Investmentmodelle mit Kryptowährungen – digitale Glücksritter?

Nehmen Sie an, Sie werden von einem guten Bekannten auf eine lukrative Geschäftsidee eines Ihnen bisher unbekannten Unternehmens angesprochen. Um in dieses Unternehmen und seine Idee zu investieren, müssten Sie von Ihrer lokalen Bank bloß einen Goldbarren beziehen, wobei für den Einstieg bereits 500 Gramm ausreichen. Sie schicken diesen Goldbarren mit der Post an eine Ihnen völlig unbekannte Adresse im Ausland. Ihnen wird dann vom Unternehmen mitgeteilt, dass der Goldbarren nun auf verschiedenen Welthandelsmärkten verkauft und wieder angekauft werde; der Gewinn für das Unternehmen ergebe sich aus den daraus resultierenden Preisunterschieden. Im Gegenzug sollen Sie nun für Ihren Einsatz vom Unternehmen jede Woche eine kleine Goldmünze bekommen, die in etwa 4 % des Werts des von Ihnen eingesetzten Goldbarrens entspricht. Dieses Investment sei darüber hinaus zeitlich begrenzt, sodass Sie vom Unternehmen nach einem halben Jahr schließlich Ihren Goldbarren wieder per Post zurückerhalten würden. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, selbst Ihre eigenen Bekannten für dieses Modell zu begeistern und anzuwerben. Für jeden Bekannten, der ebenso einen Goldbarren an die Adresse schickt, sollen Sie zusätzlich eine Goldmünze erhalten – und zwar für jede Woche seines Investments.

Sie haben Zweifel? Ihnen wird versichert, dass das Unternehmen, dem Sie Ihren Goldbarren schicken, noch ca. eine Tonne Gold auf Lager habe, welches zur Absicherung Ihres Investments diene, wenn sich der Markt wider Erwarten schlecht entwickeln würde. Insgesamt sei das Unterfangen daher eine sichere Sache.

Optioment

Ersetzen Sie im obigen Beispiel Gold durch Bitcoins, und Sie gelangen zum Investmentmodell von „Optioment“. Der mutmaßliche Ausgleichsfonds, der im Falle eines Verlustes zur Deckung der Verbindlichkeiten gegenüber den Investoren herangezogen werden sollte, umfasste dabei angeblich 35.000 Bitcoins – dies entsprach unter Zugrundelegung des Höchstkurses der digitalen Währung von ca. EUR 15.000,00 je Bitcoin im Dezember 2017 einer Gesamtsumme von EUR 525 Mio.

Bereits im Dezember 2017 kam es zu ersten Zahlungsstockungen an Investoren. Mittlerweile wurde die Website des Anbieters offline genommen, und ist das Geschäftsmodell nunmehr Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Ebenso sind die investierten Bitcoins verschwunden; zurück bleiben eine Vielzahl von Geschädigten, die auf dieses System vertraut haben und deren Verluste nun teilweise existenzbedrohend sind. Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass es sich bei diesem System um ein verbotenes Pyramidenspiel gehandelt haben soll.

Derartige Systeme sind nicht neu. Bereits im Jahr 1920 lockte Charles Ponzi mit hohen Zinsversprechen Investoren an, veranlagte das investierte Kapital jedoch nicht zinsbringend, sondern beglich dem mit frischem Kapital neuer Anleger die Zinsforderungen bereits bestehende Kunden. Das System brach nach kurzer Zeit zusammen und sollte fortan als „Ponzi-Schema“ in die Geschichte internationaler Wirtschaftskriminalität eingehen.

Kryptowährungen

Ebenso sind Kryptowährungen im internationalen Markt kein Novum. Das Konzept einer Währung, die ohne zentrale Instanz – etwa eine Zentralbank – auskommt, wurde bereits im Jahr 2008 in einem Whitepaper dargestellt. Ein Bitcoin – als erste implementierte Kryptowährung – war noch im Jahr 2011 für ein paar Cent zu erwerben und überschritt erstmals im November 2013 die USD 1000-Marke. Größere Bekanntheit erlangte die Währung nicht zuletzt durch den Ausbruch der Ransomware WannaCry, welche die Festplatte infizierter Opfer mit einem 2048-Bit starken RSA-Schlüssel verschlüsselte. Zur Entschlüsselung der Dateien war die Bezahlung eines Lösegeldes in Bitcoin erforderlich. Auch im Darknet wurde und wird die Währung für illegale Transaktionen – etwa zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen auf der „Silk Road“ – aufgrund ihrer Anonymität gerne genutzt. Derzeit (Stand: 26.02.2018) werden 1.519 verschiedene Kryptowährungen gehandelt; ihre (gesamte) Marktkapitalisierung beträgt knapp über USD 426 Mrd.

