Vorsicht bei Vorverträgen

Erfüllung eines Grunderwerbsteuertatbestandes kann unter bestimmten Voraussetzungen gegeben sein

Der Unabhängige Finanzsenat Wien hatte im Entscheid GZ RV/2393-W/07, vom 17.03.2011 zu beurteilen, ob mit dem (verfahrensgegenständlichen) abgeschlossenen Vorvertrag ein nach dem Grunderwerbsteuergesetz 1987 steuerpflichtiger Erwerb vorlag, oder ob- die in Punkt I dieses Vertrages enthaltene Vereinbarung, dass "die beidseitige Verpflichtung zum Abschluss dieses Kaufvertrages erst mit dem Ableben einer Dritten Person (der Buchberechtigten) entstehe, und die Vertragsparteien verpflichtet seien unmittelbar danach eine bestimmten Kaufvertrag abzuschließen", die Grunderwerbsteuerschuld, iSd § 8 Abs.2 GrEStG, erst mit dem Ableben der Buchberechtigten entstehen ließ.

Nach herrschender Rechtsprechung unterliegen der Grunderwerbsteuer ua Kaufverträge sowie andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung einer Liegenschaft begründen. Vorverträge hingegen, die lediglich die Verpflichtung beinhalten, in der Zukunft einen Vertrag abzuschließen, sind nach der Rechtsprechung des VwGH nicht von der Grunderwerbsteuerpflicht umfasst (vgl VwGH 24.4.1980, 315/78; VwGH 20.1.1983, 81/16/0094; VwGH 12.4.1984, 83/16/0083; VwGH 20.9.1984, 83/16/0117, 0118).

Für die Grunderwerbsteuerpflicht kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung eines Rechtsgeschäftes sondern alleine darauf an, ob aus der Fassung und dem Inhalt des Vertrages die Annahme berechtigt ist, dass durch ihn ein Anspruch auf Übereignung bereits begründet ist. Von einem Vorvertrag kann daher gesprochen werden, wenn der Leistungsinhalt nur in der Verpflichtung besteht, künftig einen Vertrag abzuschließen, nicht aber wenn in der Vereinbarung bereits sämtliche Vertragselemente abgesprochen wurden und darüber hinaus eine unmittelbare Verpflichtung zur Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Leistungen festgesetzt wird (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, dritter Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 1 Rz 152, 153).

Im vorliegenden Fall war wegen der bereits inhaltlichen Einigung hinsichtlich Kaufgegenstand, Kaufpreiszahlung, Gewährleistung und Übergabe und Nutzungsrecht des Erwerbers davon auszugehen, dass beide Vertragsparteien durch den Vorvertrag bereits gebunden sein wollten bzw. dass der „Erwerber“ mit diesem Vertrag bereits einen Anspruch auf Übereignung einer nach Preis und Lage bestimmbaren Liegenschaft erhalten hat.

Der UFS kam zum Schluss dass es sich inhaltlich nicht um einen Vertrag, dessen Wirksamkeit vom Eintritt einer Bedingung (hier Ableben der Buchberechtigten) abhängig ist handle, sondern um einen solchen, bei dem die Vertragsparteien Rechte und Pflichten des Erwerbers und des Veräußerers bereits zu Lebzeiten der Buchberechtigten zu erfüllen haben. Lediglich der Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages in grundbuchfähiger Form war bis zum Ableben der Buchberechtigten hinausgeschoben (vgl. BFH 7.12.1960, II 211/58 U, BStBl 1961 III 78).

Wird daher in einem als Vorvertrag bezeichneten Vertrag dem Erwerber bereits ein Anspruch auf Übereignung einer Liegenschaft eingeräumt, so ist – ungeachtet der Vertragsbezeichnung – vom Abschluss eines grunderwerbsteuerpflichtigen Verpflichtungsgeschäfts auszugehen.

UFS Wien 17.3.2011, RV/2393-W/07

Autor: Mag. Christoph Luegmair, Linz