Haftung des Vereinsvorstands

Der Verein: Einfach, schnell und kostengünstig zu gründen
Vereine erfreuen sich in Österreich seit jeher großer Beliebtheit. Millionen Österreicher sind Vereinsmitglieder und nicht wenige üben eine Leitungsfunktion in einem Verein aus.

Aus rechtlicher Sicht überrascht die große Beliebtheit der Organisationsform Verein nicht, denn Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes (VerG) sind – insbesondere im Vergleich zu anderen gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen – einfach, schnell und kostengünstig zu gründen: Die Errichtung eines Vereins ist der Vereinsbehörde (in der Regel ist das die Bezirkshauptmannschaft) durch Übermittlung der Vereinsstatuten anzuzeigen; erklärt diese nicht binnen einer Frist von längstens sechs Wochen die Unzulässigkeit der Vereinsgründung, ist der Verein wirksam entstanden.

Die Haftung von Mitgliedern des Vereinsvorstands
Mit der Mitgliedschaft in einem Leitungsorgan (gemeint sind der Vorstand, ein allfälliges Aufsichtsorgan und auch die Rechnungsprüfer) sind aber auch rechtliche Verantwortung und Haftungsrisiken gegenüber dem Verein verbunden. Die zivilrechtlichen Haftungsbestimmungen sollen nachfolgend überblicksmäßig erörtert werden.

Grundsätzliches
Das Haftungsregime des VerG ist vom Grundsatz der Haftung für Verhalten geprägt, das „unter Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters“ gesetzt wurde. Verletzt ein Vorstandsmitglied aufgrund einer derartigen Sorgfaltswidrigkeit seine gesetzlichen oder statutarischen Pflichten oder rechtmäßige Beschlüsse eines zuständigen Vereinsorgans (in der Regel der Generalversammlung), so haftet es dem Verein nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen. Der anzuwendende Haftungsmaßstab bemisst sich dabei nach der Sorgfalt, den Fähigkeiten und den Kenntnissen, die von einem Vorstandsmitglied eines Vereins in dem betreffenden „Geschäftszweig“ und nach der Größe des Vereins üblicherweise erwartet werden können.

Umgelegt auf die Tätigkeit im Vereinsalltag bedeutet sorgfältiges Handeln etwa die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, die Erfüllung vertraglicher Pflichten, ordnungsgemäße Buchführung und im Zweifel die Einholung rechtlichen Rats bei einem Rechtsanwalt. Kurz gesagt: Das Vorstandsmitglied hat im Rahmen der Gesetze und der Statuten immer zum Vorteil des Vereins zu handeln und bestmöglich Schaden vom Verein abzuwenden.

Das VerG zählt demonstrativ, also nicht abschließend, Handlungen auf, die Vorstandsmitglieder schadenersatzpflichtig machen. Dazu zählen unter Anderem die zweckwidrige Verwendung von Vereinsvermögen, die Inangriffnahme von Vereinsvorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung, mangelhafte Buchführung, Insolvenzverschleppung und insbesondere auch das Setzen von Verhalten, das Schadenersatzpflichten des Vereins gegenüber Mitgliedern oder vereinsfremden Dritten ausgelöst hat.

Von der Haftung gegenüber dem Verein zu unterscheiden ist die direkte Haftung gegenüber Vereinsgläubigern (die so genannte „Durchgriffshaftung“). In bestimmten Fällen kann das Vorstandsmitglied von Dritten zur direkten, persönlichen Haftung für sein Handeln herangezogen werden. Ohne darauf im Detail einzugehen, betrifft dies unter Anderem die Kridahaftung, die Haftung für Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge sowie die Haftung für verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände.

Haftungseinschränkung für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder
Eine wichtige Einschränkung der Haftung besteht für unentgeltlich, also ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder: diese haften nur für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten, eine Haftung für bloß leicht fahrlässiges Verhalten besteht nur dann, wenn die Vereinsstatuten dies vorsehen (dass die Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit bisweilen erhebliche Schwierigkeiten bereitet, sei hier nur am Rande erwähnt). In einer interessanten Entscheidung aus dem Jahr 2006 (OGH 11 Os 52/05i) sprach der Oberste Gerichtshof in Zusammenhang mit einem Profifußballverein jedoch aus, dass dieses „Haftungsprivileg“ dann nicht greift, wenn ein Verein einen großen Wirtschaftsbetrieb unterhält.

Haftungsbefreiung bei Vorliegen eines Generalversammlungsbeschlusses
Ein Vorstandsmitglied haftet nicht, wenn seine Handlung durch einen seinem Inhalt nach gesetzmäßigen und ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss eines zur Entscheidung statutengemäß zuständigen Vereinsorgans gedeckt ist, es sei denn, das Vorstandsmitglied hat dieses Organ irregeführt. Handelt das Vorstandsmitglied auf der Grundlage eines Generalversammlungsbeschlusses, ist es somit (in der Regel) von der Haftung befreit. Diese Haftungsbefreiung greift jedoch nicht gegenüber geschädigten Vereinsgläubigern.

Haftungsbefreiung bei Ressortverteilung
Der Vereinsvorstand muss zumindest aus zwei Personen bestehen. Es ist zulässig und unter Umständen auch sinnvoll, die Aufgabenbereiche der einzelnen Vorstandsmitglieder im Sinne einer Ressortverteilung festzulegen. Klarerweise trägt das jeweils zuständige Vorstandsmitglied für seinen eigenen Zuständigkeitsbereich die volle Verantwortung. Daneben besteht trotz Ressortverteilung die Pflicht der anderen Vorstandsmitglieder zur Überwachung und Kontrolle der gesamten Geschäftstätigkeit, bei deren Verletzung sie ersatzpflichtig werden können. Eine allgemeine Aussage zur Reichweite der Überwachungs- und Kontrollpflicht kann nicht getätigt werden. Die Vorstandsmitglieder müssen sich aber in jedem Fall im Rahmen der Vorstandssitzungen über die Tätigkeit der anderen Vorstandsmitglieder informieren und bei Auftauchen eines Verdachts auf Missstände aktiv werden.

Resümee
Der Verein ist eine schnell, einfach und kostengünstig zur gründende Organisationsform zur Verwirklichung eines gemeinsamen, ideellen Zwecks und erfreut sich in Österreich großer Beliebtheit. Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied bringt jedoch auch Verantwortung zu sorgfältigem Handeln mit sich, bei dessen Unterlassung das Vorstandsmitglied dem Verein und unter Umständen auch vereinsfremden Dritten schadenersatzpflichtig werden kann. Zur Minimierung des Haftungsrisikos empfiehlt sich jedenfalls die Beiziehung eines Rechtsanwalts – am Besten bereits bei Gründung des Vereins und der Erstellung der Statuten.


Autor: Sebastian Hütter (Linz)