4. COVID Gesetzespaket UPDATE und COVID-19-GesV

Rückwirkend mit 22.03.2020 sind Änderungen des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes und die Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Verordnung in Kraft getreten. Dadurch gibt es Ergänzungen betreffend die zeitliche Verschiebbarkeit von gesellschaftsrechtlichen Versammlungen insbesondere bei GmbHs und Genossenschaften und die Durchführung von virtuellen Versammlungen.

Erstreckung der Fristen für ordentliche Hauptversammlungen und Generalversammlungen

Das mit 22.03.2020 in Kraft getretene Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG) sieht eine Erstreckung der Fristen zur Abhaltung gewisser Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern vor.

Bereits bisher musste gemäß § 2 COVID-19-GesG die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft abweichend von § 104 Abs 1 AktG nicht innerhalb der ersten acht Monate des Geschäftsjahres, sondern innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahres der Aktiengesellschaft stattfinden.

Selbiges gilt nunmehr auch explizit für

  • Generalversammlungen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zur Beschlussfassung über die in § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG vorgesehenen Beschlussfassungsgegenstände (Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses, Verteilung des Bilanzgewinns, falls letzterer im Gesellschaftsvertrag einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten ist, und die Entlastung der Geschäftsführer sowie des etwa bestehenden Aufsichtsrats) und
  • für die Generalversammlung einer Genossenschaft zur Beschlussfassung über die in § 27a GenG vorgesehenen Beschlussfassungsgegenstände (Beschlussfassung über den Abschluss und den Bericht des Vorstands, über die Ergebnisverwendung und über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats).

Soweit in Gesellschaftsverträgen (Satzungen, Statuten, Stiftungsurkunden) Fristen oder Termine für Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung, eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, eines kleinen Versicherungsvereins oder einer Sparkasse, festgelegt sind, können diese nunmehr ungeachtet der jeweiligen gesellschaftsvertraglichen Bestimmung auch zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 stattfinden.

Dies gilt vorerst bis zum Außerkrafttreten des COVID-19-GesG mit Ablauf des 31.12.2020.

Konkretisierung zur Durchführung virtueller Versammlungen durch die COVID-19-GesV

Wie bereits informiert wurde, besteht nach dem Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG) die Möglichkeit, Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung, eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, eines kleinen Versicherungsvereins oder einer Sparkasse auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchzuführen und Beschlüsse auf andere Weise zu fassen. Mit der Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Verordnung (COVID-19-GesV) wurden nunmehr die Durchführung dieser virtuellen Versammlungen und die Beschlussfassung auf andere Weise näher geregelt. Diese Bestimmungen gelten vom Inkrafttreten der COVID-19-GesV mit 22.03.2020 bis zu deren (vorerst festgelegtem) Außerkrafttreten mit Ablauf des 31.12.2020.

Was muss für die Durchführung einer virtuellen Versammlung berücksichtigt werden?

Über die Durchführung einer entsprechenden Versammlung im virtuellen Weg und die dabei zum Einsatz kommende Verbindungstechnologie entscheidet jenes Organ bzw. Organmitglied, welches die Versammlung einberuft. Dabei sind die Interessen der Gesellschaft und der Teilnehmer jeweils angemessen zu berücksichtigen. Für die Einberufung und die Durchführung virtueller Versammlungen gelten die entsprechenden gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen für Versammlungen dieser Art. Darüber hinaus ist in der Einberufung über die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für die Teilnahme zu informieren.

Zur Zulässigkeit virtueller Versammlungen bedarf es grundsätzlich der Möglichkeit zur Teilnahme von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit, die es jedem Teilnehmer ermöglicht, sich zu Wort zu melden und an Abstimmungen teilzunehmen. Sind diese technischen Möglichkeiten nicht bei jedem Teilnehmer gegeben, bzw. können oder wollen einzelne Teilnehmer die technischen Mittel nicht verwenden, so können diese (höchstens jedoch die Hälfte der Teilnehmer) an der Versammlung rein akustisch teilnehmen. Für den Einsatz der technischen Kommunikationsmittel ist die Gesellschaft insoweit verantwortlich, als diese ihrer Sphäre zuzurechnen sind. Das betrifft einerseits mögliche Schadenersatzansprüche einzelner Mitglieder gegen die Gesellschaft, als auch auch das gültige Zustandekommen von Beschlüssen.

