Vergebührung von Vorwegvereinbarungen / Eheverträgen

Das Familienrechts-Änderungsgesetz (= FamRÄG 2009) gewährte bekanntlich neue Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens (insbesondere der Ehewohnung). Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und angesichts des vermehrt zu beobachtenden Trends zur Sicherung vorehelicher Errungenschaften besteht für (künftige) Ehepartner oftmals der Wunsch, umfangreiche Vorwegvereinbarungen – häufig auch en passant als „Eheverträge“ bezeichnet – abzuschließen. Dabei treffen die Eheleute erfahrungsgemäß auch Vereinbarungen über den Ehegattenunterhalt, den bzw das Kontaktrecht der Kinder oder erbrechtliche Dispositionen. Fraglich ist nunmehr, ob bzw. wie derartige Vereinbarungen zu vergebühren sind. Aus Anlass des FamRÄG 2009 wurde vom Gesetzgeber kein neuer Tatbestand im Gebührengesetz (= GebG) vorgesehen. Es existiert lediglich ein Erlass des BMF, GZ BMF-010206/0007-VI/5/2010 vom 22.01.2010 zur Liegenschaftsübertragung von Eheleuten unter der aufschiebenden Bedingung der Eheauflösung und zum Thema Immobilienertragsteuer bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens eine Info des Bundesministeriums für Finanzen (= BMF) zur neuen Grundstücksbesteuerung (GZ BMF-010203/0402-VI/6/2012 vom 03.09.2012).

Vorbemerkungen
Gestützt auf §§ 97 ff EheG steht es Ehegatten frei, im Voraus Vereinbarungen über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens (speziell der Ehewohnung) abzuschließen. Derartige Vereinbarungen werden – soweit sie nur die nacheheliche Aufteilung des angeführten Vermögens betreffen – in der Literatur als Vorweg- oder Vorausvereinbarungen bezeichnet (vgl. Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EheG § 97 Rz 3, Leb in Unternehmen und Ehe, 22 sowie Schwimann in Zak 2009, 323).

Aus der Sicht der Beratungspraxis sind insbesondere drei Stadien für derartige Vorwegvereinbarungen – wie folgt – zu unterscheiden:

  • Vor dem Eingehen der Ehe entscheiden sich die Brautleute, eine derartige Vereinbarung abzuschließen;
  • Während aufrechter Ehe – vorwiegend dann, wenn die Ehegatten gemeinsam erhebliches eheliches Vermögen geschaffen haben – wird eine derartige Vereinbarung getroffen;
  • Beginnt die Ehe zu kriseln, so besteht häufig für einen Ehepartner der Wunsch, gewisse vermögens- oder unterhaltsrechtliche Angelegenheiten mit dem anderem Ehegatten endgültig und abschließend zu regeln bzw. festzuhalten, um im Falle der Scheidung diesbezügliche Streitigkeiten möglichst hintanzuhalten. Häufig werden in diesem Zusammenhang auch Trennungsvereinbarungen getroffen bzw. besteht auch die Möglichkeit auf bereits gesetzte Eheverfehlungen zu verzichten (vgl. beispielsweise OGH 4 Ob 31/08z). Im zuletzt genannten Fall kann es sich als äußerst zweckmäßig erweisen, eine möglichst abschließende Vereinbarung zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse abzuschließen, da ein allfälliges Verschulden am Scheitern der Ehe im Aufteilungsverfahren nicht mehr releviert werden kann.

Besonderes Augenmerk verdient in diesem Zusammenhang auch die so genannte „Unternehmerehe“. Häufig besteht ein Bedürfnis der unternehmerisch tätigen Ehegatten insbesondere Beteiligungen an Gesellschaften bereits vorweg einem bestimmten Ehegatten zuzuordnen. Relevant sind dabei Beteiligungen, die bloße Wertanlagen darstellen, zumal diese gemäß § 82 Abs 1 Z 4 EheG der Aufteilung unterliegen können. Davon ist nach der Rechtssprechung im Wesentlichen dann auszugehen, wenn das Ausmaß der Beteiligung am Unternehmen weniger als 25 % beträgt (keine Sperrminorität) oder keine erheblichen Einfluss- oder Mitwirkungsrechte an der Unternehmensführung für den betreffenden Ehepartner existieren (vgl. OGH 1 Ob 643/82, 3 Ob 122/04v, Oberhumer in Unternehmen und Gesellschaftsanteile in der nachehelichen Vermögensaufteilung, 136ff). Speziell Unternehmer haben aus verständlichen Gründen das Bedürfnis eine „endgültige“ Vorwegvereinbarung zu treffen, um den Bestand des Unternehmens bzw. die eigene unternehmerische Tätigkeit nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe abzusichern.

