Deutschland: "Made in Germany" – Wie verlässlich sind Herkunftsangaben?

Der Schutz von geografischen Herkunftsangaben nach nationalem deutschem Recht ist seit dem 1. Januar 1995 in das Markenrecht (§§ 126 ff. MarkenG) integriert und auf alle Arten geografischer Herkunftsangaben anwendbar. Die geografischen Herkunftsangaben werden neben den Marken und den geschäftlichen Bezeichnungen unter den Oberbegriff des Kennzeichens gefasst. Dennoch handelt es sich nicht um ein Individualrecht wie das Recht an einer eingetragenen Marke, sondern ist grundsätzlich als wettbewerbsrechtlicher Schutz ausgestaltet. Die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche finden ergänzend Anwendung (§§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 2 UWG). Die Definition der geografischen Herkunftsangabe entspricht im Wesentlichen der in Europa verwandten. Entscheidend ist, dass die angesprochenen Verbraucher nicht durch die Angabe irregeführt werden.

Nicht vom Schutz geografischer Herkunftsangaben erfasst werden die sogenannten Gattungsbezeichnungen. Als Gattungsbezeichnung gilt der Name eines Erzeugnisses, der sich zwar auf den Herstellungsort oder die Gegend bezieht, der jedoch aktuell nur noch als Beschaffenheitsangabe für das Erzeugnis verstanden wird. Seit 1990 wird daher die Bezeichnung "Pilsener" bzw. "Pils" als reine Gattungsbezeichnung angesehen. Auch bei der Schwarzwälder Kirschtorte wird aktuell nur noch darum gestritten, ob diese einen bestimmten Gehalt an Kirschwasser enthält.

Besonderheiten gelten darüber hinaus noch im Lebensmittelrecht und im Arzneimittelrecht.

Im Fall von unrichtigen oder irreführenden Angaben können sowohl Konkurrenzunternehmern als auch Wettbewerbszentralen und befugte Abmahnvereine Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadenersatzansprüche geltend machen.

Die deutschen Gerichte legen einen strengen Beurteilungsmaßstab an. Der Slogan „Made in Germany“ darf nach der Rechtsprechung nur verwendet werden, wenn das Produkt durch ein deutsches Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt worden ist. Zwar muss es nicht vom Entwurf bis hin zur finalen Fertigstellung in Deutschland produziert worden sein. Entscheidend ist, dass die wesentlichen Bestandteile und die bestimmenden Eigenschaften der Ware, die in den Augen des Publikums deren Wert ausmachen, auf einer deutschen Leistung beruhen.

Die strenge Rechtsprechungspraxis hat der BGH im Jahr 2016 mit seiner Entscheidung „Himalaya-Salz” bestätigt. Danach darf ein Anbieter nicht mit der Aussage „Salz aus der Region Himalaya“ werben, wenn das Salz tatsächlich aus der 200 Kilometer entfernten pakistanischen Provinz Punjab stammt. Seither wird das im Einzelhandel angebotene Salz in der Regel mit dem Zusatz „aus Pakistan“ betitelt.

Im Dezember 2019 hat der BGH entschieden, dass die die Bezeichnung „Culatello di Parma“ eine unzulässige Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung „Prosciutto di Parma“ darstellt und daher als geografische Herkunftsangabe in dieser Form nicht benutzt werden darf, sofern der Herstellungsort nicht Parma ist. Auch der im Jahr 2011 unternommene Versuch, durch die Gründung einer Stadt mit dem Namen „Parma“ in China die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen, würde nach deutschem Recht scheitern, sofern der in China produzierte „Parmaschinken“ nicht die gleiche Qualität aufweist (§ 127 Abs. 2 MarkenG).

Ein weiterer spannender Fall stammt aus München. Hier hat die Wettbewerbszentrale gegen ein auf der Reeperbahn in Hamburg ansässiges Unternehmen, das Dosenbier vertreibt, Unterlassungsklage wegen der Verwendung des Bierlabels „REEPER B.„ erhoben. Auf dem Label waren zusätzlich in kleiner Schrift die werblichen Begriffe „HAMBURG“ und „ST. PAULI“ als Hinweis auf den Vertriebsort auf der Reeperbahn und das dort vorherrschende Lebensgefühl aufgeführt. Auf der Rückseite der Dose ist allerdings prominent der Hinweis auf den Brauort in Mönchengladbach abgedruckt. Nach Ansicht der Klägerin werde der Eindruck erweckt, dass das Bier aus Hamburg stamme bzw. der Brauort auf der Reeperbahn liege, obwohl es tatsächlich in Mönchengladbach gebraut und abgefüllt werde. Streitig sind u.a. die Fragen, ob der Hinweis auf den Brauort ausreicht, ob bei der heutigen Craftbierkultur noch von einer Hamburger Brautradition gesprochen werden kann und wie die Bezeichnung „REEPER B.“ von den Verbrauchern verstanden wird. Die Verlegung des Herstellungsortes war in den letzten Jahren auch Gegenstand von Verfahren gegen die Brauereien Warsteiner und Oettinger.

Im Verfahren ist versehentlich bekannt geworden, dass die Beschwerdeführerin der viertgrößte Bierkonzern mit Hauptsitz in Dänemark ist. Besonders brisant ist, dass die Beschwerdeführerin selbst auch Biere wie „Brooklyn Lager“ und „Lüneburger Pilsener“ vertreibt bzw. vertrieben hat, obwohl diese Biere in ihrer Brauerei in Lübz gebraut und abgefüllt werden. Des Weiteren wirbt sie für ihr ASTRA-Dosenbier mit dem Slogan „Mit Liebe gebraut im Herzen Hamburgs“, obwohl die Dosenanlage an der Stadtgrenze zu Niedersachsen liegt. Der Wettbewerbszentrale wird daher die rechtsmißbräuchliche Bevorzugung ihres Mitgliedsunternehmens – des international agierenden Bierkonzerns – vorgeworfen, der selbst mit „unclean hands“ agiert.



Autor: Viola Rust-Sorge