Welche Sonderbestimmung gilt für die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft?

Abweichend von diesen Grundsätzen besteht betreffend die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft eine Sonderbestimmung. Für die virtuelle Durchführung einer Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft reicht es aus, wenn eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Verbindung in Echtzeit besteht, die es den Aktionären ermöglicht, dem Verlauf der Versammlung zu folgen und sichergestellt ist, dass diese in andere Weise während der Versammlung Wortmeldungen abgeben und an Abstimmungen teilnehmen können. Die Bestimmungen über die Fernteilnahme (§ 102 Abs 3 Z 2 AktG) und die Fernabstimmung (§ 102 Abs 3 Z 3 AktG und § 126 AktG) sind sinngemäß anzuwenden. Zudem kann auch dann, wenn es die Satzung nicht vorsieht, eine Übertragung der Hauptversammlung (§ 102 Abs. 4 AktG) und/oder eine Abstimmung per Brief (§ 127 AktG) erfolgen.

Auch bei der Einberufung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft muss angegeben werden, welche organisatorischen und technischen Voraussetzungen für die Teilnahme an der virtuellen Hauptversammlung bestehen, wobei es auch ausreicht, diese Informationen ab dem 21. Tag vor der Hauptversammlung gemäß § 108 Abs 3 bis 5 AktG bereitzustellen und dies in der Einberufung anzukündigen. Wurde die Einberufung zur Hauptversammlung zum Zeitpunkt der Kundmachung der COVID-19-GesV am 08.04.2020 bereits veröffentlicht, so reicht es aus, wenn diese Informationen ab dem 14. Tag vor der Hauptversammlung gemäß § 108 Abs 3 bis 5 AktG bereitgestellt werden. Werden die Informationen diesfalls nicht auch auf der Internetseite der Gesellschaft kundgemacht, so sind sie zudem den Aktionären auch ohne deren Verlangen unverzüglich auf die in § 108 Abs 5 S 1 AktG beschriebene Art zu übersenden.

Wird die Hauptversammlung einer (i) börsenotierten Aktiengesellschaft, (ii) einer Aktiengesellschaft, deren Aktien mit ihrem Wissen über ein multilaterales Handelssystem (MTF) gehandelt werden oder (iii) einer Aktiengesellschaft mit mehr als 50 Aktionären übertragen (§ 102 Abs. 4 AktG), so besteht die Möglichkeit vorzusehen, dass (i) die Stellung eines Beschlussantrags, (ii) die Stimmabgabe und (iii) die Erhebung eines Widerspruchs nur durch einen besonderen Stimmrechtsvertreter erfolgen kann, dessen Kosten die Gesellschaft zu tragen hat. Als besondere Stimmrechtsvertreter sind von der Gesellschaft zumindest vier geeignete und von ihr unabhängige Personen vorzuschlagen, wobei zumindest zwei der vorgeschlagenen Personen Rechtsanwälte oder Notare sein müssen. An der Hauptversammlung können diesfalls nur solche Aktionäre teilnehmen und Fragen an die Gesellschaft stellen, die zuvor einen dieser Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt haben. Zudem ist von der Gesellschaft durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Aktionäre ihre Instruktionen an die Stimmrechtsvertreter auch während der Versammlung noch abändern können. Zu beachten ist, dass das Auskunftsrecht gemäß § 118 AktG auch bei dieser Art der virtuellen Durchführung der Hauptversammlung von den Aktionären selbst ausgeübt werden können muss.

Sonderbestimmungen sind zudem auch für die virtuelle Durchführung einer Generalversammlung einer Genossenschaft und eines Vereins normiert.

Unsere Experten der SAXINGER COVID-19-Unit stehen Ihnen in diesem Zusammenhang gerne beratend zur Seite.

Stand 22.04.2020