Herrschende Rechtslage im Gebührenrecht

Das Urkundenprinzip im Gebührenrecht
Das österreichische Gebührengesetz (GebG) findet seinen Ursprung bereits im 17. Jahrhundert. Aus historischer Sicht wurden Rechtsgeschäftsgebühren als Papierverbrauchsteuer eingeführt. Vor diesem Hintergrund ist auch die strenge formalistische Anknüpfung der Tatbestände des GebG an das Vorliegen einer Urkunde, also eines stofflichen Trägers (Papier) zu erklären. So fallen Rechtsgeschäftsgebühren grundsätzlich nur dann an, wenn zwischen den Vertragsparteien eine Urkunde im gebührenrechtlichen Sinne errichtet wird (Urkundenprinzip). Im Wesentlichen ist unter einer Urkunde eine Schrift zu verstehen, die von beiden Parteien unterzeichnet wird und das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts nachweist. Nach Meinung der Finanzverwaltung ist dieser Nachweis bereits dann anzunehmen, wenn das Schriftstück die Natur des Rechtsgeschäfts und die Identität der Vertragsparteien preisgibt. Ersatzweise können jedoch auch Protokolle oder schriftliche Korrespondenz als Urkunden im gebührenrechtlichen Sinne gelten, wenn diese von zumindest einer Vertragspartei unterfertigt wurden und ein bereits gebührenschonend (bspw. durch mündliche Vereinbarung) abgeschlossenes Rechtsgeschäft dokumentieren (Anführung von Vertragsparteien und Natur des Rechtsgeschäfts, vgl. GebR, Rz 431). In diesem Fall spricht man von einer so genannten rechtsbezeugenden Urkunde.

Der technische Fortschritt führte dazu, dass Rechtsgeschäfte nicht mehr nur durch Unterfertigung von Schriftstücken in Papierform, sondern auch im elektronischen Rechtsverkehr bspw. durch elektronische Signaturen abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber hat sich auf diese veränderten Umstände eingestellt, und das Urkundenprinzip des GebG erweitert. Heute können auch nicht auf Papier ausgedruckte Urkunden (bspw. E-Mails) Rechtsgeschäftsgebühren auslösen (stofflicher Träger wäre in diesem Fall bspw. ein Bildschirm, vgl. VwGH vom 16.12.2010, 2009/16/0271). Mit dem historischen Gedanken einer Papierverbrauchssteuer hat dies freilich nicht mehr viel zu tun – in diesem Sinne ist das österreichische Gebührenrecht auch ein Unikum in Europa, das oft überraschend zu unerwarteten Kosten führen kann.

Der Vergleich als gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft:
Nicht jedes Rechtsgeschäft ist jedoch gebührenpflichtig. Das GebG enthält einen abschließenden Katalog von gebührenpflichtigen Rechtsgeschäften.

Gemäß § 33 TP 20 GebG sind außergerichtliche Vergleiche gebührenpflichtig. Die Rechtsgeschäftsgebühr liegt grundsätzlich bei 2 % vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen. In Fällen von anhängigen Rechtsstreitigkeiten, dh, wenn der Vergleich das einvernehmliche Ergebnis eines (schieds)gerichtlichen Verfahrens ist, wird eine Gebühr iHv 1 % der von jeder Partei übernommenen Leistung festgesetzt.

Grundvoraussetzung für einen gebührenpflichtigen Vergleich ist, dass strittige Rechte (vgl. VwGH 19.9.1956, 1769/54 Slg 1471 F) oder Ungewissheit über die herrschende Sach- oder Rechtslage besteht (vgl. VwGH 16.04.1958, 2150/57), die durch den Vergleich klargestellt wird.

