Die Rückforderung der Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkrediten

Deutschland: Der BGH (Bundesgerichtshof) erklärte vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Verbraucher und einem Kreditinstitut für unwirksam.

Der deutsche BGH hat darüber hinaus mit den Entscheidungen XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16 die Geltung dieser Entscheidungen auch auf Kreditverträge von Unternehmern bestätigt. Wobei eine solche nur innerhalb der 3-jährigen Verjährungsfrist möglich ist.


Inhaltsübersicht


Hintergrund

Mit den Entscheidungen XI ZR 170/13 und XI ZR 405/12 hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über eine Bearbeitungsgebühr in Kreditverträgen zwischen einem Verbraucher und einem Kreditinstitut unwirksam sind.

Bei den vorformulieren Klauseln handle es sich nach Ansicht des BGH um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der richterlichen Inhaltskontrolle iSd § 307 BGB unterliegen und dieser im Ergebnis nicht standhielten. Es handle sich dabei um Kosten, die noch vor Vertragsabschluss unter anderem für die Bonitätsprüfung bzw. die Führung von Vertragsgesprächen entstehen und ausschließlich im Interesse des Kreditinstitutes liegen. Seitens der Bank werde keine gesonderte Dienstleistung erbracht und habe diese zur Deckung ihrer anfallenden Kosten den laufzeitabhängigen Zins heranzuziehen. Durch die Überwälzung dieser Kosten komme es entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden. Mit den Entscheidungen XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16 weitete der BGH dies auch auf Kreditverträge von Unternehmern aus und haben auch diese einen identen Rückforderungsanspruch.

Rechtslage in Österreich

Ausgehend von der Rechtsprechung des deutschen Höchstgerichtes strebte der Verein für Konsumenteninformationen (VKI) auch in Österreich zwei ähnlich gelagerte Verfahren an.

  1. Zum einen klagte dieser die Bank für Tirol und Vorarlberg AG vor dem LG Innsbruck wegen der Verwendung der Klausel: „Konsumkredit: Bearbeitungsentgelt 2,50 %“ und „hypothekarisch besicherte Verbraucherkredite: Bearbeitungsentgelt 1%“. Diese Klauseln seien iSd § 879 Abs 3 ABGB jedenfalls nichtig. Die gröbliche Benachteiligung läge zum einen darin, dass sich die entsprechende Bearbeitungsgebühr unabhängig vom tatsächlichen Bearbeitungsaufwand des Kreditinstitutes prozentuell am gewährten Kreditbetrag orientiere. Zum anderen lägen die Kosten im Interesse beider Parteien und wäre sohin eine Teilung der Kosten angemessen. Das Landesgericht Innsbruck entschied im Sinne des VKI und folgte dessen Argumentation. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Kreditverträge mit einer höheren Kreditsumme zwingend einen höheren Bearbeitungsaufwand nach sich ziehen.„Einmalige Bearbeitungsgebühr in der Höhe von EUR 6.000,00“.
  2. Im zweiten Verfahren klagte der VKI vor dem LG St. Pölten die Hypo NOE Landesbank AG wegen der Verwendung der Klausel Die konkrete Benachteiligung läge darin, dass der verwendete Begriff „Bearbeitungsgebühr“ einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG darstelle, wonach eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam sei, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Die Einhebung der Bearbeitungsgebühr in voller Höhe bei Vertragsabschluss anstelle einer Miteinberechnung in den Sollzinssatz würde zu einer gröblichen Benachteiligung des Verbrauchers führen. Auch hier folgte das Landesgericht St. Pölten der Argumentation des VKI und führte unter anderem aus, dass aus der undifferenzierten Verwendung „einmalige Bearbeitungsgebühr“ nicht abzuleiten sei, welche Leistungen des Kreditinstitutes, gegebenenfalls über welchem Zeitraum, umfasst seien und beurteilte die Klausel sohin als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Anders als in Deutschland sind in Österreich Zusatzentgelte für typische Nebenleistungen bei Verbraucherkrediten nicht von vornherein unzulässig. Meist ist die Kreditvertragsgebühr zahlenmäßig in Form eines Absolutbetrages beschrieben. Nach den Gesetzesmaterialien haben Vertragsparteien bei der Gestaltung des Entgelts grundsätzlich freie Hand. Der OGH (6 Ob 13/16d) bewertete die Kreditbearbeitungsgebühr als vertragliche Hauptleistung, die nicht gegen § 879 Abs. 3 ABGB verstoße.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Lexitor Entscheidung (C-388/18) klargestellt, dass das in Artikel 16 Abs. 1 Verbraucherkredit-Richtlinie verankerte Recht auf teilweise Rückzahlung der geleisteten Gesamtkosten bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredites auch laufzeitunabhängige Kosten (z.B. Kreditbearbeitungsgebühr) betreffe. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der Kreditgeber mittels höherer Einmalzahlungen laufzeitabhängige Kosten auf ein Minimum reduziere.

