Keine Diskriminierung ohne sechste Urlaubswoche / EuGH Judikatur

In den letzten Monaten hat sich der EuGH mehrfach mit unterschiedlichen Fragen des Urlaubsrechts, insbesondere zu Urlaubsansprüchen bei Beendigung des Dienstverhältnisses und der Verjährung von Urlaubsansprüchen im aufrechten Dienstverhältnis, befasst.

Neuerlich hat sich der EuGH in der Rechtssache Gemeinsamer Betriebsrat Eurothermen Resort Bad Schallerbach (C-437/17) mit dem Thema Urlaub befasst. Der EuGH hielt in dieser Entscheidung fest, dass die gesetzliche Regelung der Gewährung einer sechsten Urlaubswoche für Dienstnehmer, die insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweisen, wobei höchstens fünf Berufsjahre, die bei anderen als dem derzeitigen Dienstgeber im Inland geleistet wurden, angerechnet werden, nicht diskriminierend iSd Art 45 AEUV und Art 7 Abs 1 der Verordnung Nr 492/2011 ist.

Argumentation des Betriebsrates
Der Betriebsrat von Eurothermen argumentierte, dass die Beschränkung der Anrechnung von bei anderen Dienstgebern im Inland geleisteten Dienstjahren auf fünf Jahre, eine mittelbare Diskriminierung von Dienstnehmern aus anderen Mitgliedsstaaten nach Art 45 Abs 2 AEUV und Art 7 Abs 1 der Verordnung Nr 492/2011 darstelle. Es falle einem österreichischen Dienstnehmer leichter, 25 Jahre beim selben Dienstgeber tätig zu sein, weil dieser in der Regel in Österreich ins Berufsleben einsteige.

Darüber hinaus sei die derzeitige Regelung nach der Argumentation des Betriebsrates von Eurothermen geeignet, österreichische Dienstnehmer, die beabsichtigen, ihren derzeitigen Dienstgeber zu verlassen, um zu einem Dienstgeber eines anderen Mitgliedsstaates zu wechseln, aber den Wunsch haben, anschließend in den Dienst ihres ersten Dienstgebers zurückzukehren, davon abzuhalten. Dies stelle eine unzulässige Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art 45 Abs 1 AEUV dar.

Österreichische Rechtslage
Nach österreichischem Recht stehen einem Dienstnehmer gem § 2 Abs 1 iVm § 3 UrlG sechs anstatt der regulären fünf Urlaubswochen zu, wenn der Dienstnehmer 25 Jahre beim aktuellen Dienstgeber beschäftigt war. Auf diese 25 Jahre Berufstätigkeit können nach § 3 Abs 2 Z 1 UrlG maximal fünf Jahre Berufstätigkeit bei anderen Dienstgebern, die im Inland zugebracht wurden, angerechnet werden. Die Regelung ist jedoch nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sowie herrschender Lehrmeinung dahingehend auszulegen, dass auch Berufsjahre, die in anderen EU‑Mitgliedsstaaten erlangt wurden im Ausmaß von maximal fünf Jahren angerechnet werden.

Begründung des EuGH
In seiner Entscheidung überprüft der EuGH zunächst eine unmittelbar an die Staatsangehörigkeit knüpfende Diskriminierung nach Art 45 Abs 2 AEUV und Art 7 Abs 1 der Verordnung Nr 492/2011. Diese liege deshalb nicht vor, weil bei Beurteilung des Anspruches auf eine sechste Urlaubswoche in keiner Weise auf die Staatsangehörigkeit abgestellt werde und wenngleich der Gesetzeswortlaut auf im Inland zugebrachte Dienstzeit abstellt, die Anrechnung gleichermaßen bei Beschäftigungsverhältnissen in EU‑Mitgliedsstaaten erfolge.

Auch eine mittelbare Diskriminierung verneint der EuGH. Dies im Wesentlichen deshalb, da es auch bei österreichischen Staatsbürgern nicht der Regelfall sei, 25 Jahre lang beim selben Dienstgeber beschäftigt zu sein. Somit wirke sich die Regelung laut EuGH ihrem Wesen nach nicht stärker auf Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten als auf österreichische Staatsangehörige aus. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass mehrheitlich Staatsangehörige anderer Staaten von der begrenzten Berücksichtigung von Vordienstzeiten betroffen sind. Im Übrigen stelle eine Regelung, die die Treue eines Dienstnehmers gegenüber seinem derzeitigen Dienstgeber honoriere, keine mittelbare Diskriminierung Staatsangehöriger anderer Mitgliedsstaaten dar.

In weiterer Folge überprüfte der EuGH, ob eine verbotene Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art 45 Abs 1 AEUV vorliegt. Laut Ansicht des EuGH könne das Unionsrecht nicht verhindern, dass ein Umzug in einen anderen Mitgliedsstaat in sozialer Hinsicht durch die einzelnen Systeme und Rechtsvorschriften im Einzelfall Vor- und Nachteile mit sich bringt. Darüber hinaus sei auch die gegenständliche Urlaubsregelung nicht geeignet, österreichische Dienstnehmer, die beabsichtigen, ihren derzeitigen Dienstgeber zu verlassen, um in einem anderen Mitgliedsstaat zu arbeiten, aber anschließend den Wunsch haben zum österreichischen Dienstgeber zurückzukehren, hiervon abzuhalten. Es liege somit auch keine verbotene Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor.

Zusammenfassung
Die österreichische gesetzliche Regelung der Gewährung einer sechsten Urlaubswoche für Dienstnehmer, die insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweisen, wobei höchstens fünf Berufsjahre, die bei anderen als dem derzeitigen Dienstgeber im Inland geleistet wurden, angerechnet werden, verstößt nicht gegen EU-Recht. Die derzeitige Regelung bleibt somit weiterhin in Geltung.

Autoren: Roland Heinrich & Anna Langreiter