Digitalisierung des Vergaberechts – E-Vergabe

Mit dem Vergaberechtsreformgesetz 2018 hat die fortschreitende Digitalisierung auch im Vergaberecht maßgebend Eingang gefunden: Seit dem 18.10.2018 sind alle öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich elektronisch durchzuführen. Nicht nur die Angebotsabgabe, sondern jede Kommunikation mit den Bietern ist elektronisch über Vergabeplattformen zu führen. Die Papierform hat ausgedient. Dafür hat sich das Schlagwort „E-Vergabe“ eingebürgert. SAXINGER bietet dazu die scwp.com/vergabeplattform an.

In den vergangenen Monaten konnten zahlreiche Erfahrungswerte zur E-Vergabe gesammelt werden. Diese zeigen, dass sich sowohl die Auftraggeber- als auch die Auftragnehmerseite mit der elektronischen Verfahrensabwicklung sehr gut angefreundet haben und eine anfängliche Skepsis verflogen ist.

Was hat sich geändert?

  • Auch zuvor war elektronische Kommunikation punktuell anzutreffen, insbesondere bei der Bereitstellung der Unterlagen sowie beim Einbringen und der Beantwortung der Fragen. Nunmehr ist die E-Vergabe im Oberschwellenbereich verbindlich in allen Verfahrensstufen durchzuführen. Das betrifft also nicht nur die Bereitstellung der Ausschreibungsunterlagen durch Auftraggeber, sondern insbesondere die Einreichung von Teilnahmeanträgen sowie die Abgabe der Angebote.
  • Auftraggeber haben einen geeigneten, allgemein kompatiblen Kommunikationsweg festzulegen wie zB die Abwicklung über eine Vergabeplattform.
  • In elektronischer Form erstellte Dokumente sind für mindestens drei Jahre so zu speichern, dass der Zeitpunkt des Verfassens feststellbar ist und nachträgliche Änderungen ersichtlich wären.

Wie fällt der Stand der Erfahrungen seit der Einführung der E-Vergabe aus?

  • Die E-Vergabe konnte ohne gröbere technische Probleme implementiert werden.
  • Sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer haben sich auf die E-Vergabe durchwegs gut vorbereitet. Dabei zeigte sich auch, dass Auftraggeber bei der Wahl der Vergabeplattformen vielfach auf Softwarelösungen zurückgreifen, die sich bereits am Markt befinden, anstelle im Wege der Individualprogrammierung eigene Plattformen zu schaffen.
  • Die Herausforderung auf Auftragnehmerseite liegt weniger in der Beschaffung der qualifizierten elektronischen Signatur selbst, was etwa über die Handy-Signatur relativ einfach zu handhaben ist. Vielmehr bedarf es einer umsichtigen Festlegung des internen Prozesses. Das Hochladen des Angebotes oder Teilnahmeantrages übernimmt in der Regel nicht das vertretungsbefugte Organ selbst. Was bei der Papierabgabe durch den Unterschriftenlauf gesichert war, bedarf nunmehr eines entsprechenden Freigabeprozederes.

Was sind nun die konkreten Vorteile?

  • Die Verfahren werden schneller und effizienter abgewickelt. Die hängt insbesondere auch mit der einfachen Handhabung der Vergabeplattformen zusammen.
  • Alle Verfahrensschritte liegen transparent auf. Für den Auftraggeber ist quasi auf Knopfdruck eine vollständige Dokumentation der Ausschreibung verfügbar.
  • Der Aufwand für die Angebotsöffnung wurde massiv reduziert. Große Lochmaschinen und das Sichern der Angebote mit Draht oder sonstigen Utensilien gehören der Vergangenheit an. Das lückenlose Öffnungsprotokoll stellt die Authentizität und Vollständigkeit der Angebote viel besser sicher.
  • Kontrollen aufgrund Compliance-Anforderungen oder sonstiger Gründe können effizient und ohne großen Vorbereitungsaufwand durchgeführt werden. Auch im Nachhinein können alle Schritte lückenlos nachvollzogen werden. Dokumente sind in der jeweils bereitgestellten bzw. abgegebenen Fassungen gesichert.
  • Manipulationen werden aufgrund der technischen Signatur und des so genannten Hash-Werts, der jedem Dokument unverkennbar anhaftet, von Vornherein ausgeschlossen. Damit werden auch jedwede Diskussionen sowie allenfalls bestehende Zweifel bereits von Anfang an hintangehalten. Echtheit sowie Vertraulichkeit der Unterlagen sind technisch gewährleistet.
  • Die Bedienung ist einfach. Der Anwender wird mit Anleitungen durch das System geführt. Formulare sind vorgegeben. So kann man im gesamten Vergabeverfahren (fast) nichts mehr falsch machen.
  • Auch für den Bieter ist das Vergabeverfahren transparent nachvollziehbar. Der erste Registrierungsaufwand ist überschaubar. Zudem steht die Registrierung jedem offen. Dieser leichte Zugang zu den Vergabeunterlagen bringt auch positive Wirkungen für den Wettbewerb mit sich.
  • Das Risiko des Postversands fällt gänzlich weg. Auch allenfalls bekannte Diskussionen darüber, ob das Angebot nun rechtzeitig abgegeben worden ist, sind nunmehr gegenstandslos. Der Zeitpunkt der Abgabe ist elektronisch zweifelsfrei dokumentiert bzw. gibt es nach Ablauf der Frist auch gar keine Möglichkeit mehr, Angebote zum jeweiligen Verfahren einzureichen.

Unser Resümee zur Digitalisierung des Vergaberecht durch die E-Vergabe fällt sohin sehr positiv aus. Die Nutzung von Vergabeplattformen (wie scwp.com/vergabeplattform) hat sich zu Recht etabliert; wir können dies auch für den Unterschwellenbereich, für welchen die E-Vergabe nicht zwingend vorgegeben ist, nur empfehlen.

Nichtsdestotrotz ist auch Verbesserungspotential gegeben. Wünschenswert wäre etwa eine Verknüpfung der Vergabeplattformen, sodass sich Bieter mit nur einer Registrierung bei allen Verfahren von öffentlichen Auftraggebern des Bundes wie auch der Länder bewerben können. Doch das ist Zukunftsmusik.