Familienbonus Plus und Kindesunterhalt – Nachzahlungen drohen!

Seit 01.01.2019 sind der Kinderfreibetrag sowie die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten Geschichte und wurden vom Familienbonus Plus ersetzt. Nachdem daraufhin in der Fachwelt für gut ein Jahr großes Rätselraten darüber herrschte, welche Auswirkungen der Familienbonus Plus als Absetzbetrag auf den Kindesunterhalt hat, hat der Oberste Gerichtshof nunmehr in einer richtungsweisenden Entscheidung – zumindest für Minderjährige – klargestellt, wie sich der Familienbonus Plus auf den Kindesunterhalt auswirkt.

In den vergangenen knapp 20 Jahren waren in Folge einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bei der Unterhaltsbemessung stets der Bezug der Familienbeihilfe durch den betreuenden Elternteil sowie weitere steuerliche Absetzbeträge bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. In seiner Entscheidung 4 Ob 150/19s vom 11.12.2019 weicht der Oberste Gerichtshof nun radikal von der bisherigen Familienbeihilfenanrechnung bei Minderjährigen ab. Begründend führt dieser dazu im Wesentlichen aus, dass die Einführung des Familienbonus Plus und die damit einhergehende Steuerentlastung zu einer Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht geführt hat, weshalb die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag erfolgt. Aufgrund dieser Tatsache kommt der Oberste Gerichtshof zu dem Schluss, dass eine Anrechnung von Transferleistungen nicht mehr stattzufinden hat und der Familienbonus Plus sowie der Unterhaltsabsetzbetrag unterhaltsrechtlich neutral bleiben.

Zusammengefasst führt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes dazu, dass der Kindesunterhalt bei Minderjährigen nunmehr wieder alleine auf Grund der Prozentsätze zu bemessen sein wird. Darüber hinaus sind Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag im Rahmen der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage außer Acht zu lassen bzw. gegebenenfalls herauszurechnen.

Brisant ist die Entscheidung vor allem auch deshalb, weil sie bis zur Einführung des Familienbonus Plus am 01.01.2019 zurückwirkt. Nachdem sich in Folge des Wegfalls der Familienbeihilfenanrechnung in vielen Fällen schlussendlich ein höherer Unterhaltsanspruch der unterhaltsberechtigten Kinder ergeben wird, macht es für viele Kinder Sinn, den Unterhalt auch rückwirkend seit 01.01.2019 neu festsetzen zu lassen. Wenig erfreulich ist die Entscheidung somit für geldunterhaltspflichtige Elternteile, zumal hinkünftig vielfach mehr Unterhalt zu leisten sein wird und unter Umständen auch Nachzahlungen für das Jahr 2019 drohen.

Autoren: Birgit Leb & Johannes Hofmann