Der Ehevertrag als gebührenpflichtiger Vergleich:
Nach der Ansicht des VwGH soll durch einen Ehevertrag eine zweifelhafte Rechtslage geklärt werden, die nach geltendem Recht im Zeitpunkt der Auflösung der Ehe vorherrschen würde, weshalb eine solche Vereinbarung im gebührenrechtlichen Sinne als Vergleich zu werten ist (vgl. VwGH 28.09.2000, 2000/16/0332). Demnach besteht nämlich insoweit eine zweifelhafte Rechtslage, als das Eherecht eine Aufteilungspflicht von bestimmten Vermögensgegenständen (bspw. Ehewohnung, Hausrat) unter besonderen Voraussetzungen (bspw. Sicherung von Lebensbedürfnissen) zwingend vorschreibt. Da ein Ehevertrag die im Gesetz zwingend vorgegebenen, aber abstrakt geregelten Aufteilungsumstände konkretisiert, liegt insoweit eine Klärung der zweifelhaften Rechtslage und somit ein gebührenpflichtiger Vergleich vor (vgl. Barth, Vergleichsgebühr und FamRÄG 2009, NZ 2010/37).

Eine Ausnahme von der Gebührenpflicht besteht nach einem Erlass des BMF (GZ BMF-010206/0007-VI/5/2010 vom 22.01.2010) hinsichtlich von Scheidungsfolgenvereinbarungen über die Aufteilung von Liegenschaften unter aufschiebender Bedingung anlässlich einer Eheschließung. Nach § 15 Abs 3 GebG sind demnach Rechtsgeschäfte, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, von der Rechtsgeschäftsgebühr befreit. Der Gesetzgeber wollte auf diese Weise die Mehrfachbelastung eines Rechtsgeschäfts mit verschiedenen Verkehrssteuern verhindern. Sucus: Wenn Grunderwerbsteuer zu bezahlen ist, soll keine Rechtsgeschäftsgebühr anfallen. Weiters ist vom übertragenden Ehegatten nach einer Information des BMF zur neuen Grundstücksbesteuerung (GZ BMF-010203/0402-VI/6/2012 vom 03.09.2012) bei einer Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse „nach den Grundsätzen des § 83 EheG“ keine Immobilienertragsteuer zu entrichten, sofern es zu keiner entgeltlichen Eigentumsübertragung kommt. In Bezug auf die Entgeltlichkeit bestehen in der Praxis – gerade bei der einvernehmlichen Ehescheidung gemäß § 55a EheG – regelmäßig Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Übertragung von Liegenschaften zwischen Ehegatten im Fall der Scheidung unterliegt zwar grundsätzlich der Grunderwerbsteuer. Wenn die Scheidungsfolgenvereinbarung unter aufschiebender Bedingung abgeschlossen wird, und somit erst zu einem späteren Zeitpunkt Grunderwerbsteuer entstehen wird, ist die vorausgehende Scheidungsfolgenvereinbarung nach BMF-Ansicht nicht gebührenpflichtig. Dies vor dem Hintergrund, dass eine Doppelbesteuerung möglichst vermieden werden soll.

Bemessungsgrundlage der Rechtsgeschäftsgebühr
Das Gebührenrecht setzt für den Begriff des Vergleichs keine eigenständige Definition für gebührenrechtliche Zwecke fest, sondern bedient sich des bürgerlichen Rechts, also des Vergleichsbegriffs des § 1380 ABGB, wonach bei einem Vergleich jede Partei „sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet“.

Bereits aus der zivilrechtlichen Definition des Vergleichs geht hervor, dass einem Vergleich Leistungen der beiden Vertragsparteien zugrunde liegen müssen. Dieses Leistungserfordernis des Vergleichs spiegelt sich auch im Gebührenrecht insoweit wieder, als die jeweils von den Vertragsparteien erbrachten Leistungen als Bemessungsgrundlage für die Gebühr herangezogen werden. Nicht Teil der Bemessungsgrundlage sind hingegen jene (ursprünglich strittigen) Rechte einer Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei in voller Höhe anerkannt werden, oder auf die verzichtet wird. Derartige Anerkenntnisse und Verzichte wären nicht als Vergleich zu qualifizieren und unterliegen nicht der Gebührenpflicht (vgl. Gaier, Kommentar GebG4, § 33 TP 20, Rz 6; Arnold, Kommentar GebG8, § 33 TP 20, Rz 16; GebR, Rz 1000)

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass Gegenstand der Gebühr niemals jene streitgegenständlichen Ansprüche sind, auf deren Geltendmachung die Vertragsparteien verzichten, oder die von einer Vertragspartei in voller Höhe anerkannt werden. Nur die Leistungen, zu denen sich die Vertragsparteien im Rahmen des Vergleichs verpflichten, sind zu vergebühren.

