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Schiedsverfahren: Ablauf, Vorteile & Herausforderungen

Bei Streitfällen können insbesondere Schiedsverfahren sinnvoll sein. Schiedsverfahren werden – im Gegensatz zu staatlichen Gerichtsverfahren – maßgeblich durch Parteienvereinbarung gestaltet. Dies führt zu einem hohen Grad an Flexibilität im Zusammenhang mit der Festlegung des Verfahrensablaufs.

Schiedsverfahren gelten als zeit- und kosteneffizient, da in den überwiegenden Fällen lediglich eine Instanz vereinbart wird. Schiedssprüche können darüber hinaus nur dann angefochten werden, wenn ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vorliegt – die Grenzen dafür sind denkbar eng. Gerade international bieten Schiedsverfahren den Vorteil der Durchsetzbarkeit in Ländern auch außerhalb der Europäischen Union

Im folgenden Artikel stellen wir die verschiedenen Arten der Schiedsverfahren sowie Vorteile und Herausforderungen für Unternehmen vor:


Inhaltsverzeichnis


Was ist ein Schiedsverfahren?

Bei einem Schiedsverfahren handelt es sich um eine zur staatlichen Gerichtsbarkeit alternative Form der Streitbeilegung, in welchem ein von den Parteien des Schiedsverfahrens eingesetztes Schiedsgericht den Rechtsstreit endgültig lösen soll. Schiedsverfahren gelten als äußerst flexibel in der Gestaltung des Verfahrensablaufs (z.B. Festlegung von Verfahrensfristen und Verhandlungen) und können vertraulich (nicht-öffentlich) durchgeführt werden.

Schiedsverfahren basieren auf Schiedsvereinbarungen oder Schiedsklauseln, die durch Parteienvereinbarung abgeschlossen werden. Üblicherweise werden derartige Schiedsklauseln beim Vertragsabschluss (z.B. im Rahmen eines Unternehmenskaufvertrags) – daher zu einem Zeitpunkt, an dem noch kein Rechtsstreit entstanden ist – bereits vorgesehen. Nach Entstehung des Streits könnten sich die Parteien jedoch auch noch auf ein Schiedsverfahren als Streitbeilegungsmechanismus einigen – dies kommt jedoch eher selten vor. Auch können mehrstufige Schiedsklauseln vereinbart werden, die beispielsweise die Durchführung eines Mediationsverfahrens vor oder während des Schiedsverfahrens festlegen.

Schiedsverfahren werden in der Regel durch einen Einzelschiedsrichter oder einen Senat bestehend aus drei Schiedsrichtern entschieden. Die Auswahl der Schiedsrichter obliegt dabei den Parteien, wobei bei Vereinbarung eines Einzelschiedsrichters eine Institution zur Benennung des Schiedsrichters vereinbart werden sollte, sollten sich die Parteien nicht auf die Person des Schiedsrichters einigen können. Bei Vereinbarung eines Senats benennt üblicherweise jede Partei einen Schiedsrichter, die dann wiederum gemeinsam den vorsitzenden Schiedsrichter auswählen. Von diesen Grundregeln abweichende Vereinbarungen zur Bestellung und zur Anzahl der Schiedsrichter sind grundsätzlich möglich. 

Üblicherweise bestehen Schiedsverfahren lediglich aus einer Instanz. Sie enden mit dem sogenannten Schiedsspruch, der zwischen den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat und daher auch im Exekutionsverfahren ein Exekutionstitel ist. 

Das Verfahren wird von den Parteienvereinbarungen getragen und ermöglicht eine anpassungsfähige und oft kostengünstigere Lösung von (insbesondere großvolumigen) Streitigkeiten. Durch Parteiautonomie können insbesondere folgende Entscheidungen festgelegt werden:

  • Das anzuwendende Recht;
  • Der Sitz des Schiedsverfahrens, der jedoch nicht gleichzeitig der Ort der Verhandlung sein muss;
  • Die Sprache des Verfahrens (Schiedsverfahren können bei Parteienvereinbarung in jeder Sprache abgehandelt werden; auch können die Parteien beispielsweise in einem deutschsprachigen Schiedsverfahren vereinbaren, dass englischsprachige Dokumente nicht übersetzt werden müssen, was zu einer erheblichen Kostenersparnis führen kann)
  • Die Auswahl der Schiedsrichter (beispielsweise können auch Experten oder Fachleute eines spezifischen Bereichs zu Schiedsrichtern bestellt werden, z.B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in Post-M&A-Verfahren; üblicherweise werden jedoch Anwälte zu Schiedsrichtern bestellt);
  • Die Gestaltung des Verfahrenskalenders, insbesondere die Festlegung von Terminen (für Verhandlungen oder Telefonate mit dem Schiedsgericht) und Fristen (in Abhängigkeit von der Komplexität der Beweisthemen können durch die Parteien kurze bzw. lange Fristen vereinbart werden).

