Sturmfrei - Sieht das der Arbeitgeber genauso?

Ihm flögen gerade die ersten Schindeln vom Dach, schreibt ein Bregenzerwälder. Schon in der Früh war nicht daran zu denken, in die Arbeit zu fahren. Sieht das der Arbeitgeber genauso?

Ob es stürmt, schüttet oder schneit: Arbeitnehmer tragen die Verantwortung dafür, pünktlich am Arbeitsplatz einzutreffen. Ist es für den Arbeitnehmer absehbar, dass mit Schwierigkeiten zu rechnen ist – wenn etwa Schneefälle angesagt sind – muss er früher losfahren.

Anders liegt der Fall, wenn meteorologisch davor gewarnt wird, auf die Straße zu gehen, so wie das jetzt bei Sturm Sabine der Fall ist. Fliegen einem Dachschindeln um die Ohren, blockieren umgeknickte Bäume die Straße oder besteht schlicht die Gefahr, weggeweht zu werden, kann eine „begründete Arbeitsverhinderung“ vorliegen. Darauf lässt sich beim Arbeitgeber aufbauen, sagt Heinrich, ohne dass dieser abmahnen, kündigen oder das Entgelt verweigern darf.

Anders ist das in Deutschland: Laut dem Hamburger Anwalt Andre Schenk begründet Sturm Sabine zwar eine Arbeitsverhinderung, der Arbeitgeber muss die ausgefallene Arbeitszeit aber nicht vergüten.

Hierzulande lauten die Schlüsselbegriffe: Verhinderung durch wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes. Das können auch Elementarereignisse sein. Selbstverständlich muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber sofort informieren und sich bei der ersten Möglichkeit wieder am Arbeitsplatz einfinden.

Kann der Arbeitgeber Home Office verlangen?

Ja, wenn der Arbeitnehmer üblicherweise auch daheim arbeitet, kann der Arbeitgeber verlangen, dass er seine Leistung eben daheim erbringt. Wenn nicht, müsste er erst die Datensicherheit überdenken (Stichwort DSG-VO) bzw. der Arbeitnehmer mit der Arbeitsplatzverlagerung einverstanden sein. Verweigern kann er sie etwa, wenn er mit dem Schutz von Haus, Leib und Leben alle Hände voll zu tun hat.

Darf der Arbeitnehmer sein Kind abholen?

Was tun, wenn die Schule oder der Kindergarten anruft und das Abholen der Kinder verlangt? Für Heinrich hängt das davon ab, ob dem Kind ein sicheres Heimkommen möglich ist. Bei Kindergarten- oder Volksschulkindern ist das sicher nicht der Fall, bei Teenagern Ermessenssache. Hier werden die Interessen abgewogen: Was wiegt schwerer, das dienstliche Interesse oder das des Kindes? Bei Elementarereignissen (und auch bei familienfreundlichen Arbeitgebern) gewinnt wohl das Kind.

 

Autor: Roland Heinrich