Frankreich: Force Majeure und Wegfall der Geschäftsgrundlage in Frankreich

Wann entfällt die Pflicht zur Vertragserfüllung?

Zunächst ist es wichtig zu betonen, dass das französische Zivilgesetzbuch eine strenge Definition der höheren Gewalt (sog. Force Majeure) enthält. Nach dieser Definition liegt höhere Gewalt vor, wenn ein vom Willen des Schuldners unabhängiges Ereignis, das bei Vertragsschluss vernünftigerweise nicht vorhersehbar war und dessen Auswirkungen nicht durch geeignete Maßnahmen verhindert werden konnten, den Schuldner daran hindert, seine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Nur wenn eine solche Situation höherer Gewalt vorliegt und der Schuldner aufgrund einer solchen höheren Gewalt dauerhaft an der Erfüllung seiner Leistung gehindert wird, wird der Vertrag von Rechts wegen aufgehoben und die Parteien von ihren jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen befreit.

Wann kommt ein Rücktritt oder eine Anpassung des Vertragsverhältnisses in Betracht?

Für Verträge die nach dem 01.10.2016 in Kraft getreten sind, gilt: Wenn eine Änderung der Umstände, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar war, die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen für eine der Parteien übermäßig kostspielig macht, kann die Partei, die dieses wirtschaftliche Risiko nicht freiwillig übernommen hat, von ihrem Vertragspartner verlangen, dass der Vertrag neu verhandelt wird.

Für Verträge, die vor dem 01.10.2016 abgeschlossen wurden, gilt die oben geschilderte und mit der Reform des französischen Vertragsrechts von 2016 eingeführte Regelung nicht. Ein Anspruch auf Anpassung oder Neuverhandlung der Vertragsbestimmungen besteht bei diesen Verträge nur wenn der Vertrag eine Regelung enthält, die ausdrücklich eine Vertragsanpassung vorsieht (sog. clause d’Imprévision / Hardship-Klausel).

Wie können künftige Vertragsverhältnisse optimalerweise gestaltet werden?

Auf jeden Fall sollte eine Klausel, die den Verzicht auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des französischen Zivilgesetzbuchs über die sog. Imprévision vorsieht nicht akzeptiert werden. Darüber hinaus ist die gesetzliche Definition der höheren Gewalt nicht zwingend. Daher können die Vertragsparteien abweichend davon Fälle von Force Majeure vertraglich definieren und festlegen, was dann gelten soll, d.h. ob der Vertrag aufgehoben werden, vorzeitig zu einem bestimmten Datum enden, lediglich vorübergehend ausgesetzt oder gegebenenfalls mit modifizierten Konditionen fortgelten soll. Die für das jeweilige Vertragsverhältnis individuell passende Abwicklung in Fällen höherer Gewalt kann und sollte vertraglich geregelt werden.



Autor: Maurice Hartmann