Privatstiftungsgesetz-Novelle 2017 – Ein Überblick über die geplanten Neuerungen

Etwas überraschend hat das Justizministerium kürzlich den „Entwurf für eine Privatstiftungsgesetz-Novelle 2017“ zur Begutachtung ausgesandt. Darin enthalten sind insbesondere weitreichende Änderungen im Bereich der Stifterfamilie, des Stiftungsvorstands sowie der eingerichteten Kontrollorgane. Das Gesetz soll – trotz anstehender Wahlen – bereits im November 2017 in Kraft treten, doch ist dieser Termin keineswegs sicher, denn die ersten Reaktionen zum neuen Entwurf könnten unterschiedlicher nicht sein; neben vorsichtig positiven Meldungen, sehen andere darin gar einen „Sprengsatz für Privatstiftungen“.

Einleitung
Seit Einführung des Privatstiftungsgesetzes (PSG) im Jahr 1993, haben Streit- und Zweifelsfälle zu einer reichen Judikatur und Rechtsfortentwicklung geführt, die nicht immer den Bedürfnissen der Privatstiftung und der aus ihr berechtigten Personen entspricht. Nach dem mehr als zwanzigjährigen Bestehen der Privatstiftungen sah der Gesetzgeber nun die Zeit gekommen, dem Rechtsträger Privatstiftung eine neue und klarere Orientierung zu geben, um Rechtssicherheit und Klarheit zu schaffen. Dies soll nunmehr mit einer Neugestaltung der Stiftungs-Governance mit größeren Gestaltungsmöglichkeiten verwirklicht werden. Der vorliegende Ministerialentwurf sieht vor, dass es dem Stifter offensteht, den Vorstand zu verkleinern, vor allem aber das Aufsichtsorgan (bisher Aufsichtsrat bzw oftmals Beirat) aufzuwerten, womit auch die Vertretung der Stifterfamilie in der Privatstiftung klarer verankert wird. Neben neuen Bestimmungen zur Rechnungslegung, ist eine Präzisierung der Tätigkeiten des Stiftungsprüfers vorgesehen.

Beirat adé
Nach dem Gesetzesentwurf kann in der Stiftungserklärung künftig ein sogenanntes Aufsichtsorgan zum Zweck der Kontrolle und zur Wahrung des Stiftungszwecks vorgesehen werden. Der bisherige Aufsichtsrat wird dadurch in terminologischer Hinsicht abgelöst. Die neuen Regelungen über das Aufsichtsorgan, sollen aber auch für sonstige freiwillig eingerichtete Kontrollorgane, die – unabhängig von ihrer Namensgebung – Aufgaben eines Aufsichtsorgans wahrnehmen, gelten. Dies trifft insbesondere auf den (Familien-, Stiftungs-) Beirat zu, der von den einschneidenden Neuregelungen erfasst wird. Dem Aufsichtsorgan müssen künftig mindestens drei gleichberechtigte Mitglieder angehören, wovon zwei Drittel Begünstigte bzw. Familienmitglieder sein können und ein Mitglied „fremd“ sein muss.

Die Aufgaben des Aufsichtsorgans sind im Gesetz deklarativ aufgezählt. So kann das Aufsichtsorgan insbesondere den Stiftungsvorstand bestellen und abberufen, Begünstigte bestellen und Zuwendungen an diese vorschlagen. Weiters können dem Aufsichtsorgan bestimmte Zustimmungsrechte eingeräumt werden. Auch der Stiftungsprüfer ist, sofern die Stiftungserklärung nicht anderes vorsieht, nicht mehr vom Gericht, sondern vom Aufsichtsorgan für drei bis fünf Jahre zu bestellen und im Firmenbuch einzutragen. Wichtig: Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstandes bedürfen – neben der Zustimmung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes – nicht mehr zwingend der Zustimmung des Gerichts. Vielmehr kommt die Zustimmungskompetenz bei derartigen Geschäften nach der PSG-Novelle vorrangig dem Aufsichtsorgan zu. Erst in Ermangelung eines solchen, bedarf es der Zustimmung des Gerichts. Erste Stimmen aus der Praxis sehen die Einführung eines Aufsichtsorgans durchaus positiv. Aufgrund der im Vergleich zu Beirat oder Familienbeirat deutlich stärkeren Rechtsposition des Aufsichtsorgans, kann der Einfluss der Stifterfamilie deutlich vergrößert werden, womit einem langjährigen Anliegen der Stifterfamilien nun Rechnung getragen wird.

Stärkung der Stifterfamilie
Neben der Neueinführung des Aufsichtsorgans, wird auch der Begriff der Stifterfamilie neu definiert: Bisher waren Angehörige des Begünstigten von der Übernahme der Funktion als Stiftungsvorstand ausgeschlossen. Diese Unvereinbarkeitsbestimmung soll nun minimal gelockert werden. Nach neuer Rechtslage wäre es ausschließlich dem Begünstigten, seinem eingetragenen Partner oder Lebensgefährten sowie seinen Verwandten in gerader Linie und seinen Geschwistern untersagt, Mitglied des Stiftungsvorstandes zu werden. Alle anderen Angehörigen, wie etwa ein Onkel oder eine Tante des Begünstigten, würden nunmehr als „fremd“ gelten und kämen für diese Funktion in Betracht. Durch die Neuregelung soll der Einfluss des Stifters und seiner Rechtsnachfolger, damit der Familie, auf die Privatstiftung erhalten und eine drohende „Versteinerung“ der Rechtsform bestmöglich verhindert werden.