Gesetzliche Grundlagen für Schiedsverfahren in Österreich

In Österreich finden sich die Grundlagen für die Vereinbarung von Schiedsverfahren in den §§ 577 bis 618 der österreichischen Zivilprozessordnung (ZPO). Die Verfahrensbestimmungen im Detail werden bei institutionellen Schiedsverfahren durch die Schiedsordnung der Institution vorgegeben, bei Ad-hoc Schiedsverfahren durch den/die Schiedsrichter gemeinsam mit den Parteien festgelegt. 

Durch das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 sind Schiedssprüche international anerkannt und ihre Vollstreckung auch über die Mitgliedsstaaten der europäischen Union hinaus vereinfacht. 

Für die Beweisaufnahme in Schiedsverfahren werden vielfach die IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (IBA Rules on the taking of evidence) vereinbart bzw. wird vereinbart, dass sich das Schiedsgericht bei der Durchführung des Verfahrens von diesen IBA-Regeln leiten lässt.

Arten von Schiedsverfahren: Ad-hoc-Schiedsgericht und institutionelles Schiedsgericht

Im Wesentlichen existieren zwei Arten von Schiedsverfahren: Ad-hoc-Schiedsverfahren und institutionelle Schiedsverfahren. Wesentliche Unterschiede sind:

 

 Institutionelles   Schiedsverfahren

 Ad-hoc-Schiedsverfahren

 Ablauf

  • Verfahren folgt den Schiedsregeln einer Schiedsinstitution (beispielsweise der Schiedsinstitution der Wirtschaftskammer Österreichs (VIAC), der Internationale Handelskammer (ICC))
  • Verfahren wird vom Schiedsgericht und den Parteien selbst bestimmt: Sie legen Regeln sowie Ablauf selbständig fest. Die Auswahl des / der Schiedsrichter/s erfolgt gemäß Parteienvereinbarung. Das Schiedsgericht wird während des Verfahrens nicht von einer Institution unterstützt. 

 Vorteile

  • Schiedsverfahren und -regeln sind etabliert
  • Parteien wissen bei Abschluss einer Schiedsvereinbarung den Verfahrensablauf
  • Neutralität der Schiedsrichter ist gewährleistet
  • Verfahren kann den Bedürfnissen und Vorstellungen der Parteien in größtmöglicher Form angepasst werden und ist dadurch äußerst flexibel.

 Nachteile

  • Höhere Kosten aufgrund der Beteiligung von Schiedsinstitutionen
  • Parteien müssen den Verfahrensablauf selbständig organisieren.
  • Dadurch eventuelle Verzögerungen und Verhandlungen über zu vereinbarende Verfahrensregeln 
  • Ausgewählten Schiedsrichtern fehlt die Unterstützung durch eine Schiedsinstitution, was ein hohes Maß an Organisation bedeutet.

Vorteile des Schiedsverfahrens für Unternehmen

Die Schiedsgerichtsbarkeit hat vor allem im internationalen Handelsverkehr große Bedeutung, bietet aber auch bei Streitfällen innerhalb Österreichs wesentliche Vorteile gegenüber staatlichen Gerichtsverfahren:

  • Vertraulichkeit: Schiedsverfahren werden grundsätzlich nicht öffentlich durchgeführt, zeichnen sich daher durch eine höhere Vertraulichkeit als staatliche Gerichtsverfahren aus. Geschäftsgeheimnisse können somit besser geschützt werden und mediale Aufmerksamkeit kann (zumeist) vermieden werden.
  • Zeit- und kostensparend: Da der Verfahrensablauf durch die Parteien flexibel gestaltet werden kann, können rasch aufeinanderfolgende Fristen und Verhandlungen bestehend aus mehreren Verhandlungstagen vereinbart werden. Dies kann zu einer Verfahrensbeschleunigung führen. Auch können Schiedsverfahren kostensensibel geführt werden, da kostenauslösende Prozesshandlungen, wie Berufungen, Revisionen, unvorhergesehene Schriftsätze udgl weitestgehend entfallen. Auch müssen Übersetzungen üblicherweise nicht beglaubigt vorgenommen werden oder können überhaupt entfallen (siehe dazu bereits oben).
  • Einfluss auf Verfahrensrecht und Verfahrensgestaltung: Parteien einigen sich auf die Verfahrensgestaltung und -regeln. Das Verfahren kann an die Komplexität der Sache und die Bedürfnisse der Parteien angepasst werden. 
  • Auswahl der Schiedsrichter: Die Schiedsrichter werden von den Parteien ausgewählt und können aus verschiedenen beruflichen Bereichen stammen. Schiedsrichter müssen nichtsdestotrotz dieselben Kriterien für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erfüllen, wie staatliche Richter. 
  • International vollstreckbar: Schiedssprüche sind in über 100 Staaten der Welt vollstreckbar. Grundlage dafür ist das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, dem Österreich 1961 beigetreten ist. 

Durchführung eines Schiedsverfahrens

Der Ablauf eines institutionellen Schiedsverfahrens mit vereinbartem 3-Richter-Senat besteht üblicherweise aus folgenden Schritten:

  1. Schiedsklausel: Vereinbarung, dass ein Schiedsgericht einen allfälligen Rechtsstreit entscheiden soll. Darin: Festlegung der Schiedsinstitution, Anzahl der Schiedsrichter, Schiedssprache und Schiedsort.
  2. Erhebung der Schiedsklage: Die klagende Partei reicht die Schiedsklage bei der vereinbarten Schiedsinstitution ein, die die formalen Voraussetzungen für die Klagserhebung prüft und die Schiedsklage – bei positiver Prüfung – anschließend an die beklagte Partei weiterleitet. Mit Beginn des Verfahrens werden Verjährungsfristen unterbrochen. Gemeinsam mit der Erhebung der Schiedsklage ist ein Schiedsrichter zu nominieren.
  3. Antwort auf die Schiedsklage: Die beklagte Partei antwortet üblicherweise binnen einer (erstreckbaren) Frist von 4 Wochen auf die Schiedsklage und trägt dabei ihre Bestreitungen zum Klagsvorbringen vor. Die beklagte Partei kann gemeinsam mit der Antwort auf die Schiedsklage eine Widerklage einreichen, mit der sie selbst Ansprüche gegen die klagende Partei geltend macht. Jedenfalls muss in der Antwort auf die Schiedsklage auch bereits die Benennung des Schiedsrichters erfolgen.
  4. Bildung des Schiedsgerichts: Nachdem beide von den Parteien benannten Schiedsrichter ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bestätigt haben und keine der Parteien einen Befangenheitsgrund, gegen den von der jeweiligen Gegenseite benannten Schiedsrichter vorgetragen hat, wählen die beiden Schiedsrichter einen vorsitzenden Schiedsrichter aus. Im Rahmen der Auswahl des Vorsitzenden können sich die Parteien auf eine Beteiligung der Parteien, beispielsweise auf ein Vorschlagsrecht, einigen.
  5. Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht: Die Verfahrensleitung obliegt dem Schiedsgericht. Dabei orientiert es sich an dem anwendbaren Recht und den Regeln, die von den Parteien bestimmt wurden und erlässt sogenannte Prozessleitende Verfügungen. Das Schiedsgericht hat die Parteien gleich zu behandeln und ihnen gleichermaßen rechtliches Gehör einzuräumen. 
  6. Beweisaufnahme und Verhandlung: Grundsätzlich wird zunächst durch die Parteien umfassendes, schriftliches Vorbringen erstattet und die, den eigenen Standpunkt untermauernden Beweismittel vorgelegt. Dazu zählen beispielsweise auch schriftliche Zeugenerklärungen und Sachverständigengutachten, die die Parteien selbst einholen. 
  7. Erlass des Schiedsspruchs: Das Schiedsverfahren endet mit dem Schiedsspruch, welcher rechtsverbindlich und international vollstreckbar ist. Der Schiedsspruch entfaltet dieselbe Wirkung wie ein Urteil. Gegen einen Schiedsspruch ist zumeist kein Rechtsmittel zulässig. In sehr engen Grenzen – nämlich lediglich bei Verstößen gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) – kann eine Partei einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs binnen drei Monaten nach Erlass des Schiedsspruchs erheben. Einzige Instanz für das Aufhebungsverfahren ist in Österreich der Oberste Gerichtshof (OGH).

