Erneut: OGH äußert sich zu Fitness-Studio-Verträgen

Verträge mit Fitness-Studios: Dauerbrenner für das Höchstgericht
Über rechtliche Aspekte von Verträgen mit Fitness-Studios haben wir schon im Jänner 2013 berichtet. Nunmehr hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) erneut mit einer derartigen Vereinbarung beschäftigt. Die Schlussfolgerungen des Höchstgerichts sind durchaus interessant und auch für andere Vertragstypen maßgeblich. Ausgangspunkt waren verschiedene Klauseln in einem Fitness-Studio-Vertrag, dessen wesentlicher Inhalt auf die Zurverfügungstellung von sog. „Power-Plate-Geräten“ gerichtet war, die von den Kundinnen nur unter der Anleitung von Trainern benutzt werden dürfen. Hierfür war die Vereinbarung von Trainingsterminen erforderlich, wobei der Vertrag die Teilnahme an zwei Einheiten pro Woche inkludierte.

Qualifikation des Vertrages
Bei der Beurteilung des Vertrages sah der OGH die mietrechtlichen Elemente im Vordergrund, zu denen durch die Inanspruchnahme von begleiteten Trainingseinheiten dienstvertragliche Elemente hinzutreten. Das Fitness-Studio schulde aber keinen Erfolg, weswegen werkvertragliche Elemente keine besondere Rolle spielen.

Analoge Anwendung des § 15 KSchG?
Der Vertrag enthielt die Klausel, dass die auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vereinbarung erstmals zum Ablauf eines Jahres, danach jeweils zum Ablauf eines halben Jahres möglich sei. Für die Kündigung war eine zweimonatige Kündigungsfrist einzuhalten.

Nach § 15 KSchG kann ein Verbraucher Verträge, durch die sich der Unternehmer zur wiederholten Lieferung beweglicher körperlicher Sachen einschließlich Energie oder zu wiederholten Werkleistungen und der Verbraucher zu wiederholten Geldzahlungen verpflichten und die für eine unbestimmte oder eine ein Jahr übersteigende Zeit geschlossen worden sind, kann unter Einhaltung einer zweimonatigen Frist zum Ablauf des ersten Jahres, nachher zum Ablauf jeweils eines halben Jahres kündigen. Dabei handelt es sich um eine Schutzbestimmung, die den Verbraucher bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen vor schwer auflösbaren überlangen Vertragsbindungen schützen soll.

Im Verfahren war streitig, ob diese dem § 15 KSchG inneliegenden Wertungen für die Beurteilung der zulässigen Höchstbindungsdauer heranzuziehen seien. Immerhin verbietet § 6 (1) Z 1 KSchG eine überlange Vertragsbindung eines Verbrauchers.

Der OGH stellte klar (5 Ob 205/13b), dass eine analoge Anwendung des § 15 KSchG auf Verträge, die darin nicht ausdrücklich angesprochen sind, nicht zulässig ist. Zudem können die Wertungen des § 15 KSchG nicht in die Beurteilung von Dauerschuldverhältnissen nach § 6 (1) Z 1 KSchG einfließen. Dies deswegen, „weil die Übernahme von Wertungen einer gesetzlichen Bestimmung auf Sachverhalte, die nach dem klaren Gesetzeswortlaut davon ausgenommen sind, im Ergebnis einer Analogie nahe kommt“. Eine gesetzliche Lücke, die eine analoge Anwendung einer Regelung rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Der Fitness-Studio-Vertrag sei eben kein Werkvertrag und unterliege demgemäß nicht dem § 15 KSchG. Eine analogiefähige Lücke sei nur dort anzunehmen, „wo das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie unvollständig und ergänzungsbedürftig ist.“

Dauer der zulässigen Vertragsbindung: Bedeutung des unternehmerischen Risikos
Die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer ein Verbraucher an einen Vertrag gebunden sein darf, richtet sich laut OGH nach der Art des Geschäfts und den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen. Die sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers an einen Vertrag kann sich etwa aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, aufgrund des Umfangs seiner Investition und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Risiko, „für länger klare Verhältnisse zu schaffen“. Trifft daher ein Unternehmer eine Investitionsentscheidung, die beträchtliches Kapital über einen längeren Zeitraum bindet und häufig die Verwendung von Fremdmitteln einschließt, übernimmt er als Initiator und Investor gewöhnlich ein hohes wirtschaftliches Risiko. Das erfordere längere Bindungsfristen seiner Vertragspartner, weil die Investitionsentscheidung erst dann in ihren vorhersehbaren Auswirkungen zur Beschränkung des kaufmännischen Risikos kalkulierbar wird. Die in Rede stehende Klausel bewertete der OGH letztlich als rechtlich korrekt.

Fazit
Die Frage, ob und inwieweit eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, die durch eine Analogie auf eine gesetzliche Regelung auch für Fälle zu schließen ist, die den gesetzlich geregelten Fällen nahe kommen, ist in der Praxis ein häufiges und regelmäßig schwieriges Thema. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles und vor allem deren jeweilige Bewertung an. Gegenständlich hat der OGH (im Ergebnis mE zu Recht) die analoge Anwendung des § 15 KSchG erneut abgelehnt. Dem Gesetzgeber darf nicht - gleichsam „ohne Not“ - unterstellt werden, ungewollt Gesetzeslücken zu produzieren.

Dass das unternehmerische Risiko bei der Frage der Angemessenheit einer Vertragsdauer im Bereich B2C eine derart bedeutende Rolle spielt, kann man durchaus kritisch sehen. Immerhin ist das unternehmerische Risiko eines, das jeder Unternehmer zu tragen hat, also auch derjenige, der geringeren Investitionsbedarf hat oder keine Fremdmittel in Anspruch zu nehmen braucht. Diese rein „innere“ Angelegenheit des Unternehmers ist für den Verbraucher in der Regel ja nicht transparent. Damit wird Gleiches unter Umständen ungleich behandelt. Aus Unternehmersicht sind die Überlegungen des OGH freilich durchaus zu begrüßen.

Euphorie ist da wie dort nicht angebracht. Zudem ist vor generellen Schlussfolgerungen zu warnen. Nach wie vor bleiben die wesentlichen Fragen nämlich von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Vertrages und dessen Interpretation abhängig - im Anlassfall immer wieder eine große Herausforderung ...


Autor: Alexander Wöß (Linz)