Arbeitsrechtliche Möglichkeiten zur Bewältigung der Corona-Krise

Hintergrund

Die Herausforderungen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Umwälzungen durch die COVID-19 Krise können mit den derzeit zur Verfügung stehenden arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen nur bedingt gelöst bzw bewältigt werden. In den letzten Wochen wurden mehrere Gesetzespakete (Covid-19 1. bis 5.) beschlossen, die auch finanzielle Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmer vorsehen. Die wesentlichen derzeit zur Verfügung stehenden arbeitsrechtlichen Instrumente werden nachfolgend zusammengefasst:

Kurzarbeit

Wie in vielen anderen Ländern, gibt es auch in Österreich ein sogenanntes „Kurzarbeitsmodell“. Die Rahmenbedingungen des Kurzarbeitsmodelles wurden für die Corona-Krise mehrmals modifiziert und der Zugang erleichtert. Im Rahmen eines Kurzarbeitsmodelles wird die Normalarbeitszeit um mindestens 10% und maximal 90% reduziert, die Arbeitszeit kann kurzfristig auch auf Null reduziert werden. Der Arbeitnehmer erhält – je nach Gehaltskategorie – jedoch weiterhin 80% bis 90% seines bisherigen Netto-Grundlohnes. Die Differenz der Kosten zwischen der reduzierten Normalarbeitszeit und dem Entgeltanspruch des Arbeitnehmers wird dem Arbeitgeber vom Arbeitsmarktservice (AMS) in Form einer Kurzarbeitsbeihilfe bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (EUR 5.370,00) ersetzt. Gleichzeitig dürfen die Dienstverhältnisse für die Dauer der Kurzarbeit und 1 Monat danach vom Dienstgeber (aus betriebsbedingten Gründen) nicht gekündigt werden.

Die Corona-Kurzarbeit kann für maximal 3 Monate abgeschlossen werden. Bei Bedarf ist eine Verlängerung um weitere 3 Monate möglich.

Zur Umsetzung der Kurzarbeit ist in Betrieben mit Betriebsrat eine Sozialpartnervereinbarung auf Basis einer Betriebsvereinbarung und in Betrieben ohne Betriebsrat eine Sozialpartnervereinbarung auf Basis einer Einzelvereinbarung mit den Dienstnehmern abzuschließen. Die jeweiligen Sozialpartnervereinbarungen sind als Muster standardisiert und besteht idR nur ein sehr geringer Gestaltungsspielraum. Beispielsweise kann die Kurzarbeit für einzelne Abteilungen oder Betriebe des Unternehmens vereinbart werden.

Sonderfall ausländische Unternehmen mit österreichischen Dienstnehmern und GF-Organe

Das Kurzarbeitsmodell kann für alle Dienstnehmer in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis (also grundsätzlich auch Fremd-Geschäftsführer) zu einem Unternehmen oder Betrieb mit Sitz in Österreich angewendet werden. Für Unternehmen mit Sitz im Ausland wäre aber zumindest eine in Österreich registrierte Niederlassung erforderlich.

Verbrauch von Urlaubs- und Zeitguthaben

Der Verbrauch von Urlaubs- und Zeitguthaben ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vereinbaren. Daraus resultierend weigerten sich viele Arbeitnehmer zur Überwindung der auslastungsschwachen Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben abzubauen. Dazu erfolgte nun eine Gesetzesänderung: Soweit Handels- und Dienstleistungsunternehmen von einem gesetzlichen Betretungsverbot erfasst waren bzw sind, und aufgrund dieser Maßnahmen Dienstleistungen von Arbeitnehmern unterblieben sind bzw unterbleiben, besteht für die Arbeitgeber die Möglichkeit den Verbrauch von Urlaub (im Ausmaß von maximal 8 Wochen, davon maximal 2 Wochen aus dem laufenden Ulraubsjahr) und Zeitguthaben einseitig anzuordnen. Für alle anderen Unternehmen, die an den Folgenwirkungen ebenfalls leiden, aber nicht vom Betretungsverbot erfasst sind, besteht jedoch weiterhin keine Möglichkeit den Verbrauch von Urlaubs- und Zeitguthaben einseitig anzuordnen.