Kritische Anmerkungen

Keine strittigen oder zweifelhaften Rechte?
Gegenstand eines zivilrechtlichen Vergleichs sind strittige oder zweifelhafte Rechtsverhältnisse aller Art (vgl. OGH SZ 36/114). Ob ein Recht strittig oder zweifelhaft ist, wird ausschließlich an der subjektiven Auffassung der Vertragsparteien gemessen (vgl. OGH 5 Ob 374/59). Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Ansichten der Parteien objektiv unrichtig sind. Einem Vergleich kommt auch Bereinigungswirkung zu, da von den Parteien einvernehmlich festgestellt wird in welchem Umfang ein Recht als bestehend angesehen werden kann (vgl. EvBl 1955/23, 1955/379 = JBl 1955, 500).

Das FamRÄG 2009 sieht vor, dass eheliche Ersparnisse und die Ehewohnung durch Vereinbarung in der Form eines Notariatsaktes bereits im Voraus zwischen den Eheleuten aufgeteilt werden können. Zur Vorab-Aufteilung der ehelichen Gebrauchsvermögens ist sogar die einfache Schriftform ausreichend (§ 97 Abs 1 EheG). Praktisch bedeutend sind insbesondere die so genannten Opting-in- und Opting-out-Vereinbarungen. Demnach kann die Übertragung des Eigentumsrechtes oder sonstiger dinglicher Rechte der von einem Ehegatten eingebrachten, geerbten oder von dritter Seite geschenkten Ehewohnung im Zuge der nachehelichen Aufteilung explizit ausgeschlossen werden (= Opting-out) oder ausdrücklich vereinbart werden, dass die eingebrachte, geerbte oder geschenkte Ehewohnung der ehelichen Aufteilung unterliegt (= Opting-in). Vorwegvereinbarungen betreffend Ehewohnungen hinsichtlich derer ein Opting-out vereinbart wurde, nimmt der Gesetzgeber sogar von der Vereinbarungskontrolle gemäß § 97 Abs 2 EheG aus. Dies mit der Konsequenz, dass vom Richter derartige Vereinbarungen nur mehr vor dem Hintergrund allfälliger Sittenwidrigkeit geprüft werden können (vgl. Gitschthaler in EF-Z 2010/5 (11)). Die etwaige Unbilligkeit oder Unzumutbarkeit der Vorwegvereinbarung für eine Vertragspartei ist jedoch nicht Gegenstand der richterlichen Nachprüfungskontrolle (vgl. JA 673/A BlgNR 24. GP 37). In Bezug auf die schuldrechtliche oder dingliche Nutzung kann das Gericht aufgrund von § 97 Abs 3 EheG von der Vereinbarung abweichen.

Nach der Intention des Gesetzgebers sollte die rechtliche Situation im Hinblick auf die Übertragung des Eigentumsrechtes oder sonstiger dinglicher Rechte jedenfalls an der eingebrachten, geerbten oder von dritter Seite geschenkten Ehewohnung bei Vorwegvereinbarungen klar geregelt werden (vgl. JA 673/A BlgNR 24. GP 37). Von strittigen oder zweifelhaften Rechten kann daher in diesem Bereich keine Rede sein (vgl. Barth in NZ 05/2010, 146). Vorausgesetzt wird bei den Opting-in- und Opting-out-Vereinbarungen lediglich, dass die Formpflicht (Notariatsakt) eingehalten wird. Die vom Gesetzgeber in diesem Rechtsbereich vorgegebene verbindliche Regelung würde geradezu ins Wanken gebracht, wenn man derartige Vorwegvereinbarungen als Vergleich qualifizieren würde.

Bei der Prüfung der Vorwegvereinbarungen sind darüber hinaus jedenfalls die eingangs erwähnten verschiedenen zeitlichen Stadien, in welchen Vorwegvereinbarungen abgeschlossen werden, ins Kalkül zu ziehen. So werden beispielsweise Brautleute im Zuge einer Vorwegvereinbarung durch eine so genannte „Einbringungsbilanz“ lediglich die in die Ehe eingebrachten Vermögenswerte auflisten und sind wohl häufig – mangels Kenntnis eines späteren Rechts am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen – nicht in der Lage, den Umfang eines zweifelhaften Rechts festzulegen. Die zukünftigen Ehegatten halten also in der Regel lediglich zu Dokumentationszwecken zu Beginn der Ehe fest, wer welche Vermögenswerte in die Ehe eingebracht, geerbt oder geschenkt bekommen hat. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass derartige Informationen im Laufe der Ehejahre unter Umständen verblassen und im Falle der Scheidung, Aufhebung und Nichtigerklärung der Ehe dokumentiert sein soll, dass die Vermögenswerte wieder dem jeweiligen Ehegatten zukommen. Eine andere Auffassung greift zu kurz bzw. berücksichtigt die unterschiedlichen Varianten von Vorwegvereinbarungen nicht.

