Polen: Geldbußen für natürliche Personen bei Verletzungen des Wettbewerbsrechts

Hintergrund
Am 18.01.2015 tritt die Novelle des polnischen Wettbewerbsgesetzes vom 10.06.2014 in Kraft. Ziel der neuen Regelungen ist die Verstärkung des Wettbewerbsschutzes in Polen, insbesondere durch die Bekämpfung illegaler Absprachen zwischen Unternehmern.

Bis zu 2 Millionen PLN hohe Geldbußen für vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen das Verbot wettbewerbsbehindernder Absprachen
Mit dem novellierten Wettbewerbsgesetz („WettbG“) verfügt die Wettbewerbsbehörde über bestimmte Rechtsinstrumente zur Beschränkung wettbewerbswidriger Absprachen. Die meisten Fragen rufen dabei Bußgelder in Höhe von bis zu 2 Millionen PLN hervor, die der Präsident der Wettbewerbsbehörde gegen geschäftsführende Personen verhängen kann. Unter die Sanktionen fallen geschäftsführende Personen, auf deren vorsätzliche Handlungen oder Unterlassungen der Verstoß des Unternehmens gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen zurückzuführen ist.

Die Geldbußen richten sich nach dem WettbG insbesondere gegen leitende Führungskräfte oder Mitglieder der geschäftsführenden Organe. Je nach Organisationsstruktur des Unternehmens können dies z.B. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder sowie Aufsichtsratsmitglieder in Kapitalgesellschaften oder sog. „geschäftsleitende“ Personen bei kleineren Unternehmen sein. Die genannten Personen haften für eigenes vorsätzliches Handeln oder Unterlassen.

Die Behörde prüft jeweils, ob eine Person vorsätzlich rechtswidrig gehandelt hat oder ob ihre Handlungen mit der Unkenntnis der gesetzlichen Folgen begründet werden können. Der erste Gesetzesentwurf setzte voraus, dass mit dem Bußgeld auch fahrlässige Verletzungen geahndet werden können. Die Wettbewerbsbehörde muss beweisen, dass es infolge des Verhaltens der handelnden Person zum Verstoß gegen das Verbot wettbewerbshindernder Vereinbarungen- d.h. jeglicher Absprachen zwischen den Unternehmern, deren Ziel oder Folge die Beeinträchtigung des effektiven Wettbewerbs auf dem relevanten Markt war - gekommen ist.

Einzige Ausnahme stellen dabei wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen dar. Auf Zuwiderhandelnde findet in solchen Fällen das Wettbewerbsrecht keine Anwendung; allerdings sind diesfalls strafrechtliche Sanktionen möglich.

Im Hinblick auf die nunmehr verlängerte Verjährungsfrist für Absprachen (5 Jahre nach Ende des Jahres, in dem die Verletzungen geendet haben) muss damit gerechnet werden, dass jede Person, die innerhalb dieses Zeitraumes eine rechtswidrige Absprache begangen hat, dafür zur Verantwortung gezogen werden kann.

Die Wettbewerbsbehörde kann die Bußgelder einer natürlichen Person auferlegen, soweit sie vorher über eine Sanktion gegen das Unternehmen, in dem diese Person geschäftsführende Funktion ausübt oder ausgeübt hat, entschieden hat. Im Hinblick auf Sanktionen gegen Unternehmen hat die Novelle grundsätzlich keine wesentlichen Änderungen eingeführt. Gegen ein rechtswidrig agierendes Unternehmen kann nach wie vor eine Geldbuße von bis zu 10 % des Jahresumsatzes verhängt werden. Die geschäftsleitende Person kann freilich eine Bußgeldbefreiung oder -minderung aufgrund eines sog. „Leniency-Antrags“ beantragen. Die Schwellen für die Ermäßigung (soweit keine Voraussetzungen für den Erlass vorliegen) sind für natürliche Personen und Unternehmen gleich und schwanken zwischen 30 – 50 % gegenüber dem ersten Antragsteller -, 20 – 30 % gegenüber dem zweiten Antragsteller und bis maximal 20 % gegenüber allen weiteren Antragstellern.

Durchsetzung wettbewerbsschützender Vorschriften aus der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamtes
Im Zusammenhang mit der Novellierung des polnischen Wettbewerbsgesetzes ist die jüngste Judikatur des Bundeskartellamts von besonderem Interesse.

Das Amt hat zuletzt Geldbußen gegen natürliche Personen, die an rechtswidrigen Preisabsprachen beteiligt waren, verhängt. 14 Herstellern von Betonpflastersteinen und 17 natürlichen Personen hat das Bundeskartellamt eine Geldstrafe von insgesamt ca. 6.200.000,00 Euro auferlegt. Bußgelder in Höhe von ca. 338 Millionen Euro wurden gegen ein „Wurst-Kartell“ verhängt. Das Bundeskartell hat in diesem Fall 21 Unternehmen und 33 natürliche Personen bestraft. Gemäß § 81 des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen darf das Bundeskartellamt vorsätzliche oder fahrlässige wettbewerbsbeschränkende Zuwiderhandlungen natürlicher Personen mit einer Geldbuße von bis zu 1 Million Euro ahnden. Gegen Unternehmen darf dagegen eine Geldbuße von bis zu 10 % des gesamten (weltweiten) Umsatzes der Unternehmensgruppe, der das jeweils betroffene Unternehmen gehört, verhängt werden. 


Das Bundeskartellamt kann bei der Verhängung der Strafen mildernde Umstände annehmen, u.a. die Dauer der Preisabsprache, ihre Bedeutung, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Verkaufsumsätze des zuwiderhandelnden Unternehmens.

Restriktive Verdikte zu erwarten
Im Zusammenhang mit der Änderung der wettbewerbsschützenden Vorschriften sollen die angeführten Urteile des Bundeskartellamtes den polnischen Unternehmen vor allem als Bestätigung dafür dienen, dass sie auf dem Markt, insbesondere in Bezug auf kartellrechtliche Risiken, vorsichtig vorgehen sollen. Wie sich die novellierten Vorschriften auf die Anwendung des Wettbewerbsrechts in Polen auswirken werden, wird sich in erster Linie in der Entscheidungspraxis der Wettbewerbsbehörde zeigen. Unter Berücksichtigung der umfangreichen gesetzlichen Änderungen sowie der vielfach unzureichenden Informationen der Unternehmen über ihre kartellrechtlichen Risiken ist wohl damit zu rechnen, dass die Wettbewerbsbehörde die Vorschriften gegenüber den rechtswidrig handelnden geschäftsführenden Personen restriktiv handhaben wird.

Autoren: Tomasz Szarek (Breslau) & 
Jarosław Fidala (Breslau)