Internationale Rechtsberatung

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Verjährung in Österreich – Wichtige Aspekte für Unternehmen

Die gerichtliche Geltendmachung bestimmter Rechte ist zeitlich beschränkt – mit dem Ablauf dieser Frist tritt die sogenannte Verjährung ein. Für Unternehmen spielen Verjährungen zivilrechtlich eine maßgebliche Rolle, da sie sich auf ihre Bilanzen auswirken. Wir zeigen die wichtigsten Verjährungsfristen auf und erklären, wie Unternehmen diese effektiv managen.


Inhaltsverzeichnis


Grundlagen der Verjährung

Die Verjährung gibt Fristen für das Einklagen bestimmter Rechte vor. Nach deren Ablauf tritt ein Rechts- oder Durchsetzungsverlust ein, das Klagerecht erlischt also. Bei einem Verfahren wird die Verjährung nicht von Amts wegen umgesetzt, stattdessen müssen Parteien sie selbständig geltend machen.

Im Zivilrecht verfolgt die Verjährung mehrere Ziele. Zum einen sollen Inhaber eines Rechts die Ausübung dessen nicht vernachlässigen und somit Verfahren verkomplizieren. Denn Sachverhalte sind bei lang zurückliegender Zeit schwerer aufzuarbeiten. Zum anderen sollen damit Gerichte entlastet und der Rechtsfrieden gewahrt werden. 

Die Rechtsgrundlage im Zivilrecht bilden:

  • Bestimmungen im 4. Hauptstück des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB), also §§ 1451 ff ABGB 
  • Gewährleistungsfristen bei Sachen im § 933 ABGB
  • Schuldnerverzugsregeln im  § 918 ABGB 

Verjährungsfristen im österreichischen Recht

Im Zivilrecht bzw. im Privatrecht wird die Art der Verjährung im Wesentlichen in zwei Fristen eingeteilt.
Die allgemeine, lange Verjährungsfrist von 30 Jahren. Dazu zählen:

  • Vertragsanfechtungen bei List 
  • Schadensersatzansprüche bei fehlender Kenntnis des Schadens und des Schädigers
  • Rückzahlungen von Darlehen
  • Kulanzgutschriften
  • Ansprüche eines Gesellschafters auf Gewinnanteile
  • Forderungen aus bestätigten Konkursen

Die besondere, kurze Verjährungsfrist von 3 Jahren. Dazu zählen:

  • Vertragsstrafen
  • Kaufpreisforderungen und Entgelte für Dienstleistungen
  • Schadensersatzansprüche ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers
  • Vertragsanfechtungen bei Irrtum
  • Finanzielle Ansprüche aus Arbeitsverträgen und Miete oder Pacht
  • Reugeld
  • Pflichtanteile von Nachlässen (Erbrecht)

Auch im Strafrecht ist in den §§ 57 ff StGB eine Verjährung vorgesehen. Es ist zunächst zwischen der Verjährung der Strafbarkeit und der Verjährung der Vollstreckbarkeit zu unterscheiden. 

Bei der Verjährung der Strafbarkeit (§ 57 StGB) handelt es sich um einen Strafaufhebungsgrund (Ris-Justiz RS0091923). 

Strafbare Handlungen, die mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, sowie strafbare Handlungen nach dem fünfundzwanzigsten Abschnitt des StGB (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen) verjähren gemäß § 57 Abs 1 StGB nicht. Nach Ablauf einer Frist von zwanzig Jahren tritt jedoch an die Stelle der angedrohten lebenslangen Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren. 

Die Strafbarkeit anderer Taten erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt mit Beendigung des deliktischen Verhaltens. Bei Dauerdelikten richtet sich der Beginn der Verjährungsfrist nach der Beendigung des strafbaren Verhaltens. Bei Zustandsdelikten kommt es auf das Ende des rechtswidrigen Zustandes, bei Unterlassungsdelikten auf den Wegfall der Handlungspflicht an (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, Strafgesetzbuch14 § 57 Rz 5). 

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 57 Abs 3 StGB

  • zwanzig Jahre, wenn die Handlung zwar nicht mit lebenslanger Freiheitsstrafe, aber mit mehr als zehnjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist;
  • zehn Jahre, wenn die Handlung mit mehr als fünfjähriger, aber höchstens zehnjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist;
  • fünf Jahre, wenn die Handlung mit mehr als einjähriger, aber höchstens fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist;
  • drei Jahre, wenn die Handlung mit mehr als sechsmonatiger, aber höchstens einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist;
  • ein Jahr, wenn die Handlung mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist.

Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann es gemäß § 58 StGB zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist kommen.

Mit der Verjährung der Vollstreckbarkeit (§ 59 StGB) erlischt der Anspruch auf Vollstreckung verhängter Strafen und auch angeordneter vorbeugender Maßnahmen. Die Vollstreckbarkeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe, einer Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren, einer wegen einer strafbaren Handlung nach dem fünfundzwanzigsten Abschnitt des StGB (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen) verhängten Strafe und einer Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum oder in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter verjährt nicht. Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit anderer Strafen gibt es auch bei der Vollstreckbarkeitsverjährung gestaffelte Fristen, deren Länge von der konkreten Strafe abhängt (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, Strafgesetzbuch14 § 59 Rz 1 f). 

Auch bei der Vollstreckungsverjährung kann es zu einer Verlängerung bei Vorliegen der in § 60 StGB genannten Fristen kommen.