Unternehmerische Herausforderungen im Schiedsverfahren 

Doch auch in Schiedsverfahren gibt es Risken und Herausforderungen, die von den Parteien vor der Entscheidung für die Vereinbarungen eines Schiedsverfahrens beachtet werden müssen. Aus unserer Sicht sind dies insbesondere folgende:

  • Grenzüberschreitende Schiedsfälle: Bei internationalen Geschäftsstreitigkeiten ist insbesondere die Vereinbarung des anzuwendenden Rechts und der Schiedsinstitution essentiell. 
  • Verwaltung komplexer Geschäftsstreitigkeiten: Bei komplexen Rechtsstreitigkeiten kann die Sammlung und Aufbereitung der Beweise enorme interne und externe Ressourcen binden Unternehmen sollten daher bereits begleitend zum Ursprungsgeschäft Beweise sichern und Sachverhalte aufbereiten. Dies ermöglicht im Streitfall eine raschere und kostensensiblere Aufarbeitung und kann u.U. zwischenzeitlich nicht mehr im Unternehmen befindliche Wissensträger ersetzen.
  • Unerwartete Kosten: Komplexe Streitigkeiten können zu langwierigen Verfahren führen und unerwartete Kosten produzieren. Die Kosten für Privatgutachter müssen beispielsweise zunächst von der jeweiligen Partei bevorschusst werden.  

Fazit: Möglichst früh Verfahrensbedingungen fixieren

Um einen möglichst zufriedenstellenden Ablauf des Schiedsverfahrens zu gewährleisten, sollte bereits bei Vereinbarung der Schiedsklausel auf den Rat von Experten zurückgegriffen werden. 

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Häufig gestellte Fragen zum Schiedsverfahren – FAQ 

Was ist der Unterschied zwischen einem Schiedsverfahren und einem Gerichtsverfahren?

Ein Schiedsverfahren ist eine alternative Form der Streitbeilegung, nämlich durch ein privates Schiedsgericht. Im Gegensatz zu staatlichen Gerichtsverfahren, die öffentlich und durch gesetzliche Prozessordnungen geregelt sind, sind Schiedsverfahren vertraulich, in ihrer Gestaltung flexibel und an die Komplexität des Streitgegenstands anpassbar. Die Parteien sind die Herren des Verfahrens und gestalten sowohl die Schiedsrichterauswahl als auch die Verfahrensführung aktiv mit. 

Wie wählt man geeignete Schiedsrichter aus?

Die Auswahl der Schiedsrichter erfolgt in der Regel durch die Parteien selbst oder durch eine von ihnen gewählte Institution. Schiedsrichter müssen unparteiisch und unabhängig sein – es gelten dieselben Standards wie bei staatlichen Richtern. Üblicherweise werden Anwälte und Rechtsprofessoren als Schiedsrichter ausgewählt, es gibt jedoch auch Schiedsrichter mit beispielsweise technischem oder steuerlichem Hintergrund.

Wie lange dauert ein Schiedsverfahren in der Regel?

Die Dauer eines Schiedsverfahrens variiert und hängt insbesondere von der Komplexität des Streitgegenstands ab. Grundsätzlich wird jedoch keine zweite Instanz vereinbart und daher ist der Schiedsspruch nicht durch eine Berufung anfechtbar. Es kann lediglich ein Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs beim Obersten Gerichtshof eingebracht werden, dies jedoch nur in sehr engen Grenzen bei schwerwiegenden Verstößen. 

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für internationale Schiedsverfahren in Österreich?

Den rechtlichen Rahmen für Schiedsverfahren in Österreich bilden die Zivilprozessordnung mit den Paragraphen 577 bis 618 sowie das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit 1961. Internationale Schiedssprüche sind dank des New Yorker Übereinkommens in den überwiegenden Ländern der Welt anerkannt und vollstreckbar.