Am 31. Jänner 2024 wurde in Österreich das Informationsfreiheitspaket beschlossen. Dieses verankert durch den neuen Art 22a B-VG ein Grundrecht auf Informationsfreiheit. Zugleich mit der Einführung dieses Grundrechtes wurde das Amtsgeheimnis aufgehoben. Das Paket wurde durch das am 1. September 2025 in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz (kurz „IFG“) einfachgesetzlich umgesetzt. Der Newsletter soll einen kurzen Überblick über das IFG und die im Zuge des IFG erlassenen Anpassungsgesetzen geben. Inhalt Anwendungsbereich Verpflichtungen nach dem IFG Zugang zu Informationen: Antrag und Verfahren Ausnahmen / Geheimhaltungsgründe Datenschutz als einer der Geheimhaltungsgründe Strafrecht Anpassungsgesetze des Bundes und der Länder Fazit Anwendungsbereich § 1 IFG bestimmt den Anwendungsbereich und regelt die Veröffentlichung sowie den Zugang zu Informationen von allgemeinem Interesse, die im Aufgabenbereich staatlicher Organe liegen. Der persönliche Anwendungsbereich ist umfassend festgelegt. Neben den Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden sowie den Organen der Gesetzgebung wie auch der Gerichtsbarkeit sind auch alle im weiteren Sinne staatlichen Einrichtungen wie Gemeindeverbände, Selbstverwaltungskörper (zB Kammern), Anstalten, Körperschaften öffentlichen Rechts alle der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegende, von der öffentliche Hand beherrschte Unternehmungen von den Informationspflichten des IFG erfasst. Der Begriff Information im Sinne des IFG umfasst jede Art von Aufzeichnung die amtlichen oder unternehmerischen Zwecken dient. Auf eine besondere Form (z.B. Schriftlichkeit) der Information kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass diese Informationen im Wirkungs- oder Geschäftsbereich einer informationspflichtigen Stelle entstanden sind. Informationen von allgemeinem Interesse sind solche, die für die Allgemeinheit relevant sind. Darunter fallen etwa Geschäftsordnungen, Tätigkeitsberichte, Studien, Gutachten oder Verträge. Verträge mit einem Wert ab 100.000 Euro (netto) gelten jedenfalls als Informationen von allgemeinem Interesse. Verpflichtungen nach dem IFG Das IFG unterscheidet zwei Arten von Informationsverpflichtungen: Einerseits die proaktive Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse im Informationsregister (data.gv.at). Die verpflichteten Stellen haben aktiv und ohne Antrag die Informationen zu veröffentlichen (z. B. Verträge ab 100.000 Euro, Geschäftseinteilungen, Stellungnahmen). Andererseits enthält das IFG die Verpflichtung zur Informationsgewährung auf Antrag. Es besteht sohin zudem das Recht, Informationen, die nicht proaktiv veröffentlicht wurden, auf Antrag zu erhalten – sofern keine gesetzlichen Ausnahmen greifen. Bei der proaktiven Veröffentlichung ist gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 IFG jenes Organ zuständig, „das die Information erstellt oder in Auftrag gegeben hat.“ Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Ursprungsprinzip“. Dieses besagt, dass jenes Organ, welches zuerst über die Information verfügt, diese zu veröffentlichen hat. Zur Gewährung des Zugangs zu Informationen aufgrund eines Antrags ist gemäß § 3 Abs 2 IFG jenes Organ zuständig, „zu dessen Wirkungs- oder Geschäftsbereich die Information gehört“, d.h im Aufgabenbereich des Organs liegt oder in seiner Verfügung steht. Zugang zu Informationen: Antrag und Verfahren Das Verfahren zur Informationsgewährung auf Antrag läuft grob in folgenden Schritten ab: Antragstellung: Der Antrag kann formlos gestellt werden (schriftlich, elektronisch oder mündlich) und muss die gewünschte Information möglichst genau bezeichnen. Prüfung durch die Behörde: Die Behörde prüft, ob sie für die Information zuständig ist und ob Ausschlussgründe (§ 6 IFG) vorliegen. Die Behörde muss ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber innerhalb von 4 Wochen, entscheiden. Im Ausnahmefall kann die Bearbeitungsfrist um weitere 4 Wochen verlängert werden. Stattgabe oder Ablehnung: Wird dem Antrag stattgegeben, erfolgt die Informationserteilung (Realakt). Wird er abgelehnt (ganz oder teilweise), muss dies mittels Bescheides erfolgen, sofern der Antragsteller dies begehrt. Rechtsmittel: Gegen den ablehnenden Bescheid kann (Bescheid-)Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben werden. Bislang nicht geklärt ist, ob es einen innergemeindlichen Instanzenzug (Berufung an den Gemeinderat oder Stadtsenat) gibt, das IFG scheint eher nicht davon auszugehen. Ausnahmen / Geheimhaltungsgründe Die verfassungsrechtliche Norm Art 22a Abs 2 B-VG und darauf basierend die Regelungen des IFG enthalten verschiedene Ausnahmen und Geheimhaltungspflichten, die der Veröffentlichung vorgehen bzw. gegenüber den Transparenzverpflichtungen abzuwägen sind. § 4 IFG sieht vor, dass kleinere Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern zur Gänze von der Pflicht zur proaktiven Veröffentlichung ausgenommen sind. Gleiches gilt für Unternehmungen, die nicht mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung oder der Landesverwaltung betraut sind. Diese Unternehmungen trifft daher keine proaktive Veröffentlichungspflicht. Weiters regelt § 6 IFG eine Ausnahme von der proaktiven Veröffentlichungspflicht aber auch von der Bereitstellungspflicht über Antrag. Er besagt, dass der Zugang zu Informationen verweigert werden kann bzw. Informationen nicht zu veröffentlichen sind, wenn durch die Bekanntgabe wichtige öffentliche Interessen (z. B. Sicherheit, internationale Beziehungen, Strafverfolgung), schutzwürdige private Interessen (z. B. Datenschutz, Geschäftsgeheimnisse) oder gesetzlich geschützte Geheimhaltungsinteressen gefährdet wären oder wenn sich die Angelegenheit beim jeweiligen Organ noch im Entscheidungsprozess befindet und die Willensbildung durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wäre. Letztlich wird in § 9 Abs 3 IFG eine weitere Ausnahme vom Zugang zur Information über Antrag normiert, wenn der Antrag auf Information offenbar missbräuchlich erfolgt oder wenn bzw. soweit die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Datenschutz als einer der Geheimhaltungsgründe Datenschutz ist kein pauschaler „Sperrgrund“ für den Informationszugang oder die proaktive Veröffentlichung, sondern immer Gegenstand einer einzelfallbezogenen Abwägung. Informationen sind nicht bereitzustellen, soweit und solange dies im überwiegenden berechtigten Interesse eines anderen erforderlich und verhältnismäßig ist; hierzu zählt insbesondere die Wahrung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten natürlicher sowie (als österreichisches Spezifikum) auch juristischer Personen. Treffen Geheimhaltungsgründe nur teilweise zu, ist der übrige Teil offenzulegen (Teil-Schwärzung). Die Abwägung hat alle in Betracht kommenden Interessen zu berücksichtigen und ist nachvollziehbar zu dokumentieren. Sie sollte die wesentlichen Kriterien sichtbar adressieren, darunter im Bereich des Datenschutzes insbesondere: (i) Handelt es sich um proaktive Veröffentlichung oder antragsgebundene Informationserteilung? (ii) Liegt ein öffentliches Interesse