Der österreichische Gesetzgeber hat Artikel 16 Abs. 1 Verbraucherkredit-Richtlinie mit dem § 16 VKrG ins nationale Recht umgesetzt. In § 16 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 VKrG ist jedoch nur die verhältnismäßige Reduktion von laufzeitabhängigen Kosten beinhaltet. Laufzeitunabhängige Kosten – wie Provisionen oder Bearbeitungsgebühren – umfasste der Wortlaut nicht. In der Lehre wurde einhellig darauf hingewiesen, dass die damit erfolgte Abgrenzung zwischen laufzeitabhängigen und laufzeitunabhängigen Kosten missbrauchsanfällig sei. Auch laufzeitunabhängige Kosten, die die Funktion eines Entgeltes für die Kapitalnutzung haben, sollten daher bei der Berechnung der Gesamtkostenermäßigung ebenfalls auf diese verteilt und verhältnismäßig reduziert werden.

Nach Ansicht des OGH (6 Ob 13/16d) und der Lehre war der Zinsbegriff des § 16 VKrG so weit auszulegen, dass darunter auch laufzeitunabhängige Kosten fallen. Der OGH (6 Ob 13/d) hat sich der Lehrmeinung angeschlossen, indem er eine einmalige Kreditbearbeitungsgebühr als kreditvertragliches Entgelt beurteilte. Dies führte dazu, dass diesen laufzeitunabhängigen Kosten die Funktion eines Entgelts bzw. Zinsen zukommt, sodass diese im Zuge der Berechnung der Gesamtkostenermäßigung verhältnismäßig auf diese zu verteilen und aliquot zu reduzieren sind. Durch die Ermäßigung muss der Verbraucher so gestellt werden, wie er stünde, wenn statt der Bearbeitungsgebühr ein entsprechend höherer Sollzinssatz vereinbart worden wäre.

Für Verbraucherkredite die seit der Lexitor Entscheidung abgeschlossen wurden, reagierte der österreichische Gesetzgeber so, dass in § 16 Abs. 1 VKrG nur mehr von „Kosten“ gesprochen wird. Daher sind bei vorzeitiger Rückzahlung von nach der genannten Entscheidung geschlossenen Kreditverträgen nun alle Kosten anteilig zu ermäßigen. Wie für Altverträge zu entscheiden ist, ließ der Gesetzgeber offen. Das Oberlandesgericht Wien (3 R 17/21y) hat jüngst entschieden, dass eine richtlinienkonforme Interpretation angezeigt sei: Die Interpretation des „alten“ Rechtes würde demzufolge zu dem identen Ergebnis führen wie die Novelle des § 16 Abs. 1 VKrG und somit auch Altverträge umfassen. Eine rechtskräftige Entscheidung des OGH liegt bis dato nicht vor.

Der österreichische Gesetzgeber entschied sich mit der oben genannten Novelle dazu auch die Formulierung in § 20 Abs. 1 HIKrG (Hypothekar und Immobilienkreditgesetz) auf „Kosten“ zu ändern. Auch hier ist somit die anteilmäßige Reduzierung laufzeitunabhängiger Kosten angezeigt. Die Letztentscheidung darüber ob nunmehr auch bei Neuverträgen laufzeitunabhängige Kosten verhältnismäßig zu ermäßigen sind, übertrug der Gesetzgeber an den EuGH. Auch der OGH hat die Frage nach der Auslegung der WIKrRL (Wohnimmobilien Richtlinie) an den EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Schlussfolgerung

Im Ergebnis kann § 16 Abs. 1 Satz 3 VKrG dahingehend ausgelegt werden, dass auch laufzeitunabhängige Kosten – bei vorzeitiger Kreditrückzahlung – verhältnismäßig zu reduzieren sind. Durch die Novelle des § 16 Abs. 1 VKrG sind daher bei vorzeitiger Rückzahlung von Neuverträgen alle und daher auch laufzeitunabhängige Kosten in Form von Bearbeitungsgebühren, anteilig zu ermäßigen und zurückzuzahlen. Wie dies bei „Altverträgen“ und Verträgen nach dem HIKrG zu erfolgen hat bleibt abzuwarten, ebenso die finale Auslegung der WIKrRL.

Autor:
Wolfgang Kronawetter