Durchaus realistisch ist auch, dass für Eheleute die Rechtssicherheit ein Motiv für den Abschluss eines Ehevertrages darstellt. Das FamRÄG 2009 ist auf nach dem 31.12.2009 abgeschlossene „Eheverträge“ anwendbar. Für den Fall, dass sich die Rechtslage ändert, sind die neuen Bestimmungen auf „Altverträge“ – sohin auf Vereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten der neuen Rechtslage getroffen wurden, – nicht anwendbar. Kraft einer Vorwegvereinbarung wird zumindest die derzeitige (günstige) Rechtslage für die Ehegatten „abgesichert“. Auch in diesem Fall liegt kein strittiges oder zweifelhaftes Recht vor und der Vereinbarung kommt keine Bereinigungswirkung zu.

Umfassende Regelungen
Häufig besteht in der Praxis auch der Wunsch, im Rahmen einer Vorwegvereinbarung die verschiedensten Rechtsbereiche zu regeln. In der Regel stellt nämlich auch der Weg zum Notar eine gewisse „Hemmschwelle“ dar. Wird diese einmal überwunden, so sollen in die Vereinbarung verschiedene rechtliche Aspekte – soweit gesetzlich zulässig – Eingang finden. Gegenstand der Vorwegvereinbarungen sind daher mitunter Regelungen zum Ehegattenunterhalt, zu den persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, zum Unterhalt der gemeinsamen Kinder und zum Kontaktrecht, zur Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens (insbesondere die Zuteilung der Ehewohnung), zu Schenkungen auf den Todesfall sowie verschiedene erbrechtliche Dispositionen, wie Pflichtteilsverzichte oder Anrechnungen von Vorempfängen usw.

Der Gesetzgeber hat durch das FamRÄG 2009 die Regelungsmöglichkeiten für Ehegatten auf das gesamte Aufteilungsvermögen ausgedehnt und damit die Ehegatten mehr oder weniger „motiviert“ Vorwegvereinbarungen abzuschließen. Das unklare Gebührenthema bewirkt leider das Gegenteil.

Wird dies von den Ehegatten im obig beschriebenen Ausmaß genützt, so liegt ein im ABGB nicht ausdrücklich geregelter Vertragstyp sui generis vor. Dies sollte auch für die Frage der Vergebührung berücksichtigt werden, zumal nur die im Gebührengesetz taxativ angeführten Rechtsgeschäfte eine Gebührenpflicht auslösen können.

Ermittlung der Bemessungsgrundlage
Die Festsetzung der Bemessungsgrundlage für Rechtsgeschäftsgebühren bereitet in der Praxis oft Schwierigkeiten. Gemäß § 26 GebG ist das Bewertungsgesetz (BewG) für die Gebührenbemessung heranzuziehen. Demnach ist für Wirtschaftsgüter grundsätzlich der so genannte „gemeine Wert“ gemäß § 10 BewG, also der Wiederverkaufswert, maßgeblich (vgl. GebR, Rz 1003). Bei wiederkehrenden Leistungen ist der Gesamtwert gemäß § 15 BewG mit einem Zinssatz iHv 5,5 % abzuzinsen, wobei der Gesamtwert den 18fachen Jahreswert der wiederkehrenden Leistung nicht übersteigen darf. So wird insbesondere bei wiederkehrenden Leistungen, die über einen sehr langen Zeitraum – beispielsweise bis an das Lebensende – zu leisten sind, eine Bewertungsvereinfachung ermöglicht. Für die Unterhaltsleistungen zu Gute des anderen Ehegatten von unbestimmter Dauer wird zum Beispiel der 9fache Jahreswert herangezogen (§ 15 Abs 2 BewG) und Leistungen auf bestimmte Dauer werden mit der Summe der einzelnen Jahreswerte bewertet.

