Internationale Rechtsberatung

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Erschöpfungsgrundsatz: Definition & Infos

Hat der (Marken-)Rechtsinhaber die Zustimmung erteilt, seine Ware im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in den Verkehr zu bringen, kann er eine weitere Verbreitung innerhalb dieses Gebiets nicht mehr untersagen. Dies besagt der Erschöpfungsgrundsatz. Im folgenden Abschnitt haben wir die wichtigsten Fragen zum Erschöpfungsgrundsatz für Sie zusammengefasst:


Inhaltsverzeichnis


Was ist der Erschöpfungsgrundsatz? 

Urheberrechtlich oder markenrechtlich geschützte Werke oder Produkte unterliegen einem besonderen Schutz und dürfen nicht ohne weiteres vervielfältigt oder in den Verkehr gebracht werden. Erlaubt der Marken- oder Urheberrechtsinhaber, dass seine Produkte verkauft werden dürfen, kann er im Nachhinein nicht mehr darüber entscheiden, welche weiteren Vertriebswege diese gehen. Weiterverkaufen oder Verschenken ist somit erlaubt – das ermöglicht der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz. Dieser gilt für das gesamte Immaterialgüterrecht

Zu beachten ist allerdings, dass der Erschöpfungsgrundsatz nur für das konkrete Werk oder das physische Produkt gilt: Eine Veränderung des konkreten Werkes oder des physischen Produkts ist jedoch nicht gestattet.

Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht

§ 10 b MarkSchG normiert das Prinzip der EWR-weiten Erschöpfung des Markenrechts. Wird eine Ware ohne Zustimmung des Markeninhabers erstmals innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums verkauft, liegt eine Markenrechtsverletzung vor. Hat er hingegen seine Zustimmung gegeben, kann er den Weitervertrieb seiner Ware nicht mehr unterbinden. Das besagt der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht

Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht

Die Verwertung von Werken unterliegt dem Urheberrecht. Grundsätzlich hat ausschließlich der Urheber das Recht, Werkstücke zu verbreiten. Von diesem Verbreitungsrecht sind jedoch Werkstücke ausgenommen, welche mit Zustimmung des Urhebers durch Übertragung des Eigentums in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind. Allerdings muss das Werk dafür physisch zugänglich gemacht werden: Dies kann mittels eines Speichermediums (bei Musik: CD, DVD, USB-Stick), aber auch digital mittels Download ermöglicht werden. Ein Kerngedanke des Urheberrechts ist, dass der Urheber an jeder wirtschaftlichen Verwertung seines Werks zu beteiligen ist. Er erhält also Tantiemen oder Lizenzgebühren für die Verwertung. Der Erschöpfungsgrundsatz greift allerdings auch hier: Wurde dem Nutzer der Vertrieb gestattet, hat der Urheber keinen Einfluss mehr auf die weiteren Vertriebswege. 

Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht bei Software

Der Erschöpfungsgrundsatz gilt auch für Software: So kann ein Hersteller nur einmal vom Verkauf seiner Softwarelizenz profitieren. Laut Erschöpfungsgrundsatz ist das Verbreitungsrecht des Urhebers dann erschöpft, wenn der Urheber z.B. eine Kopie seiner Software an einen Kunden veräußert hat und die Software auf dem PC des Käufers installiert wurde. Somit darf der Nutzer die Software (egal ob als Lizenz zum Download oder auf einem physischen Datenträger gekauft) sodann nach Belieben gebraucht weiterverkaufen.

Erschöpfungsgrundsatz bei Dienstleistungen

Der Erschöpfungsgrundsatz gilt nur für Waren; bei Dienstleistungen gibt es keine Erschöpfung.

Ab welchem Zeitpunkt gilt der Erschöpfungsgrundsatz?

Der Erschöpfungsgrundsatz gilt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Inverkehrbringung eines Produktes durch den Rechteinhaber. Unter Inverkehrbringung wird dabei der Verkauf, die Verbreitung oder eine anderweitige Bereitstellung des Werkes an einen Dritten verstanden. Zur Geltung des Erschöpfungsgrundsatzes kommt es jedoch nur dann, wenn die Inverkehrbringung des jeweiligen Produktes ordnungsgemäß erfolgt ist. Eine Inverkehrbringung bei einem digitalen Produkt z.B. Software liegt oftmals durch Download oder Zurverfügungstellung über eine Plattform vor.   

Welche EU- / EWR-Regelungen gibt es im Vergleich zu Drittstaaten?

Der Erschöpfungsgrundsatz gilt für alle EU-Staaten sowie für Norwegen, Island und Liechtenstein (EFTA), somit für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Für Importe aus oder Exporte in Drittstaaten ist die Zustimmung des Rechteinhabers für den (Weiter-)Vertrieb erforderlich. Es gibt keinen weltweit gültigen Erschöpfungsgrundsatz. 

Wann kommt es zur Markenrechtsverletzung?

Hat der Markenrechtsinhaber das erstmalige Inverkehrbringen seines Produkts erlaubt, kann er die weiteren Vertriebswege nicht mehr kontrollieren. Allerdings bezieht sich der Erschöpfungsgrundsatz nur auf EU- und EFTA-Staaten (Norwegen, Liechtenstein, Island): Bietet der Nutzer das Produkt außerhalb dieser Länder zum Verkauf an, liegt eine Markenrechtsverletzung vor. Ebenso natürlich, wenn der Nutzer die Ware gänzlich ohne Erlaubnis zum Verkauf anbietet. Sogenannte „Grauimporte“ zählen auch dazu: Bringt ein Markeninhaber sein Produkt außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr, und wird das Produkt dann von dort aus in den EWR importiert, liegt eine Markenrechtsverletzung vor.

Welche Ausnahmeregelungen gibt es zu beachten?

Es gibt auch Ausnahmeregelungen, die es dem Markenrechtsinhaber erlauben, den weiteren Vertrieb des Produkts auch nach erfolgter Inverkehrbringung zu untersagen. Eine wesentliche Veränderung des Produkts oder eine merkliche Verschlechterung des Produkts oder dessen Verpackung etwa zählen dazu. Auch Imageschäden für den Rechtsinhaber, die aus der Veränderung resultieren, können geltend gemacht und als Grund angeführt werden. Kann er dies nachweisen, hat er Ansprüche auf Auskunft, Schadenersatz und Unterlassung laut Markengesetz.

In welchem Fall sollten Sie zum Thema Erschöpfungsgrundsatz einen Anwalt kontaktieren?

Ein Anwalt für IP/IT-Recht unterstützt Sie nicht nur bei der Erstellung eines Nutzungs- oder Lizenzvertrags, der die Verwendung Ihres Produktes oder Werkes anderen gestatten soll. Auch bei Streitigkeiten zur Nutzung oder bei Markenrechtsverletzungen ist die Beratung durch einen Anwalt sinnvoll. 

Fazit

Der Erschöpfungsgrundsatz regelt, dass Waren oder Werke, die innerhalb des EWR zum Verkauf angeboten werden, durch den Nutzer auch weiterverkauft werden dürfen, sofern eine rechtmäßige Inverkehrbringung erfolgt ist. Der Rechteinhaber kann dem nur widersprechen, wenn die Ware wesentlich verändert wurde oder durch Verschlechterung einen möglichen Imageschaden für ihn bedeutet. Der Erschöpfungsgrundsatz gilt für das gesamte Immaterialgüterrecht. Während es innerhalb des EWR (also der EU und den EFTA-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein) Regelungen dazu gibt, gelten außerhalb des Staatenbundes keine einheitlichen Gesetze. 

Rechtliche Beratung zum Erschöpfungsgrundsatz

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