Internationale Rechtsberatung

Sie sind auf der Suche nach einer international tätigen Anwaltskanzlei? SAXINGER steht Ihnen mit internationalen Teams zur Seite und berät sie kompetent, engagiert und mit wertvoller Erfahrung vor Ort. Informieren Sie sich vorab online über verschiedenste Themengebiete des internationalen Wirtschaftsrechts. 


Erbrecht: Ein Leitfaden für Unternehmen

Das Erbrecht umfasst zahlreiche Regelungen, welche den Übergang von Vermögen und Eigentum nach dem Tod einer Person regeln. Besonders bei der Unternehmensnachfolge müssen steuerliche, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden, Pflichtteilsansprüche spielen zudem eine Schlüsselrolle. Die Erstellung eines Testaments oder das richtige Vorgehen bei Schenkungen sind hier entscheidend.


Inhaltsübersicht


Grundlagen des Erbrechts in Österreich

Unter Erbrecht werden alle Vorschriften verstanden, welche die Rechtsnachfolge hinsichtlich des Vermögens eines Verstorbenen regeln. Es umfasst rechtliche Bestimmungen zur Vermögensübertragung. Die gesetzliche Grundlage bildet der § 727 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Sollte im Testament des Erblassers keine gesonderte Regelung (oder ein ungültiges Testament) vorliegen, regelt das österreichische Erbrecht die Rechtsnachfolge nach Parentelen. Dabei gilt: Ist von einem Parentel keine Person mehr vorhanden, kommen erst die Personen des nächsten Parentel zum Erben.

  • 1. Parentel: Direkte Nachkommen, also die eigenen Kinder bzw. auch außereheliche Kinder (ersatzweise die Enkelkinder, wenn die Kinder bereits verstorben sind).

  • 2. Parentel: Eltern des Verstorbenen, als Ersatz deren Nachkommen (also deren Geschwister, Nichten, Neffen).

  • 3. Parentel: Großeltern des Verstorbenen und deren Nachkommen (Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen).

  • 4. Parentel: Urgroßeltern des Verstorbenen, nicht aber deren Nachkommen.

  • Ehepartner erhalten ebenfalls ein Erbe. Existieren Nachkommen des 1. Parentel, wird ein Drittel des Nachlasses geerbt. Existieren nur Nachkommen des 2. Parentel, werden zwei Drittel geerbt.

Geerbt wird unter Kindern, Eltern, Großeltern und Urgroßeltern zu gleichen Teilen. Mittels Testaments kann der Erblasser jedoch eine eigene Erbfolge bzw. einen oder mehrere Erben festlegen, die zu gleichen oder zu ungleichen Teilen erben. Für ein Erbe zu ungleichen Teilen ist die Festlegung einer Erbquote notwendig. Dabei muss beachtet werden, dass in Österreich das Pflichtteilsrecht herrscht. Dieses Recht regelt das Forderungsrecht von Personen, die Anspruch auf Nachlass haben.

Der Pflichtteil hält fest, dass Nachkommen sowie Ehepartner Anspruch auf die Hälfte dessen erhalten, was ihnen bei gesetzlicher Erbfolge zustehen würde. Haben die Personen, die pflichtteilsberechtigt sind, zu Lebzeiten des Verstorbenen Zuwendungen erhalten, wird dies für die Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt.

Erbrecht und Unternehmensnachfolge

Besitzt der Erblasser ein Unternehmen, ist die Bestimmung der Unternehmensnachfolge via Testament oder via Erbvertrag möglich. Darin kann der Erblasser bestimmen, welche berechtigten Erben das Unternehmen fortführen und welche ausgeschlossen werden sollen. Auch eine vorweggenommene Erbfolge ist in Österreich in Form einer Schenkung möglich. Somit können mögliche, durch das Testament entstehende Differenzen umgangen werden (etwa, weil das Testament nicht eindeutig verfasst wurde oder Formfehler aufweist).