vor bzw. dient die Bereitstellung einer öffentlichen Debatte? (iii) Sind besondere Kategorien personenbezogener Daten (Art. 9 DSGVO) oder besonders schutzwürdige Personen (zB Kinder, Patienten) betroffen; betrifft die Information die höchstpersönliche oder eher die berufliche Sphäre? (iv) Welche Konsequenzen können sich aus der Offenlegung ergeben (zB physischer, materieller oder immaterieller Schaden, Diskriminierung, Identitätsdiebstahl, Rufschädigung oder Verleumdung)? Betroffene Personen sind vor Erteilung der Information nach Möglichkeit anzuhören; wird die Information trotz Widerspruch oder ohne vorherige Anhörung erteilt, ist die betroffene Person nach Möglichkeit schriftlich zu verständigen. Die Anhörung/Verständigung kann bei speziellen Anfragen von sogenannten „social watchdogs“, worunter NGOs oder Journalisten zu verstehen sind, die sich bei ihrem Informationsverlangen auf die Meinungsäußerungsfreiheit im Sinne des Art 10 EMRK bzw. Art 11 GRC berufen in Einzelfällen jedoch unterbleiben. Eine Parteistellung der betroffenen Person im IFG-Verfahren besteht nicht; bei (behauptet) unzulässiger Offenlegung bleibt jedoch das Beschwerderecht bei der österreichischen Datenschutzbehörde unberührt. Die Bereitstellung von Informationen unterliegt zusätzlich den Rahmenbedingungen der DSGVO, darunter insbesondere: (i) Wahl einer geeigneten Rechtsgrundlage für die Verarbeitung (Art 6 bis 10 DSGVO). (ii) Wahrung der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte (Art 15 bis 21 DSGVO). (iii) Bereitstellung einer den gesetzlichen Anforderungen genügende Datenschutzerklärung (Art 13, 14 DSGVO). Strafrecht Die Aufhebung des Amtsgeheimnisses machte eine grundlegende Reform der strafrechtlichen Bestimmungen nötig. Das Herzstück bildet die Neufassung des § 310 StGB, der nunmehr die „Verletzung einer Pflicht zur Geheimhaltung“ bestraft und den alten Tatbestand ersetzt. Strafbar nach § 310 StGB wird eine Weitergabe von sog „Tatsachen“ (früher Geheimnisse) nur, wenn eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht verletzt wird und eines der in § 6 IFG genannten Rechtsgüter – von staatlicher Sicherheit bis zum Datenschutz – konkret gefährdet ist. Das Gesetz verlangt zudem eine Interessenabwägung zwischen öffentlichem Informationsinteresse und diesen Geheimhaltungsgründen. Die praktische Bedeutung zeigt sich am folgenden Beispiel: Werden personenbezogene Daten einer Verfahrenspartei, die typischerweise in Verwaltungsakten unter Umständen enthalten sind, bei der Amtstätigkeit einem Sachbearbeiter bekannt, unterliegen diese der Verschwiegenheitspflicht nach § 46 BDG 1979 (=gesetzliche Geheimhaltungspflicht). Eine unbefugte Weitergabe würde daher das durch § 6 Abs 1 Z 7 lit a IFG besonders geschützte Rechtsgut (=den Schutz personenbezogener Daten) gefährden. Eine solche Weitergabe wäre – ein entsprechender Tatvorsatz vorausgesetzt – mit hoher Wahrscheinlichkeit strafbar. Der Strafrahmen für dieses Delikt beträgt bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Anpassungsgesetze des Bundes und der Länder In Folge der Inkraftsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) wurden im Bund wie auch in den Bundesländern jeweils Anpassungsgesetze erlassen. Diese Anpassungsgesetze haben in zahlreichen Gesetzen des Bundes und der Länder den Begriff „Amtsverschwiegenheit“ durch „gesetzliche Geheimhaltungsverpflichtung“ ersetzt. Diese ergibt sich nunmehr nicht mehr aus dem Amtsgeheimnis, sondern aus den in Art 22a Abs 2 B-VG bzw. den Regelungen des IFG normierten Gründen, auf welche nunmehr in den jeweiligen