektivem Rechtsschutz mangelt, soll in die Zivilprozessordnung ein vereinfachtes Unterlassungsverfahren für die Geltendmachung von Verletzungen der Menschenwürde in einem elektronischen Kommunikationsnetz eingefügt werden. Wird ausschließlich aus diesem Grund eine Unterlassungsklage eingebracht, soll die klagende Partei mit der Klage einen „Unterlassungsauftrag“ beantragen können („Mandatsverfahren“). Ein solcher kann vom Gericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw Vernehmung der beklagten Partei erlassen werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der sofortigen Vollstreckbarerklärung. Die beklagte Partei kann aber jedenfalls binnen 14 Tagen ab Zustellung Einwendungen erheben. Dadurch kommt es zur Durchführung der ordentlichen Verhandlung über die Unterlassungsklage. Das neue Mandatsverfahren weist damit Ähnlichkeiten zum bewährten Mahnverfahren für bestimmte Geldforderungen auf.
  • Auch der außerstreitige Antrag auf Herausgabe von Nutzerdaten soll eingeführt werden. Dieser dient der Erleichterung der Anspruchsdurchsetzung der Betroffenen.

3. Kommunikationsplattformgesetz(KoPl-G)

Betreiber von Internetplattformen prüften Postings in der Vergangenheit meist nur anhand der selbstgegebenen Community-Richtlinien. Nun sollen die Betreiber von Internetplattformen stärker in die Pflicht genommen werden:

  • Das Gesetz soll in- und ausländische Kommunikationsplattformen gleichermaßen erfassen, die im vorhergehenden Quartal im Durchschnitt über 100.000 in Österreich registrierte Nutzer aufgewiesen und mit dem Betrieb der Plattform im vorangegangenen Jahr über EUR 500.000,00 Umsatz erwirtschaftet haben.
  • Ausgenommen sind Plattformen zur Vermittlung oder Verkauf von Waren bzw Dienstleistungen und Plattformen, die der Wissensvermittlung dienen oder von einem Medienunternehmen betrieben werden.
  • Dienstanbieter müssen ein wirksames und transparentes Meldeverfahren für den Umgang mit strafrechtswidrigen Inhalten einrichten.
  • Die Diensteanbieter müssen je nach Grad der Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit auch für die sofortige bzw spätere Löschung und Sperre von Postings Sorge tragen. (Überprüfungspflichten)
  • Im Gesetz ist zur Absicherung der Erreichbarkeit für Nutzer, aber auch behördliche und gerichtliche Zustellungen, sowie die Einhaltung des Gesetzes selbst, die Bestellung eines „verantwortlichen Beauftragten“ vorgesehen.

Ausblick

  • Die straf- und zivilrechtlichen Regelungen sind mit dem 1. Jänner 2021 in Kraft getreten. Vom KoPl-G erfasste Kommunikationsplattformen müssen bis Ende März 2021 die neuen Verpflichtungen umsetzen.
  • Einige weltweit agierende Dienstanbieter, die dem Wortlaut des KoPl-G unterworfen sind, haben allerdings keinen Sitz in Österreich.
  • Offen bleibt, inwieweit das KoPl-G im EU-Ausland angewendet werden kann: Die E-Commerce-Richtlinie der EU regelt nämlich, dass Diensteanbieter ausschließlich dem Recht des Landes unterliegen, in dem diese auch ihren Sitz haben. Ob das österreichische KoPl-G strengere Regelungen umsetzen darf, als in der E-Commerce-Richtlinie vorgesehen sind, bleibt abzuwarten.