Stiftungsvorstand „neu“
Die Novelle sieht eine umfassende Änderung des Stiftungsvorstandes vor. So kann der Stiftungsvorstand – anders als früher – künftig auch nur aus einer natürlichen Person bestehen, sofern die Stiftungsurkunde dies vorsieht. Bislang musste er aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Durch die Neuregelung sollen Entscheidungen erleichtert und die Flexibilität der Privatstiftung insgesamt erhöht werden. Gibt es nur einen Vorstand, soll zur Kontrolle und im Sinn einer guten Governance jedoch zwingend ein Aufsichtsorgan zu bestellen sein. Die Festlegung einer Mindestbestelldauer von zwei Jahren soll zudem der Unabhängigkeit des Vorstands dienen und entspricht im Wesentlichen jenen Grundsätzen, die die Rechtsprechung dazu bis dato entwickelt hat. Um der Umgehung der Mindestdauer vorzubeugen, soll eine vorzeitige Abberufung allerdings nur aus wichtigem Grund erlaubt sein. Ausdrücklich gestattet der Gesetzgeber die Verkürzung der Mindestfunktionsdauer, wenn außergewöhwöhnliche Gründe für eine kürzere Dauer sprechen. Dies könnte nach dem Entwurf etwa bei der Erstbestellung eines Stiftungsvorstandes anzunehmen sein, wenn die Tätigkeit des Stiftungsvorstandes im Einzelfall besondere Fähigkeiten erfordert, die erst unter Beweis zu stellen sind. Die Verkürzung der Mindestfunktionsdauer unter ein Jahr wird allerdings nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zulässig sein, wie etwa zur Überbrückung einer Vakanz durch Ersatzbestellung für ein vorzeitig ausgeschiedenes Mitglied bei Aufrechterhaltung der Mandatsdauer aller anderen Vorstandsmitglieder bis zur generellen Wiederbestellung. Auch die eingeräumten Befugnisse des Stiftungsvorstandes erfahren durch den Entwurf eine bedeutende Änderung: Bei Wegfall des Stifters soll zukünftig die Änderung der Stiftungserklärung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne gerichtliche Genehmigung möglich sein. Durch diese Erleichterung wird vom Gesetzgeber ein Funktionieren und die Governance der Privatstiftung bei geänderten wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Verhältnissen sichergestellt.

Business Judgement Rule
Nach der Rechtsprechung gilt die „Business Judgement Rule“, die in Österreich mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 für das Aktienrecht und das GmbH-Recht positivrechtlich verankert wurde, längst auch für Vorstandsmitglieder einer Privatstiftung. Auch die herrschende Lehre spricht sich für die Anwendung dieser Regel im Privatstiftungsrecht aus. Der in § 25 neu eingefügte Abs 1a PSG trägt dem gegenwärtigen Meinungsstand Rechnung und positiviert die „Business Judgement Rule“ nun auch für das Privatstiftungsgesetz.

Neues bei der Rechnungslegung
Ganz wesentliche Änderungen sieht die Novelle bei den Bestimmungen zur Rechnungslegung vor. Der bisherige Verweis auf die Bestimmungen über die Rechnungslegung im UGB hat zu Zweifelsfragen Anlass gegeben, die mit dem Gesetzesvorschlag gelöst werden sollen. Stark erweitert wurden die Berichts- und Meldepflichten. Aufstellungen der Vermögenswerte aller Stiftungen müssen nach dem vorliegenden Textvorschlag der Statistik Austria gemeldet werden. Auch Quartalsberichte müssten künftig vierteljährlich gelegt werden. Die vorgeschlagenen Regelungen zur Rechnungslegung und Offenlegung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers zur erhöhten Transparenz beitragen.

Änderungsbedarf bestehender Stiftungsurkunden
Bei Inkrafttreten der PSG-Novelle 2017 bestehende Privatstiftungen haben ihre Stiftungserklärung unverzüglich, jedenfalls innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der PSG-Novelle 2017, anzupassen, wenn sie in Widerspruch zu zwingenden Bestimmungen des PSG in der Fassung der PSG-Novelle 2017 steht.

Fazit
Der neue Gesetzesentwurf kommt nicht nur zeitlich überraschend. Auch inhaltlich enthält er einige wesentliche und vor allem tiefgreifende Neuerungen, die in diesem Ausmaß womöglich nicht erwartet wurden. Neben den gesetzlichen Klarstellungen ist jedenfalls positiv, dass der Einfluss der Stifterfamilie, durch die Lockerung der Unvereinbarkeitsbestimmung und insbesondere durch die Einführung eines („familienfreundlicheren“) Aufsichtsorgans erheblich verstärkt wurde. Angesichts der möglichen Zweidrittelbesetzung im Aufsichtsorgan erfährt die Position der Familie eine merkliche Aufwertung. Auch die geplante Möglichkeit bei Rechtsgeschäften der Privatstiftung mit dem Stiftungsvorstand, die bisher zwingende Zustimmung des Gerichts durch die Zustimmung des Aufsichtsorgans zu ersetzen, ist aus Sicht der Praxis positiv zu bewerten. Es bleibt vor allem abzuwarten, inwieweit sich die äußerst unterschiedlichen Reaktionen aus der Praxis im neuen Privatstiftungsgesetz niederschlagen. Trotz Sommerloch bleibt es also in jedem Fall spannend.

SCWP Schindhelm berät Sie gerne über die geplanten Neuerungen, etwaige Vor- und Nachteile der neu geschaffenen Regelungen und unterstützt Sie bei der Gestaltung vertraglicher Alternativen zu den bisherigen Bestimmungen, um auch in Zukunft eine stabile vertragliche Grundlage für die Entscheidungsfindung und strategische Ausrichtung Ihrer Privatstiftung zu schaffen.

Autoren: Michaela Nill & Gerald Schmidsberger