Sondergesetzte können darüber hinaus besondere Verjährungsvorschriften vorsehen. So enthalten etwa die §§ 31 und 32 FinStrG eigene Verjährungsvorschriften.

Bedeutung der Verjährung für Unternehmen

Verjährte Ansprüche aus Verträgen haben direkte finanzielle Auswirkungen auf die Bilanz eines Unternehmens. Sie beeinflussen die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind Verjährungen in der Regel Bestandteil eines Risikomanagements (bzw. unter Umständen des Patentmanagements). Um Verjährungen entgegenzuwirken, bieten sich Unternehmern mehrere Lösungen.

Klare Vertragsgestaltungen

Verjährungsfristen sollten bereits in der Vertragserstellung mit Geschäftspartnern genau definiert werden. Dies gilt sowohl für eigene Ansprüche gegenüber anderen Parteien (z.B. Forderungen aus Lieferungen oder Dienstleistungen), als auch bei Ansprüchen von Geschäftspartnern gegenüber dem Unternehmen. Diese Klarheit dient dazu, die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen übersichtlich zu gestalten und Unsicherheiten sowie Streitigkeiten zu vermeiden.

Unterbrechungen und Hemmungen der Verjährung

Eine Verjährung läuft nicht ungestört ab, wenn es zu den Hemmungen oder Unterbrechungen kommt. Unternehmen können sie erwirken, indem sie:

  • Verhandlungen mit dem Vertragspartner über offene Ansprüche beginnen.
  • Anerkenntnisse erwirken – Sobald Schuldner den Anspruch anerkennen (schriftlich oder mündlich), beginnt die Verjährungsfrist erneut.
  • Vollstreckungsbescheide beantragen. Das wird üblicherweise getan, wenn ein Schuldner auf offene Ansprüche oder Anerkenntnisse nicht reagiert.
  • Klagen oder Mahnverfahren einleiten.
  • Beweissicherungsverfahren, einstweilige Verfügungen oder Schiedsverfahren erwirken.

Verjährung und Compliance

Insgesamt benötigen Unternehmen einen ganzheitlichen Ansatz, um Risiken der Verjährung zu managen. Dieser Ansatz umfasst rechtliche, organisatorische sowie technische Aspekte. Die Einhaltung von Verjährungsfristen sollte in der internen Kontrolle und Prozesse des Unternehmens integriert werden. Dafür sind folgende Maßnahmen sinnvoll:

  • Systematische Dokumentation und Archivierung aller vertraglichen und geschäftlichen Unterlagen.
  • Implementierung eines Managementsystems, das Unternehmensführung wie Mitarbeitern den Zugriff auf sämtliche Unterlagen erleichtert.
  • Regelmäßige Analysen und Bewertungen hinsichtlich Verjährungsrisiken.
  • Schulungen und Sensibilisierung der Mitarbeiter hinsichtlich des Umgangs und Neuerungen von Verjährungsansprüchen

Fazit: Verjährungsfristen bereits bei Vertragsgestaltung berücksichtigen

Unternehmen sollten proaktiv rechtliche Ansprüche geltend machen, um ihre Interessen zu wahren. Von Fall zu Fall entscheidet sich, welches Vorgehen am gewinnbringendsten ist – rechtliche Beratung ist hierbei sinnvoll.

Bereits bei der Erstellung von Verträgen mit Geschäftspartnern empfiehlt sich rechtliche Hilfe. Hierbei werden Verjährungsfristen angemessen und im Sinne des Unternehmens formuliert und klar geregelt. Potenzielle Streitigkeiten sollten somit vermieden werden. 

Ein effektives Risikomanagement hält im Folgenden Verjährungsfristen und alle damit verbundenen Ereignisse im Blick. Falls nötig können Anerkenntnisse, Mahnverfahren oder Klagen eingeleitet werden. Bei systematischem Vorgehen und der Wahl des richtigen Mittels ist eine reibungslose Geschäftskontinuität gewährleistet und Verlustgeschäfte werden präventiv abgewehrt.

Rechtliche Beratung zur Verjährung 

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Häufig gestellte Fragen – FAQ

Wie kann ein Unternehmen Verjährungsfristen effektiv managen?

Ein gut durchdachtes Risikomanagement ermöglicht einen effektiven Umgang mit Verjährungsfristen. Hierfür sind ein übersichtliches Managementsystem sowie einfacher Zugriff aller Mitarbeiter auf relevante Unterlagen maßgeblich.

Welche sind die häufigsten Fehler im Umgang mit der Verjährung von Ansprüchen?

Bereits bei der Vertragsgestaltung können Unternehmen hinsichtlich Verjährungsfristen Fehler machen: Hier sollten klare Fristen formuliert werden. Ferner zeigen sich Probleme beim Management und Monitoring von Verjährungsfristen aufgrund von unübersichtlichen oder fehlenden Managementsystemen. 

Wie unterscheiden sich die Verjährungsfristen im Zivil- und Strafrecht?

Im Zivilrecht beziehen sich Verjährungsfristen auf Ansprüche, die Rechtssubjekte gegeneinander geltend machen können. Diese Fristen werden im Wesentlichen in allgemeine (30 Jahre) und besondere (3 Jahre) Fristen eingeteilt. Im Strafrecht beziehen sich Verjährungsfristen auf Freiheits- und Geldstrafen.

Kann die Verjährung von Steuerdelikten in Österreich ausgesetzt oder unterbrochen werden?

Die Verjährung wird etwa durch die Vornahme einer Verfolgungshandlung unterbrochen.