Bewertungsfragen stellen in der Praxis vor allem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine schwierige Hürde dar, da die Leistung für den Zeitpunkt des Eintritts der Leistungsverpflichtung auf Basis des Ehevertrags zu bewerten ist. Wann dieser Zeitpunkt jedoch eintritt, ist völlig zweifelhaft. Schließlich lässt es sich kaum vorhersagen, wann eine Ehe geschieden wird, oder wie hoch der Wert der zu diesem (unbestimmten) Zeitpunkt zu erbringenden Leistung sein wird. Die gebührenrechtliche Konsequenz manifestiert sich unter anderem in dem Umstand, dass betagte oder nicht sofort fällige Leistungen, sofort fällig werden. Beispielhaft sei an dieser Stelle die (hohe) Ausgleichszahlung erwähnt, die nach dem Willen der Eheleute erst für den Fall der Scheidung zu bezahlen ist, angeführt. Nach den Grundsätzen des BewG wird angenommen, dass die Ausgleichszahlung sofort fällig ist, was wiederum zur Folge hat, dass diese Summe als Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr herangezogen wird.

Wirtschaftsgüter, deren Übertragung eine Grunderwerbsteuerbelastung auslösen, sollten ohnehin von der Rechtsgeschäftsgebühr befreit sein (vgl. § 15 Abs 3 GebG; BMF-Erlass vom 22.1.2010). Die Bewertung von beweglichen Wirtschaftsgütern mag durch Beauftragung eines Gutachtens noch bewältigbar, wenngleich auch aufgrund der damit verbundenen Kosten unwirtschaftlich sein. Wiederkehrende Leistungen (z.B. Unterhaltsansprüchen), die betragsmäßig bestimmt sind, können in Anwendung des Bewertungsgesetzes bewertet werden. Bemessen sich wiederkehrende Leistungen jedoch an der Höhe des Einkommens im Zeitpunkt der Eheauflösung stößt man jedoch an die Grenzen seriöser Bewertungsmöglichkeiten. Einkommensentwicklungen lassen sich schließlich nur in den seltensten Fällen aus langfristiger Sichtweise verlässlich prognostizieren.

Lösungsansätze
In der Praxis wurden aufgrund der beschriebenen unbefriedigenden Rechtslage bereits verschiedene „gangbare“ Möglichkeiten erarbeitet, wie derartige Vorwegvereinbarungen bzw Eheverträge „abgeschlossen“ werden können. Diese sollen hier in aller Kürze – wie folgt – beschrieben werden:

Errichtung einer gemeinsamen (nicht unterschriebenen) Urkunde
Wird eine Urkunde (Vertrag) von den Parteien nicht unterfertigt, löst dieser Vorgang keine Rechtsgeschäftsgebühr aus. Vor diesem Hintergrund könnten die (zukünftigen) Ehegatten dazu übergehen, einen gemeinsamen Vertrag zu errichten, den sie nicht unterfertigen(vgl. Barth, Vergleichsgebühr und FamRÄG 2009, NZ 2010/37 (145)). Mangels Verbindlichkeit wird diese Methode wohl ausscheiden; schließlich kann im Falle des Falles kein Ehegatte darauf vertrauen, dass sich der andere – allenfalls nicht scheidungswillige Ehegatte – an den Vertrag gebunden erachtet. Diese Variante ist daher nicht zu empfehlen.

Angebot und Annahme in Notariatsaktform
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass ein Ehegatte an den anderen Ehegatten ein Angebot auf Abschluss des Scheidungsfolgenvergleiches (in Notariatsaktform) richtet, welches innerhalb einer bestimmten Zeit angenommen werden kann. Diese Vorgehensweise könnte bewirken, dass es der andere Ehegatte, welcher womöglich überhaupt nicht scheidungswillig ist oder mit dem Vergleich nicht einverstanden ist, nicht annehmen wird. Die Annahmeerklärung ist auch in Notariatsaktform abzugeben, sodass der Weg zum Notar nicht ausbleibt. Auch diese Verhaltensweise kann nicht „erzwungen“ werden, sodass diese letztlich ausscheidet, weil vom Vertrauen zwischen den Eheleuten kurz vor der Ehescheidung wohl nicht ausgegangen werden kann. Da aufgrund der späteren Annahme in Notariatsaktform und somit einer erforderlichen Unterschrift letztendlich Gebühren entstehen, könnte auf diese Weise die Gebührenschuld auch nur bis zur Annahme der Vereinbarung aufgeschoben werden. Soll daher die Vereinbarung tatsächlich wirksam werden, ist eine endgültige Gebührenvermeidung bei dieser Variante nicht möglich.

