EuGH Judikatur zur Verjährung von Urlaubsansprüchen

In den letzten Monaten hat sich der EuGH mehrfach mit unterschiedlichen Fragen des Urlaubsrechts, insbesondere zu Urlaubsansprüchen bei Beendigung des Dienstverhältnisses und der Verjährung von Urlaubsansprüchen im aufrechten Dienstverhältnis, befasst. Die maßgebliche Rechtsgrundlage ist in diesem Zusammenhang die jeweils nationale Regelung sowie die Richtlinie RL 2003/88 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

Neben den Entscheidungen zu den Rechtssachen King, Bauer und Broßonn, ist insbesondere die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Kreuziger (C-619/16) vom 6. November 2018 beachtlich. Der EuGH hielt in dieser Entscheidung fest, dass ein Dienstgeber in Anbetracht des zwingenden Charakters des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub und angesichts des Erfordernisses, die praktische Wirksamkeit von Art 7 der RL 2003/88 zu gewährleisten, unter anderem verpflichtet ist, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Dienstnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun, und ihm - damit sichergestellt ist, dass der Urlaub ihm noch die Erholung und Entspannung bieten kann, zu denen er beitragen soll - klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugs- oder eines zulässigen Übertragungszeitraumes oder am Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn dies in einen solchen Zeitraum fällt, verfallen wird. Die Beweislast trägt insoweit der Dienstgeber. Kann der Dienstgeber nicht nachweisen, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um den Dienstnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, würde das Erlöschen des Urlaubsanspruches und - bei Beendigung des Dienstverhältnisses – das entsprechende Ausbleiben einer Urlaubsersatzleistung gegen Art 7 Abs 1 und Art 7 Abs 2 der RL 2003/88 verstoßen. Demnach trifft den Dienstgeber eine Aufklärungspflicht über die Verjährung von Urlaubsansprüchen und muss der Dienstgeber beweisen können, dass er dem Dienstnehmer den Verbrauch von Urlaub ermöglicht hat, um eine Verjährung zu ermöglichen.

Auswirkungen der Entscheidungen auf die österreichische Rechtslage

Nach österreichischem Recht, verjährt der Urlaubsanspruch grundsätzlich nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem der Urlaub entstanden ist (das ist in der Regel das Arbeitsjahr, bei entsprechender Vereinbarung kann dies aber auch das Kalenderjahr sein). Die Judikatur zu §4 Abs 5 UrlG gestand aber auch schon bisher – über den Wortlaut des Gesetzes hinaus – auch in anderen als den gesetzlich geregelten Fällen die Hemmung der Verjährung (zB in Krankheitsfällen) zu, wenn der Verbrauch des Urlaubs unmöglich ist.

Während die anderen genannten Entscheidungen des EuGH weniger direkte Auswirkungen auf das Urlaubsrecht haben, ist die aktuelle Entscheidung in der Sache Kreuziger (C-619/16) von erheblicher Relevanz für die Praxis. Die Grundsätze zur Verjährung von Urlaubsansprüchen aus der Entscheidung King hielt der OGH bereits in 8 ObA 47/18x (Verjährung des Urlaubs wegen Kündigungsanfechtung) fest. Für Fälle der „Scheinselbstständigkeit“ oder anderer Situationen, in denen der Verbrauch von bezahlten Urlaub nicht möglich ist oder in das Risiko des Dienstnehmers fällt, ist damit im Regelfall von der Unverjährbarkeit des Urlaubsanspruches auszugehen.

Aus der Entscheidung idS Kreuziger ergibt sich jedoch nun eindeutig, dass der Dienstgeber beweisen muss, dass er dem Dienstnehmer die Möglichkeit des Verbrauches von Urlaub eingeräumt hat und auf die mögliche Verjährung des Urlaubs hingewiesen hat. Es ist daher dringend zu empfehlen, die Mitarbeiter zeitgerecht zum Verbrauch des Urlaubs aufzufordern, eine Urlaubsplanung bekannt zu geben und über die Verjährung aufzuklären. Dies ist auch nachweisbar zu dokumentieren.

Zusammenfassung / Empfehlung

Der Dienstgeber ist verpflichtet, die Dienstnehmer über die Verjährung von Urlaubsansprüchen aufzuklären und muss beweisen können, dass er dem Dienstnehmer den Verbrauch von Urlaub zeitgerecht ermöglicht hat, um eine Verjährung des Urlaubsanspruches dem Grunde nach überhaupt geltend machen zu können.

Autor: Roland Heinrich