Bei der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge müssen besondere Rahmenbedingungen eingehalten werden:

  • Gesetzliche Vorschriften zum Erbrecht, Gewerberecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht und Gesellschaftsrecht.

  • Unter Umständen sind gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen zu beachten.

  • Weitere Vermögen wie das Bankvermögen oder Liegenschaften werden bei der Unternehmensnachfolge nicht eingeschlossen, sondern gesondert behandelt.

Steuerrechtlich ist bei der Unternehmensnachfolge folgendes zu beachten:

  • Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer existiert in Österreich nicht. Allerdings fällt bei der unentgeltlichen Übertragung von Grundstücken eine Grunderwerbsteuer an. 

  • Im Fall von Schenkungen besteht eine Anzeigepflicht. Für Erwerbe zwischen Angehörigen existieren Befreiungen zwischen Angehörigen bis zu einem gemeinen Wert von 50.000 Euro innerhalb eines Jahres.

  • Bei internationalen Erbschaften und Schenkungen muss berücksichtigt werden, dass in anderen Ländern abweichende Erbschafts- und Schenkungssteuerregelungen herrschen und es zu höheren Belastungen kommen kann. 

Die Planung einer Unternehmensnachfolge gestaltet sich als sehr komplex, da nicht nur das Erbrecht, sondern auch Faktoren des Gesellschaftsrechts und des Pflichtteilrechts eine Rolle spielen. Je nach Unternehmen und Familie fallen diese Faktoren individuell aus – eine fachkundige Beratung ist hier unabdingbar. 

Spezifische Herausforderungen im Erbrecht für Unternehmen

Besitzer eines Unternehmens sollten durch ein Testament verhindern, dass nach dem Ableben ein Erbschaftsstreit unter den Hinterbliebenen entsteht. Derartige Streite können Unternehmensaktivitäten behindern oder gar ihre Existenz bedrohen. 

Erbrecht Pflichtteil: Umgang mit Pflichtteilsansprüchen in der Unternehmensnachfolge

Geht es um die Unternehmensnachfolge, wird das Unternehmen meist an einen oder einige wenige Angehörige übergeben – meist Kind oder der Ehepartner. Weitere Angehörige werden dementsprechend enterbt, ihnen steht allerdings ein Pflichtteil zu. Dabei ist folgendes zu beachten:

  • Pflichtteilsberechtigt sind in erster Linie Kinder und Ehepartner (bzw. eingetragene Lebenspartner) des Erblassers. 

  • Der Pflichtteil beträgt immer genau die Hälfte dessen, was dem Angehörigen laut gesetzlicher Erbquote zustehen würde.

  • Wenn das Betriebsvermögen hauptsächlich aus Unternehmensanteilen besteht und diese an nur einen Nachfolger übergehen sollen, können die weiteren Erben ihren Pflichtteil geltend machen, aber sie treten nicht in die Unternehmensführung ein. Das ermöglicht eine gezielte Weitergabe des Unternehmens.

Erbrecht Lebensgefährte: Besonderheiten und Absicherung von Lebenspartnern im Unternehmensumfeld

Ehepartner oder Lebensgefährten haben seit 2017 in Österreich ein außerordentliches Erbrecht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Der Erblasser hat die letzten drei Jahre mit Lebensgefährten einen Haushalt geteilt

  • Der Erblasser war zum Zeitpunkt des Todes nicht anderweitig verheiratet (oder in einer eingetragenen Partnerschaft)

  • Der Verstorbene hat weder gesetzliche noch testamentarisch festgehaltene Erben

Das Unternehmen kann in diesem Fall in Schwierigkeiten geraten, wenn im Erbfall (und auch im Scheidungsfall) vorher kein Ehevertrag eingegangen wurde. Kern dessen ist eine modifizierte Zugewinngemeinschaft. Der Zugewinn stellt die Differenz zwischen dem Endvermögen und dem Anfangsvermögen eines Ehepartners dar.  Grundlegend wird dieser Zugewinn nach Ableben (oder Scheidung) unter gleichen Teilen unter den Ehepartnern aufgeteilt. Eine modifizierte Zugewinngemeinschaft ermöglicht es, Vermögensverhältnisse im Interesse des Unternehmens zu gestalten, damit dieses nicht mit Ausgleichsansprüchen belastet wird.