Angebot in Notariatsaktform mit konkludenter Annahme
Die weit verbreitete Gebührenvermeidungsstrategie eines Anbots mit konkludenter Annahme (diese kommt in der Regel durch eine im Anbot konkret vordefinierte Handlung zustande, bspw der Überweisung eines Kostenersatzes für die Errichtung des Anbots auf ein bestimmtes Konto) ist im gegenständlichen Fall nicht machbar: Die Notariatsaktpflicht bei der Disposition über eheliche Ersparnisse und der Ehewohnung (opt-in und/oder opt-out) verbietet eine bloß konkludente Annahme.

Anwaltskorrespondenz
Auch das sonst zwischen Anwälten so beliebte gebührenvermeidende Instrument der Anwaltskorrespondenz, wonach Anwälte einen Vergleich vereinbaren und dann jeder für sich seinem Klienten über den Abschluss des Vergleiches berichtet, muss gegenständlich aufgrund der Notariatsaktpflicht ausscheiden.

Prätorischer Vergleich bei Gericht
Den Ehegatten steht es frei, bei Gericht einen so genannten prätorischen Vergleich abzuschließen. Beim prätorischen Vergleich handelt es sich im Wesentlichen um einen gerichtlichen Vergleich, der noch vor dem Einbringen einer Klage beim Bezirksgericht geschlossen werden kann und dort protokolliert wird, damit Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Eine gesetzliche Definition des prätorischen Vergleichs existiert nicht. Voraussetzung ist nach § 433 Abs 1 ZPO lediglich, dass der Antragsteller die Einbringung einer Klage beabsichtigt.Wird eine Vereinbarung im Wege eines prätorischen Vergleichs bei Gericht abgeschlossen, so ist damit auch die Notariatsaktspflicht erfüllt, sodass auch über die Ehewohnung und die ehelichen Ersparnisse disponiert werden könnte (vgl. Leb in Unternehmen und Ehe, 146). Überdies handelt es sich beim prätorischen Vergleich um einen Exekutionstitel nach § 1 Z 5 EO.

Aus Anlass dieses Vergleichs wird eine Bewertung des Streitgegenstandes vorgenommen. Als Bemessungsgrundlage der Gebühr ist grundsätzlich der Wert der Leistungen zu verstehen, zu denen sich die Parteien im Vergleich verpflichtet haben. Die Gebühr beträgt die Hälfte der gewöhnlichen Pauschalgebühr nach TP 1 GGG (Anm 2 zu TP 1 GGG), die bei der Einbringung einer Klage zu entrichten ist. Es ist davon auszugehen, dass diese Gebühr niedriger als jene nach dem GebG. Zahlungspflichtig sind im Übrigen beide Vertragsparteien ohne Bedachtnahme auf andere Abreden im Vertrag (§ 7 Abs 1 Z 1 GGG).

Auslandsurkunde
Es besteht weiters die Möglichkeit, eine Urkunde (auch Notariatsakt) im Ausland abzuschließen bzw dort zu unterfertigen. Für die Gebührenvermeidung ist es jedoch unumgänglich, dass kein inländischer, sondern ein ausländischer Erfüllungsort vorliegt, respektive vereinbart wird. Es sollten daher in Auslandsurkunden ausschließlich ausländische Bankkonten für den Zahlungsverkehr angegeben werden. Weiters ist zu empfehlen, vorsorglich eine so genannte „Negativklausel“ in den Vertrag aufzunehmen, wonach der Vertrag im Inland nicht erfüllt werden kann (vgl mwN Damböck/Hofbauer-Steffel/Spornbauer, taxlex 2010, 28 (33)).

Formulierung von Verzichten / Vertragsgestaltung
Schließlich kann auch auf Vertragsgestaltungsvarianten verwiesen werden. So kann die (schriftliche) Vereinbarung zwischen den Eheleuten auch dergestalt formuliert werden, dass keine Vermögenszuteilungen (Ausspruch von Rechten) an den anderen Ehegatten gemacht werden, sondern Verzichte im so genannten „Negativstil“ ausgesprochen werden. Derartige Verzichte lösen nach herrschender Rechtsauffassung keine Gebühr aus (vgl Leb in Unternehmen und Ehe, 146). Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass dieser Formulierungsstil auch von den Finanzämtern akzeptiert wird. Diese Variante wird freilich nicht immer möglich sein. Darüber hinaus ist der Vertrag dann unter Umständen schwer verständlich.

