Corona-Stundungen bei Krediten für Verbraucher und Kleinstunternehmer

Die Ausbreitung des Coronavirus hat weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen.

Österreich hat nunmehr im Zuge der Erlassung des 4. COVID-19-Gesetzes mehrere Maßnahmen gesetzt, welche die (finanziellen) Belastungen durch die COVID-19 Pandemie unmittelbar lindern sollen.

Neben zivilrechtlichen Regelungen bezüglich der Beschränkung der Rechtsfolgen von Mietzinsrückständen bei Wohnungsmietverträgen, der Deckelung von Verzugszinsen und des Ausschlusses von Konventionalstrafen, sieht das 4. COVID-19-Gesetz insbesondere Regelungen zur Verschiebung der Fälligkeit von Zahlungen bei Kreditverträgen vor. Vergleichbare gesetzliche Regelungen zu Kreditstundungen wurden bereits in mehreren europäischen Nachbarländern getroffen, z.B. Italien, Deutschland und Ungarn.

Die in weiterer Folge für Verbraucherkredite dargestellten Regelungen gelten auch für Kleinstunternehmen. Ein Kleinstunternehmen ist ein Unternehmen, das weniger als 10 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz EUR 2 Millionen nicht überschreitet.

Für Verbraucherkreditverträge oder Kredite von Kleinstunternehmen, welche vor dem 15.03.2020 abgeschlossen wurden gilt, dass Ansprüche des Kreditgebers (des Kreditinstituts) auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen 01.042020 und 30.06.2020 fällig werden, ab Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden. Voraussetzung ist, dass der Verbraucher/das Kleinstunternehmen aufgrund der durch die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einkommensausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist.

Im Zusammenhang mit dieser Formulierung stellt sich nun die Frage, wann einem Kreditnehmer die Leistung von fälligen Rückzahlungen nicht zugemutet werden kann. Hier hält das Gesetz fest, dass dem Kreditnehmer die Erbringung der Leistung insbesondere dann nicht zumutbar ist, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist bzw. wenn dem Kleinstunternehmen die Erbringung der Leistungen ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

In dieser Weise gestundete Leistungen sind gemäß ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht im Verzug und es fallen somit keine Verzugszinsen an.

Jeder Verbraucher/jedes Kleinstunternehmen hat selbstverständlich das Recht und die Möglichkeit die gesetzliche Stundung seines Kreditvertrages nicht in Anspruch zu nehmen und weiter zu leisten bzw. sich einvernehmlich mit seiner Bank auf Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen zu einigen.

Für den Fall, dass sich Kreditnehmer und Kreditgeber nicht bis zum 30.06.2020 einvernehmlich über das weitere Vorgehen beim gegenständlichen Kredit einigen, verlängert sich die Vertragslaufzeit des Kredits automatisch um 3 Monate und die jeweiligen Fälligkeiten werden um diese Frist hinausgeschoben.

Verbraucher/Kleinstunternehmen müssen vor der Nicht-Leistung einer fälligen Kreditzahlung jedoch bedenken, dass die gesetzlich vorgesehene Stundung, der Kündigungsschutz und das Nichtentstehen von Verzugszinsen vom Vorliegen des gesetzlichen Rechtfertigungsgrundes (Einkommensausfall wegen der COVID-19 Pandemie) abhängt.

In der Praxis ist davon auszugehen, dass Kreditinstitute in der momentanen Situation und aufgrund der vielen Anlassfälle die Nichtzahlung von Krediten bei Verbrauchern bzw. Kleinstunternehmen während der Dauer der gesetzlichen Stundung akzeptieren werden, ohne in jedem Einzelfall das Vorliegen des Rechtfertigungsgrundes (Einkommensausfall wegen der COVID-19 Pandemie) im Detail zu prüfen. Nicht auszuschließen ist aber, dass Kreditinstitute in Einzelfällen das Vorliegen des gesetzlichen Rechtfertigungsgrundes in Zukunft bestreiten werden.

Gerne beraten wir Sie bei der Prüfung Ihrer Kreditverträge und den Gesprächen mit Ihrer Bank. Für Fragen im Zusammenhang mit Finanzierungen steht Ihnen unser auf Bank- und Finanzierungsrecht spezialisierter Partner, Dr. Matthias Steyrer, LL.M, MBA zur Verfügung.

Stand: 06.04.2020