Erbrecht Enterben von Kindern: Möglichkeiten und Grenzen im Hinblick auf unternehmerisches Vermögen

Zwar können Unternehmer Angehörige enterben, Kindern und Ehegatten steht in der Regel ein Pflichtteil zu. Eine Pflichtteilsentziehung eines enterbten Angehörigen ist nur unter speziellen Gegebenheiten möglich (etwa, wenn nachweislich schwere Verbrechen gegenüber dem Erblasser begangen wurden). Es bieten sich folgende alternative Möglichkeiten:

  • Pflichtteilsverzicht seitens Erben: Wenn die Familienmitglieder noch zusammensetzen und über das Erbe verhandeln können, ist ein Pflichtteilsverzicht denkbar. Die pflichtteilsberechtigte Person stimmt ein, auf ihre Rechte zu verzichten und erhält stattdessen eine Abfindung.

  • Pflichtteilsreduzierung: Der Unternehmer kann den Pflichtteil mindern, indem vor seinem Ableben Unternehmensanteile an die Nachfolge durch Schenkungen übertragen werden. Dabei sollten Unternehmer darauf achten, dass sie zu Lebzeiten weiterhin Kontrolle über das Unternehmen behalten – etwa, indem der Schenkungsvertrag Rechte zur Rückforderung enthält. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Pflichtteilsergänzungsansprüche (gilt für Schenkungen bis zwei Jahre vor dem Tod) seitens der Enterbten geltend gemacht werden können.

Erbrecht Nießbrauch: Nutzung und Verwaltung von Firmeneigentum im Erbfall

Eine Maßnahme zur Pflichtteilsreduzierung ist die Einrichtung eines Nießbrauchs. Der Nießbrauch räumt einer Person ein Nutzungsrecht für ein Unternehmen oder eine Immobilie ein, ohne dass ihm die Sache an sich gehört. Das heißt: Die Erträge des Unternehmens oder der Immobilie (etwa durch Mieteinnahmen) gehen an diese Person über. Der Nießbrauch ist nicht veräußerbar und nicht vererbbar. Zwar kann die Sache an sich veräußert werden, die nießbrauchsberechtigte Person behält aber auch gegenüber neuem Eigentümer ihre Rechte und behält diese in der Regel bis zum eigenen Tod.

Konfliktlösung und rechtliche Streitigkeiten

Leider sind Familienverhältnisse nicht immer entspannt, herrschende Konflikte finden oft einen Ausbruch im Zusammenhang mit der Aufteilung des Erbes. Die emotionale Komponente nimmt in vielen Fällen eine große Rolle ein und nicht selten muss der Erbstreit vor Gericht geklärt werden. Ein Szenario, das es zu vermeiden gilt. 

Mediation und außergerichtliche Konfliktlösung

Um einen möglichen Erbstreit aus dem Weg zu gehen, können Familien versuchen, sich bereits zu Lebzeiten des Erblassers über das Erbe zu einigen. Wird eine umfassende Einigung bereits zu diesem Zeitpunkt erzielt, kann einen Vertrag mit einem auf Erbrecht spezialisierten Anwalt abgeschlossen werden.

Ist die Familie zerrüttet und sind keinerlei gemeinsame Verhandlungen möglich, ist eine Mediation als Lösung denkbar. Hierbei unterstützt eine neutrale, oft juristische Person als Mediator die Familie dabei, eine Lösung zu finden. Sie gewährleistet eine sachliche, zielführende Verhandlung.