Kreuzofferte
Rechtsgeschäftsgebühren sollten auch dadurch vermieden werden, indem von jeder der beiden Vertragsparteien ein Offert für den Abschluss eines Vergleichs an die jeweils andere Vertragspartei übermittelt wird, wobei beide Offerten einander inhaltlich übereinstimmen müssen. Mit Zugang der beiden Offerten kommt in diesem Fall der Vergleich „gebührenvermeidend“ zustande (vgl. Gaier, Kommentar GebG, § 15, Rz 66). Wichtig ist hier jedoch, dass die Angebote nicht auf einander Bezug nehmen, da diese sonst gleichzeitig als Annahme des anderen Offerts qualifiziert werden könnten und somit Rechtsgeschäftsgebühr auslöst.

Conclusio
Mit dem FamRÄG 2009 ergab sich eine völlig neue Situation hinsichtlich der Qualifikation von Eheverträgen aus gebührenrechtlicher Sicht. Aufgrund der umfassenden Dispositionsmöglichkeiten der Braut- bzw Eheleute über das Ehevermögen besteht nunmehr im Falle der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe keine zweifelhafte Rechtslage hinsichtlich der Vermögensaufteilung mehr. Den nach 31.12.2009 abgeschlossenen Eheverträgen kommt somit im Vergleich zu alten Eheverträgen, die die oftmals unklaren zwingenden Regelungen des EheG in alter Fassung konkretisierten, kaum noch Bereinigungs- oder Vergleichswirkung zu, sondern nur mehr Dokumentationsfunktion.

So wird auch von der herrschenden Meinung (vgl. Arnold, Kommentar GebG, 8. Aufl., § 33 TP 20, Rz 5a), die Ansicht vertreten, dass Vereinbarungen, die rein dispositive Rechte regeln, keineswegs als Vergleich zu werten sind, da sich derartige Verträge in anderen typisierten Rechtsgeschäften niederschlagen (zB. Kauf, Tausch etc.). Schließlich ist es das Wesen des dispositiven Rechts, den Vertragsparteien Vereinbarungen zu ermöglichen, die außerhalb des zwingenden Rechts liegen.

Es kann somit nicht mehr zutreffend sein, Eheverträge aus gebührenrechtlicher Sicht schlechthin unter gebührenpflichtige Vergleiche zu subsumieren. Vielmehr sollte die Finanzverwaltung der geänderten Rechtslage gerecht werden, und das Fehlen einer zweifelhaften Rechtslage in Folge des FamRÄG 2009 anerkennen. Eine zweifelhafte Rechtslage besteht somit nicht mehr zwischen den Eheleuten, sondern nur mehr im Gebührenrecht; und diese zu beseitigen ist eine Aufgabe, die der Gesetzgeber oder auch zumindest das BMF durch eine Klarstellung in den Gebührenrichtlinien nachkommen könnte.

Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2011 wurde das österreichische Gebührenrecht dahingehend entscheidend novelliert, als seit 01.01.2011 Darlehens- und Kreditsvertragsgebühren sowie die Gebühren für damit im Zusammenhang stehende Sicherungsgeschäfte abgeschafft wurden. Die Gelegenheit im Zuge dieser Gesetzesänderung auch eine Klarstellung der Rechtslage für Eheverträge zu erwirken, wurde leider nicht wahrgenommen. Auch das BMF hat seine in den GebR dargelegte Rechtsansicht noch nicht geändert. Ob das BMF die neue zivilrechtliche Situation letztendlich im Gebührenrecht berücksichtigen wird, bleibt daher noch abzuwarten. Eine endgültige Klärung der – im derzeitigen Zustand unbefriedigenden – gebührenrechtlichen Rechtslage könnte auch durch eine einschlägige höchstgerichtliche Entscheidung erfolgen.

Autoren: Birgit Leb (Linz) & Alexander Lang

Dieser Artikel erschien in leicht abgeänderter Form in "ecolex- Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht", Ausgabe 11/2013.