Neue Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern („Whistleblower“-Richtlinie)

Ausgangslage
Nicht nur Skandale wie „LuxLeaks“ oder „Panama-Papers“ machen die große Unsicherheit für Informanten deutlich, die brisante Daten enthüllen. Zum Schutz von Hinweisgebern, die Informationen über illegale oder schädliche Tätigkeiten offenlegen („Whistleblower“), hat die EU jüngst eine detaillierte Richtlinie vorgelegt. Damit soll die Sicherheit von Personen gewährleistet werden, „die sich zu Wort melden und Missstände anprangern" (EU-Berichterstatterin Virginie Rozière). Ein in der Tat hehres Ziel.

Anwendungsbereich
Nach der Neuregelung müssen grundsätzlich sowohl in öffentlichen und privaten Organisationen als auch in Behörden „sichere Kanäle“ für die Meldung von Missständen installiert werden. Unter „Missständen“ werden aktuelle oder befürchtete Verstöße gegen das Unionsrecht in bestimmten Bereichen verstanden, etwa im öffentlichen Auftragswesen, im Kartellrecht, im Umweltschutz, im Verbraucherschutz, in der Produkt- und Verkehrssicherheit, in der öffentlichen Gesundheit, im Datenschutz oder in der Geldwäsche. Insbesondere Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern werden verpflichtet, zuverlässig funktionierende Meldesysteme einzurichten.

Rahmenbedingungen
Wesentlich ist dabei zunächst, dass nur solche Informationen geschützt sind, von denen der Hinweisgeber im beruflichen Kontext erfahren hat. Damit ein Informant wirksam vor Repressalien geschützt werden kann, ist dafür Sorge zu tragen, dass seine Identität nur einem kleinen Personenkreis bekannt wird, ansonsten aber geheim bleibt. Die Mitgliedstaaten können auch die Möglichkeit für eine gänzlich anonyme Meldung vorschreiben.

Schutz genießt zudem nur der Informant, der davon ausgehen durfte, dass das EU-Recht verletzt wurde und die relevanten Informationen dem Schutzbereich der Whistleblower-RL unterliegen. Querulanten soll damit ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Begriff der „Repressalien“, vor denen Hinweisgeber geschützt werden sollen, ist äußerst weit gefasst. Darunter fallen zB interne Konsequenzen wie Kündigungen, Herabstufungen, Versetzungen, negative Leistungsbeurteilungen und sonstige Diskriminierungen, aber auch weitergehende („externe“) Folgen wie die Rufschädigung in sozialen Medien oder die Aufnahme des Informanten in „schwarze Listen“.

Umsetzungsfrist
Die neuen Vorschriften sind bis Dezember 2021 umzusetzen; für Unternehmen mit 50 bis 249 Arbeitnehmern kann mit der Umsetzung bis Ende 2023 zugewartet werden.

Handlungsbedarf
Eile scheint für Unternehmen derzeit also noch nicht geboten. Dennoch ist es mehr als ratsam, sich rechtzeitig mit der Implementierung eines effizienten Compliance-Systems zu befassen. Die grundlegenden Anforderungen an ein stringentes Meldeverfahren lassen sich bereits jetzt aus der RL ableiten. Die nationalen Umsetzungsschritte werden wir für Sie im Auge behalten.

Autor: Alexander Wöß