Gesetzen durchgängig verwiesen wird. Daneben wurden auf Bundesebene insbesondere die zuvor behandelten Änderungen des Strafgesetzbuches und die Verpflichtung der Organwalter und Bediensteten der jeweiligen Körperschaft zur Wahrung der Vertraulichkeit vorgesehen, wenn eine Geheimhaltung aufgrund der in Art 22a Abs 2 B-VG bzw. in § 6 IFG enthaltenen Gründen geboten ist, wie auch Regelungen zur Entbindung von der Vertraulichkeit im Falle von Aussage vor Gericht oder anderen Behörden normiert. Für die Gemeindeebene sehen die Anpassungsgesetze der Länder zur Entbindung von der Vertraulichkeit in der Regel den Bürgermeister vor. Teils wird auf Gemeindeebene auch die Ermächtigung zur Übertragung der Zuständigkeit für die Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse sowie für den Zugang zu Informationen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) auf die Bürgermeisterin bzw. den Bürgermeister vorgesehen. Hervorzuheben ist weiters, dass die Anpassungsgesetze teils festhalten, dass Informationszugangsregelungen, die sich aus statutarischen oder parlamentarischen Kontrollrechten ergeben, unangetastet bleiben. Demnach würden sich daher die Mitglieder des Gemeinderates oder der Landesregierung nicht auf die Geheimhaltungsgründe des IFG berufen können, um Auskünfte an den Gemeinderat oder den Landtag zu verweigern. Art 46a Oö L-VG sieht etwa vor, dass die die Mitglieder der Landesregierung treffende Geheimhaltungsverpflichtung (aus den Gründen des Art 22a Abs 2 B-VB) nicht im Zusammenhang mit dem Interpellationsrecht des Landtags gilt. In Salzburg wurde Art 28 Abs 3a Sbg L-VG eingefügt, der abschließend zwei Gründe regelt, auf den sich Mitglieder der Landesregierung berufen können bei der Erteilung von Auskünften an den Landtag. Die Mitglieder der Landesregierung können sich daher nicht auf die weiteren Geheimhaltungsinteressen des IFG berufen, um Auskünfte an den Landtag zu verweigern. Das genaue Verhältnis zwischen den Geheimhaltungsverpflichtungen des Art 22a Abs 2 B-VG bzw. § 6 IFG und den statutarischen und parlamentarischen Kontrollrechten ist im Übrigen auslegungsbedürftig. Wir erwarten, dass dies Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen sein wird. Fazit Mit dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) am 1. September 2025 wurde in Österreich ein grundlegender Systemwechsel vollzogen: Das jahrzehntelang verfassungsrechtlich verankerte Amtsgeheimnis wurde abgeschafft und durch ein Grundrecht auf Informationsfreiheit ersetzt. Damit wird Transparenz zur Regel und Geheimhaltung zur Ausnahme. Informationspflichtige Stellen – insbesondere Gemeinden, Behörden und staatsnahe Unternehmen – sind gut beraten ihre internen Prozesse, Zuständigkeiten und IT-Infrastrukturen zu überprüfen und an das neue Gesetz anpassen. Gerade in der Anfangsphase empfiehlt es sich bei Unklarheiten, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um eine rechtskonforme Umsetzung sicherzustellen und potenzielle Risiken frühzeitig zu vermeiden. Gleiches gilt für betroffene Personen und Unternehmen, die sich zum Beispiel gegen eine (vermeintlich) unzulässige Veröffentlichung zur Wehr setzen möchten, Informationen im Wege eines Antrags begehren oder sich gegen die Ablehnung eines solchen Antrags rechtlich zur Wehr setzen wollen. Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann in diesen Fällen entscheidend sein, um die jeweiligen Ansprüche wirksam durchzusetzen. Autoren: Edwin Scharf Alexandra Mensdorff-Pouilly Oliver Plöckinger Oskar Takacs Philipp Leitner Celine Richter Flora Netter