Gerichtliche Verfahren und deren Auswirkungen auf Unternehmen

Der Ablauf eines gerichtlichen Verfahrens im Erbrecht ist durch das Zivilverfahrensrecht geregelt. Oftmals fallen diese Verfahren zeitlich und finanziell intensiv aus. Zu den Anwaltskosten fallen Gerichtskosten sowie Kosten für Gutachter an, zudem hat ein gerichtlicher Erbstreit unter Umständen erhebliche Konsequenzen für Unternehmen. So kann beispielsweise eine Betriebsstilllegung wegen handlungsunfähiger Geschäftsleitung, mangelnde Vertretungsbefugnis oder fehlende Liquidität die Folge sein. 

Eindeutiges Testament mit professioneller Hilfe

Ursachen für einen Erbstreit sind in vielen Fällen von Erblassern selbst verfasste Testamente, die nicht eindeutig formuliert sind. Neben Formfehlern können die darin enthaltenen Anweisungen widersprüchlich sein und einer gerichtlichen Auslegung bedürfen. Das bietet den Erbfolgern unterschiedlicher Interessen Raum für Interpretationen zu ihren Gunsten, die wiederum zu einem Erbstreit führen können. Dem kann mit professioneller, anwaltlicher Hilfe bei der Testamentserstellung entgegengewirkt werden.

Besonders bei Besitzern von Unternehmen empfiehlt sich anwaltliche Hilfe beim Verfassen des Testaments oder der Konfliktlösung unter Angehörigen per Mediation, um Konsequenzen für das Unternehmen zu umgehen. In jedem Fall gilt es, gerichtliche Erbstreite zu vermeiden – im Sinne der Familie sowie des Unternehmens. 

Rechtliche Beratung zum Erbrecht

Sie möchten mehr über das Erbrecht erfahren? Unser kompetentes Team berät Sie gerne und unterstützt Sie bei all Ihren Fragen. Nehmen Sie noch heute Kontakt auf!

Sie haben ein anderes Anliegen? Erfahren Sie mehr über unser umfassendes Leistungsportfolio in der Prozessführung und Streitbeilegung.

Häufig gestellte Fragen zum Erbrecht – FAQ

Wie ist die gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge gestaltet sich folgendermaßen:

  1. Kinder des Verstorbenen (ersatzweise Enkelkinder)

  2. Eltern des Verstorbenen

  3. Großeltern des Verstorbenen

  4. Urgroßeltern des Verstorbenen.

Wer erbt wie viel bei der gesetzlicher Erbfolge?

Ehepartner erben ein Drittel des Nachlasses. Gibt es keine direkten Nachkommen (1. Parentel) werden zwei Drittel geerbt. Der Rest wird zu gleichen Teilen zwischen den Kindern bzw. bei fehlenden direkten Nachkommen unter den Eltern aufgeteilt. 

Inwiefern können Pflichtteilsansprüche die Unternehmensnachfolge beeinflussen?

Oftmals wird nur eine Person testamentarisch für die Unternehmensnachfolge bestimmt, enterbte Angehörige haben Pflichtteilsansprüche. Diese müssen anhand des Gesamtwerts des Unternehmens bestimmt werden und können, je nach Höhe, zu Liquiditätsengpässen oder zur Handlungsunfähigkeit des Unternehmens führen. Darum ist eine vorherige, vertragliche Einigung mit Angehörigen oder eine Schenkung zu Lebzeiten an die Unternehmensnachfolge sinnvoll.

Was erbt ein Kind ohne Testament?

Existiert kein Testament, wird die gesetzliche Erbfolge angewandt. In diesem Fall erhält das Kind, nachdem ein Drittel an den Ehepartner übergegangen ist, den Nachlass. Sollte das Kind Geschwister haben, wird der Nachlass zu gleichen Teilen mit ihnen geteilt.