Kinderbetreuung und sonstige Dienstfreistellung

Im Rahmen der Covid-19-Gesetzespakete wurde auch die Möglichkeit eines zusätzlichen Urlaubes für die notwendige Kinderbetreuung von Kindern bis zum 14. Lebensjahr geschaffen (für einen befristeten Zeitraum bis Ostern). Dieser Sonderurlaub ist allerdings zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vereinbaren und setzt voraus, dass kein sonstiger Dienstverhinderungsgrund vorliegt. Die Kosten werden dem Arbeitgeber zu einem Drittel durch den Staat rückerstattet. In besonderen Fällen haben Arbeitnehmer das Recht (einseitig) aus wichtigen persönlichen Gründen für angemessene Dauer von der Arbeit unter Entgeltfortzahlung fernzubleiben. Die Covid-19 Anlassfälle sind grundsätzlich anerkannt, einen solchen Anspruch zu begründen (zB für Kinderbetreuung, wenn Schulen gänzlich geschlossen sind), allerdings ist die Dauer dieses Anspruches strittig.

Beendigung von Dienstverhältnissen mit Wiedereinstellungszusagen

Neben der Beendigung von Dienstverhältnissen durch einvernehmliche Auflösung oder Arbeitgeberkündigung werden in Krisensituationen von Arbeitgebern häufig sogenannte Wiedereinstellungszusagen abgegeben. Dabei verpflichtet sich der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt meist unter Anrechnung seiner bisherigen Dienstzeiten wieder einzustellen. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet die Stelle erneut anzunehmen. Bei Vorliegen einer Wiedereinstellungszusage wird der arbeitslose Arbeitnehmer bei kurzer Unterbrechungsdauer nicht zu einer neuen Arbeitsstelle vermittelt und behält dennoch den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Für den Arbeitgeber besteht daher eine hohe Chance, dass der Arbeitnehmer wieder bei ihm zu arbeiten beginnt und nicht zu einem anderen Arbeitgeber wechselt. Im Falle von Wiedereinstellungszusagen kann zudem vereinbart werden, dass gewisse Beendigungsansprüche erst abgerechnet werden, wenn die Wiedereinstellung nicht erfolgt. Bei der Gestaltung von Wiedereinstellungszusagen ist allerdings Vorsicht geboten, da die Abgrenzung zur Karenzierung beachtet werden muss.

Entgeltanspruch bei Quarantäne

Sofern über einen Betrieb oder einen Arbeitnehmer von der Behörde die Absonderung (Quarantäne) nach dem Epidemie-Gesetz verhängt wurde und damit eine Arbeitsleistung des Mitarbeiters nicht möglich ist bleibt der Anspruch des Mitarbeiters auf Entgeltfortzahlung bestehen (sofern nicht ohnehin ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Krankheit besteht). Für diese Fälle haben die Arbeitgeber einen Anspruch auf Rückerstattung der Entgeltfortzahlungskosten nach Epidemie-Gesetz (Achtung hier sind Fristen zu wahren). Ob dieser Rückerstattungsanspruch auch für jene Fälle gilt, wo über den Betrieb ein Betretungsverbot zur Eindämmung des Kundenverkehrs verhängt wurde, ist derzeit nicht eindeutig geklärt, da die Betretungsverbote – zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes – keine Quarantäne nach dem Epidemie-Gesetz darstellen.

Für weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht empfehlen wir Ihnen auch unseren Beitrag "Corona und Arbeitsrecht - Wichtige Fragestellungen auf Dienstgeber und Dienstnehmerseite".

Unsere Experten der SAXINGER COVID-19-Unit stehen Ihnen in diesem Zusammenhang gerne beratend zur Seite.

Stand: 08.04.2020

Ansprechpartner
Dr. Roland Heinrich
PDF Version
PDF herunterladen