Exfrau erbt nicht – trotz Testament!

Mit dem Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 am 01.01.2017 hat es im österreichischen Erbrecht bekanntlich weitreichende Änderungen und Neuerungen gegeben. Mitunter hat der Gesetzgeber in § 725 ABGB nunmehr relativ deutlich klargestellt, dass mit der Auflösung (Scheidung) der Ehe zu Lebzeiten des Verstorbenen davor errichtete letztwillige Verfügungen, soweit sie den Exgatten betreffen, aufgehoben sind, es sei denn, dass der Verstorbene ausdrücklich das Gegenteil angeordnet hat. Auf den ersten Blick erscheint die neue Regelung durchaus zweckmäßig.

In der Entscheidung OGH 2 Ob 43/19s sah sich der 2. Senat des Obersten Gerichtshofes ein zweites Mal mit der Frage konfrontiert, welche Formerfordernisse eine ausdrückliche Anordnung im Sinne des § 725 Abs 1 ABGB erfüllen muss, damit eine letztwillige Verfügung auch über die Auflösung der Ehe hinaus noch bestehen bleibt.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hat sich der Erblasser nach der Ehescheidung wieder mit seiner Exfrau versöhnt. Nach einigen Jahren entstand sogar wieder eine freundschaftliche enge Beziehung zueinander, weshalb der Erblasser sowohl seiner Exfrau als auch mehreren Personen im Freundes- und Bekanntenkreis gegenüber bekräftigte, dass seine Exfrau nach dem während aufrechter Ehe errichteten gemeinsamen Testament auch weiterhin Alleinerbin sein soll.

Im Verlassenschaftsverfahren brachte die Exfrau vor, der Erblasser habe nach Auflösung der Ehe mehrfach gegenüber außenstehenden Dritten (mündlich) zum Ausdruck gebracht, dass sie alles erben werde. Damit sei der gemäß § 725 Abs 1 S 1 ABGB geforderten „Anordnung“ Genüge getan.

In seiner Entscheidung schließt sich der OGH (2 Ob 192/18a) ein weiteres Mal der herrschenden Lehre an und kommt zu dem Schluss, dass auch eine Anordnung im Sinne des § 725 Abs 1 ABGB den Formerfordernissen einer letztwilligen Verfügung entsprechen muss, weshalb bloß mündliche Bekräftigungen keinesfalls der geforderten Form entsprechen und die letztwillige Verfügung gemäß § 725 ABGB nicht mehr gültig ist. Nachdem gemäß § 725 Abs 1 ABGB nicht per se das gesamte Testament ungültig ist und gegenständlich der Neffe des Erblassers als Ersatzerbe genannt war, erbt die Exfrau nicht, während dem Neffen alles zukommt.

Will man als Erblasser – trotz der Scheidung der Ehe – auch weiterhin den Ehegatten letztwillig bedenken, so empfiehlt es sich, diesen Wunsch in einem neuen Testament oder in einer ausdrücklichen Anordnung im Sinne von § 725 Abs 1 ABGB unter Einhaltung der erforderlichen Formerfordernisse für letztwillige Verfügungen festzuhalten.

Für erb- und familienrechtliche Beratungen steht unsere Partnerin und Rechtsanwältin Dr. Birgit Leb, MBA gerne zur Verfügung.

Autoren: Birgit Leb & Johannes Hofmann