Steuerreform 2016: Erhöhung des Kindesunterhalts droht!

Vorbemerkungen
Die Steuerreform 2016 führt nicht nur in einer Vielzahl der Fälle zu einer Steuererleichterung, sondern kann auch eine Erhöhung des Kindesunterhalts zur Folge haben. Mit der Steuerreform wurden bekanntlich die Steuerstufen und -sätze grundlegend geändert, einerseits enthält der neue Einkommenssteuertarif nunmehr sechs anstatt drei Steuerstufen und andererseits wurde der Eingangssteuersatz von 36,5 % auf 25 % herabgesetzt.

Da die Steuerentlastung das Nettoeinkommen des/der Unterhaltspflichtigen erhöht, kann es zu einer wesentlichen Umstandsänderung kommen, die zu einer monatlichen Mehrbelastung der/des Unterhaltspflichtigen führt. Ein Kind ist nämlich nach der Rechtsprechung berechtigt, eine Erhöhung der Unterhaltsleistung zu fordern, wenn eine wesentliche Einkommens- oder Unterhaltserhöhung von 8 bis 10 % vorliegt. Nachstehendes Praxisbeispiel zeigt die Auswirkungen der Steuerreform 2016 auf den Kindesunterhalt:

Praxisbeispiel – Auswirkungen auf den Kindesunterhalt
Vor der Steuerreform 2016 bezahlte ein Kindesvater, der ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 2.500,00 inkl. Sonderzahlungen ins Verdienen brachte, für sein siebenjähriges Kind rund EUR 400,00 pro Monat an Kindesunterhalt. Dies unter der Voraussetzung, dass die Kindesmutter die Familienbeihilfe bezieht.

Aufgrund der Steuerreform 2016 kommt dem Kindesvater eine monatliche Steuerentlastung von EUR 122,00 – rund EUR 1.463,00 im Jahr – zugute. Aufgrund dieser Ersparnis beträgt das monatliche Nettoeinkommen des Kindesvaters etwa EUR 2.622,00 inkl. Sonderzahlungen und errechnet sich auf Basis dieses erhöhten Einkommens ein Unterhaltsbetrag von etwa monatlich EUR 421,00. Der jährlichen Steuerersparnis von EUR 1.463,00 steht daher ein „Mehr“ an Unterhaltsleistungen von EUR 252,00 pro Jahr (EUR 21,00 pro Monat) gegenüber. Dies führt allerdings noch nicht zu einer Neubemessung des Unterhalts, da die Einkommenserhöhung nur rund 5 % beträgt und daher keine wesentliche Umstandsänderung vorliegt.

Allerdings gilt zu berücksichtigen, dass mit der Steuerreform 2016 der Kinderfreibetrag gemäß § 106a EStG von EUR 132,00 auf EUR 300,00 pro Jahr bzw. von EUR 220,00 auf EUR 440,00 pro Jahr angehoben wurde (je nach dem, ob der Kinderfreibetrag von beiden Elternteilen oder nur von einem Elternteil geltend gemacht wird). Im Hinblick auf diesen Freibetrag gibt es unterschiedliche Meinungen in der Literatur: Teilweise wird vertreten, dass der Kinderfreibetrag zugunsten des Kindes in die Unterhaltsberechnung einzufließen hat. Je nach Jahreseinkommen ist daher dem Kindesunterhalt möglicherweise noch ein Betrag von EUR 6,00 bis EUR 14,00 hinzuzurechnen.

Bei Berücksichtigung des Kinderfreibetrages im Eingangsbeispiel müsste der Kindesvater ab 01.01.2016 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von EUR 432,00 (!) leisten, sodass eine Unterhaltserhöhung von rund 8 % vorliegt, die dann sehr wohl eine Neubemessung des Unterhalts rechtfertigt. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Kinderfreibetrages liegt derzeit noch nicht vor. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung hierzu entwickelt.

Erwähnenswert im Zusammenhang mit der Steuerreform 2016 ist auch, dass Steuerersparnisse nicht nur zu einer Erhöhung des Kindesunterhalts führen können, sondern in Einzelfällen auch ein geringerer Unterhaltsbetrag geschuldet wird. Auch Unterhaltsverpflichtete mit überdurchschnittlich hohem Einkommen sind zum Teil besser gestellt, weil der Unterhaltsstopp (Luxusgrenze) und der temporär angehobene Grenzsteuersatz dazu führen können, dass eine geringere Unterhaltsleistung zum Tragen kommt.

Conclusio und Empfehlung
Mit der Steuerreform 2016 kommt es zu einem weiteren Auseinanderklaffen von Steuer- und Unterhaltsrecht, was nicht in allen Fällen sachgerecht erscheint. Fraglich ist insbesondere, ob es der Unterhaltpflichtige hinnehmen muss, dass er von der steuerlichen Entlastung höheren Unterhalt bezahlen muss. In der praktischen Abwicklung ist zu berücksichtigen, dass sich die Unterhaltsformel aufgrund der Anrechnung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag geändert hat. Mangels eindeutiger Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass hinkünftig verschiedene Unterhaltsbeträge herangezogen werden und in diesem Bereich noch mehr gestritten wird.

Letztlich gibt nur eine Überprüfung Ihrer Gehaltsunterlagen Aufschluss darüber, welche Auswirkungen die Steuerreform 2016 auf Ihre konkreten Unterhaltszahlungen hat. Eine Überprüfung wird – um unangenehme Nachforderungen zu vermeiden – unbedingt erfolgen.

Autorinnen: Birgit Leb & Stefanie Thuiner