Preiskartell im Speditionsbereich

Im Februar 2011 stellte das Kartellgericht das Verfahren gegen über 40 Speditionen trotz Beteiligung an einem Preiskartell mangels Verschuldens ein. Die Bundeswettbewerbsbehörde brachte gegen diese Entscheidung Rekurs beim Obersten Gerichthof als Kartellobergericht ein.

Nach Eingang eines Kronzeugenantrags eines betroffenen Unternehmens beantragte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) im März 2010 die Verhängung von Geldbußen beim Kartellgericht gegen die an wettbewerbswidrigen Absprachen beteiligten Unternehmen. Gegen den Kronzeugen, der zur Aufdeckung der Kartelle beigetragen hat, wurde keine Strafe beantragt.

Der Sachverhalt umfasste zwei Kartelle: Das erste Kartell betraf eine Preisregulierung und die Kundenaufteilung für den Transport von Stückgut durch die Rahmenübereinkunft der Speditions-Sammelladungskonferenz (SSK) in den Jahren 1994 bis 2007. Das zweite Kartell umfasste die Kooperation durch einen Informationsaustausch zwischen der SSK und einem Schienenspediteur bei der Tarifgestaltung.

Die nunmehrige Entscheidung des Kartellgerichts auf Einstellung des Verfahrens betrifft das erste Kartell. Laut Gericht hätten sich die Unternehmen auf den dispensierenden Bagatellkartellbeschluss aus dem Jahr 1996 verlassen können. Nunmehr hat das Kartellgericht zwar das Bestehen des Kartells ausdrücklich bestätigt, aber erklärt, das einerseits aufgrund der spezifischen Umstände kein Verschulden seitens der beteiligten Unternehmen vorliege und andererseits das EU-Kartellverbot nicht anwendbar sei.

Die BWB ist allerding der Auffassung, dass das Kartell gegen das EU-Kartellverbot verstößt. Preisabsprachen und Kundenabstimmungen zählen zu den schwersten Verstößen gegen EU-Kartellrecht ("Hardcore-Kartelle"), die deshalb regelmäßig von der Europäischen Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden mit hohen Bußgeldern geahndet werden.

Somit ersucht die BWB die Europäische Kommission um eine Stellungnahme zu diesem Beschluss des Kartellgerichts. Nach Ansicht der BWB kann eine 15 Jahre alte Entscheidung eines österreichischen Gerichts nicht bestehendes europäisches Recht aushebeln. Zudem sei ein Hardcore-Kartell, an dem nahezu die gesamte Branche beteiligt ist, kein Bagatellfall. Somit geht die BWB von einem unzutreffenden Urteil des Kartellgerichts aus und brachte daher Rekurs beim Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht ein.

Autor: Dr. Christina Hummer LL.M., Brüssel, Wien