Vertragliche Konstruktion und Regress

Gemäß § 983 ABGB liegt ein Darlehensvertrag dann vor, wenn jemand einem anderen vertretbare Sachen mit der Bestimmung übergibt, dass der andere darüber eigenmächtig verfügen kann; dieser ist jedoch verpflichtet, nach Ende der Laufzeit dem Darlehensgeber ebenso viele Sachen derselben Gattung und Güte zurückzugeben. Aus zivilrechtlicher Sicht könnte es sich bei den „Investments“ in das Optioment-Modell also um Darlehensverträge handeln, nicht zuletzt deshalb, da sich Optioment verpflichtet hat, nach einer gewissen Laufzeit die eingesetzten Bitcoins auf das Wallet des Investors rückzuüberweisen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, an wem sich die geschädigten Investoren regressieren können. Der grundsätzlich logische – aber wenig erfolgsversprechende – Weg wäre, den vertragsbrüchigen Darlehensnehmer selbst schadenersatzrechtlich heranzuziehen.

Darüber hinaus könnte ins Auge gefasst werden, denjenigen, der dieses Geschäftsmodell unmittelbar angepriesen und vermittelt hat, im Zuge der Beraterhaftung schadenersatzrechtlich zu belangen. Insbesondere wird bei Investmentmodellen in Bitcoins, deren Kurs und allgemeine Entwicklung einer hohen Volatilität unterliegen, besondere Vorsicht und eine erhöhte Aufklärungspflicht gegeben sein. Nach stRspr des OGH treten Geschäftspartner mit Aufnahme rechtsgeschäftlichen Kontakts in eine rechtliche Sonderbeziehung, aufgrund welcher sie zu gegenseitiger Fürsorge und Rücksichtnahme bei der Vorbereitung und beim Abschluss des Geschäfts verpflichtet werden. Insbesondere werden hierbei Aufklärungspflichten verlangt, wenn nur eine Seite über Informationen verfügt, die für die andere Seite von Bedeutung sein könnten (RS0106375).

Vorsicht ist geboten

Wie auch bei anderen Investmentmodellen gilt, sich vor Abschluss eines Vertrages bzw. Zahlung umfassend über das Unternehmen, welches das Investmentmodell anbietet bzw. die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zu informieren. Bei Angeboten im Internet sollte zudem eine tiefgreifende Prüfung der Seriosität des Anbieters vorgenommen werden. Investieren Sie nur in Produkte, die Sie verstehen. Informieren Sie sich – ggf. unter Hinzuziehung externer Berater – über das mögliche Ausfallrisiko. Die nachfolgende – keinesfalls abschließende – Checklist kann Ihnen einen ersten Überblick verschaffen:

Analysieren Sie die Website des Anbieters. Ist das Produkt verständlich erklärt? Verfügt der Anbieter über ein Impressum? Seien Sie vorsichtig, wenn die Website keinen Aufschluss über das dahinterstehende Unternehmen gibt oder keine Postadresse anführt.

Überprüfen Sie die Identität der Domain. Sie können über das WHOIS-Service feststellen, auf welches Unternehmen die Internet-Domain registriert wurde bzw. wer Ansprechpartner ist (zB www.whois.com). Vorsicht ist geboten, wenn sich der Domaininhaber hinter einem Anonymisierungsdienst versteckt (zB im Falle von Optioment die WhoisGuard, Inc.).

Überprüfen Sie den Serverstandort. Dafür gibt es das TRACEROUTE-Service (www.dnstools.ch).

Sehen Sie in den öffentlichen Büchern und Registern nach, ob das Unternehmen tatsächlich existiert. Die Europäische Union stellt unter e-justice.europa.eu ein Tool zur Verfügung, welches ein bestimmtes Unternehmen in den nationalen Firmenbüchern/Handelsregistern sämtlichen (teilnehmenden) EU-Mitgliedsstaaten sucht. Überdies bieten auch andere Staaten (darunter bspw. auch Panama) die Möglichkeit, ihre jeweiligen Handelsregister zu durchsuchen. Ggf. ist dafür eine Registrierung mit einer Mailadresse erforderlich.

Ist das dahinterstehende Unternehmen bzw. Investmentmodell bereits in der Vergangenheit durch betrügerische Vorgehensweisen aufgefallen? Einige Websites, zB www.badbitcoin.org, haben sich auf das Listing derartiger Modelle bzw. Websites spezialisiert.

 

Autor: Philipp Leitner