Kinderfotos vom Kontaktwochenende im Netz? Erlaubt?

Problemaufriss

Der stolze Vater stellt Lichtbilder von seinem minderjährigen Kind zum letzten Kontaktwochenende ins Internet und verschickt auch über WhatsApp diverse Bilder an Bekannte und Freunde, welche das Kind im familiären Umfeld zeigen. Der Mutter ist dies aus mehreren Gründen nicht recht, insbesondere deswegen, weil sie nicht möchte, dass der Vater im aufrechten Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren die Wochenenden mit dem Kind als besonders lustig präsentiert und sohin den guten Kontakt mit seinem Kind auch gegenüber möglichen Zeugen nachzuweisen versucht. Auch das minderjährige Kind hat natürlich keine Ahnung von der Verbreitung und Veröffentlichung dieser Lichtbilder.

Sind diese Vorgänge hinzunehmen oder gibt es rechtliche Möglichkeiten dies zu verhindern?

Einwilligung durch die abgebildete Person

Alleiniger Grundrechtsträger des Rechtes am eigenen Bild ist die abgebildete Person selbst; dies ist auch der Fall, wenn die abgebildete Person noch minderjährig ist. Allenfalls kann die Einwilligung durch Dritte (hier durch den gesetzlichen Vertreter) substituiert werden. Die Zustimmung durch den gesetzlichen Vertreter ist etwa dann möglich, wenn ein berechtigtes Interesse nicht verletzt wird. Wenn ein berechtigtes Interesse verletzt wird, hat die Verbreitung ohnehin zu unterbleiben. Auch bei höchstpersönlichen Rechten ist eine Vertretung möglich.

Wenn das minderjährige Kind selbst einsichts- und urteilsfähig ist, kann die Zustimmung nur selbst erteilt werden. Zusätzlich ist die Zustimmung der Eltern zu fordern, wenn der Eingriff in die Persönlichkeitsinteressen schwer oder nachteilig ist (vgl. § 173 Abs 1 ABGB analog). Ansonsten hat – wenn das berechtigte Interesse des Minderjährigen verletzt ist – die Veröffentlichung zu unterbleiben und eine Substitution durch den gesetzlichen Vertreter ist nicht möglich.

Die Beurteilung, ob ein Kind einsichts- und urteilsfähig ist, erfolgt immer im Einzelfall. Bei mündigen Minderjährigen (ab 14) wird vermutet, dass diese einsichts- und urteilsfähig sind. Bei der Entscheidung ist auch zu berücksichtigen, ob die Veröffentlichung weitreichende Folgen hat. Die Einwilligung ist persönlich und in informierter Weise einzuholen.

Die Vertretung steht grundsätzlich dem obsorgeberechtigten Elternteil zu. Sind beide Elternteile obsorgeberechtigt, dann kann jeder Elternteil alleine vertreten. Jedoch gilt das Einvernehmlichkeitsgebot (§ 137 Abs 2 ABGB), wonach die Kindeseltern grundsätzlich bei wichtigen Entscheidungen einvernehmlich vorzugehen haben und sich diesbezüglich abstimmen sollen. Sind sich die gemeinsam obsorgeberechtigten Elternteile nicht einig, entscheidet das Pflegschaftsgericht.

Berechtigtes Interesse und Interessenabwägung

Ob ein Anspruch besteht, Lichtbilder zu posten, ist zunächst einer objektiven Prüfung zu unterziehen. Zu fragen ist, ob die Interessen des Abgebildeten als schutzwürdig anzusehen sind. Dabei ist auch der mit dem Bild zusammenhängende Text zu würdigen. Zu berücksichtigen ist auch, wie das Bild, das dem Publikum zugeht, vom Betrachter verstanden wird.

Entscheidend ist dabei, dass das Recht am eigenen Bild die Bloßstellung, Preisgabe des Privatlebens, Entwürdigung und Herabsetzung der abgebildeten Person verhindern soll.

Unzulässig ist jedenfalls die Verbreitung von Bildern, welche die Privat- und Intimsphäre des Abgebildeten verletzen, wie insbesondere in den Bereichen der Gesundheit, dem Sexualleben sowie dem Leben in und mit der Familie. Dies ist etwa bei erniedrigenden, bloßstellenden und herabwürdigenden Bildern oder Videos der Fall (auch „Public Shaming“ oder Mobbing im Internet).

Eine Verbreitung oder Veröffentlichung kann dann zulässig sein, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass auch derjenige, der das Foto veröffentlicht hat, ein Interesse daran hat. Wenn kein berechtigtes Interesse verletzt wird, ist eine Veröffentlichung wohl erlaubt.

Pauschalzustimmungen (bereits im Vorhinein) sind kritisch zu sehen und eher unzulässig.

Anwendung Datenschutzrecht:

Das Datenschutzrecht ist bei der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten anwendbar und in diesem Fall ist eine Einwilligung zwingend notwendig. Umfasst sind im Wesentlichen sämtliche Daten aus denen die rassische und ethische Herkunft, die politischen Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder zur sexuellen Orientierung einer natürlichen Person.

Ausnahmen

Die Anfertigung von rein privaten Aufnahmen ist zulässig und auch von der EU-Datenschutzgrundverordnung und dem Datenschutzgesetz nicht erfasst (so genannte „Haushaltsausnahme“). Auch die Veröffentlichung von derartigen Fotos in unregelmäßigen Abständen auf sozialen Medien (Facebook, Twitter, Instagram usw.) ist nicht vom Datenschutz umfasst.

Allerdings sind bei Überschreiten der „Haushaltsausnahme“ die Datenschutzgrundverordnung und das Datenschutzgesetz wieder anwendbar, sodass in diesem Fall wiederum eine Einwilligung der betroffenen Person notwendig ist.

Zugang auf soziale Netzwerke

Die sozialen Netzwerke haben besondere Zugangsbestimmungen, die sich allerdings auf eine lapidare Prüfung des Mindestalters beschränken. In der Regel ist kein Nachweis des Alters – etwa in Form eines amtlichen Ausweises – erforderlich. So ist der Zugang für Facebook und Instagram erst ab einem Alter von 13 Jahren erlaubt; die Eintragung des Alters ist jedoch ausreichend. Es gibt darüber hinaus keine besonderen Schutzbestimmungen für Jugendliche.

Rechtsgrundlagen und daraus resultierende Ansprüche

Es existiert ein absolutes Recht auf Privatleben zum Schutz der Persönlichkeit und der Person in ihrer Gesamtheit. Abgedeckt sind damit angeborene, schon von Vernunft einleuchtende Rechte (vgl. § 16 ABGB). Daraus resultierend kann ein Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz geltend gemacht werden.

Das Recht am eigenen Bild ist gemäß § 78 Urheberrechtsgesetz geschützt. Gegen unzulässige Veröffentlichungen kann mit Unterlassung, Beseitigung, Anspruch auf Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz vorgegangen werden. Umfasst sind alle Verbreitungshandlungen, wonach davon ausgegangen werden kann, dass das Bild einer Mehrzahl von Personen zugänglich gemacht wird. Schließlich können auch nach dem Mediengesetz gegenüber dem Medieninhaber (auch das minderjährige Kind selbst) die Ansprüche Entschädigung und Gegendarstellung eingefordert werden.

Aus der Datenschutzgrundverordnung können ein Auskunftsrecht, das Recht auf Löschung, Schadenersatz, Verwaltungsstrafen und Bußgelder gefordert werden.

Gemäß Artikel 8 EMRK sind das Privat- und Familienleben, die Wohnung und der Briefverkehr besonders geschützt.

Ansprechpartner
Dr. Birgit Leb
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