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Arbeitszeitbetrug: Rechtliche Konsequenzen & Präventionsmaßnahmen

Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn Arbeitszeit bewusst falsch erfasst oder Arbeitszeit für private Zwecke genutzt wird. Arbeitgeber müssen hiernach im Einzelfall abwägen, welche Maßnahmen rechtlich zulässig und angemessen sind. Arbeitnehmer riskieren bei Arbeitszeitbetrug nicht bloß Abmahnungen, sondern gegebenenfalls auch eine Entlassung und schlimmstenfalls sogar strafrechtliche Konsequenzen.


Inhalt


Was ist Arbeitszeitbetrug?

Arbeitszeitbetrug bezeichnet die vorsätzliche Manipulation der Arbeitszeit oder die private Nutzung bezahlter Arbeitszeit ohne Erlaubnis bzw Genehmigung des Arbeitgebers. Dazu gehören falsche Einträge in Zeiterfassungssysteme, zu lange Pausen ohne Meldung, das Stempeln durch Kollegen oder private Tätigkeiten während der Arbeitszeit. Ebenso zählt dazu, wenn Arbeitnehmer im Homeoffice am Computer eingeloggt sind, ohne tatsächlich zu arbeiten.

Rechtliche Grundlage: Arbeitszeitbetrug fällt in erster Linie unter das Arbeitsrecht, kann aber – je nach Schwere und Art des Verstoßes – auch verwaltungsrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:

  • Arbeitsrechtlich: Nach ABGB und AngG (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, Angestelltengesetz) schulden Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung gegen Entgelt. Wenn ein Mitarbeiter Arbeitszeit vortäuscht, verletzt er diese Hauptpflicht. Arbeitszeitbetrug kann nach § 27 AngG bzw § 82 GewO 1859 eine Entlassung nach sich ziehen.
  • Zivilrechtlich: Wird Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer nur vorgetäuscht, fehlt ein Rechtsgrund für das Entgelt. Nach § 1431 ABGB können Arbeitgeber dieses Gehalt zurückfordern.
  • Strafrechtlich: In schweren Fällen greift § 146 StGB (Betrug): Wer durch Täuschung über Arbeitszeit einen Vermögensvorteil erschleicht, macht sich strafbar. Liegen gar Fälschungen oder Manipulationen von Arbeitszeitaufzeichnungen vor, kann sich der Arbeitnehmer nach § 223 StGB (Urkundenfälschung) strafbar machen.

Wichtig: Der Vorsatz ist entscheidend. Nur wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich falsche Angaben macht oder vorsätzlich private Tätigkeiten als Arbeitszeit darstellt, spricht man von Arbeitszeitbetrug. Hat der Arbeitnehmer einmal vergessen, sich auszustempeln oder falsche Pausenangaben gemacht, liegt eine Pflichtverletzung vor, aber keine strafbare Handlung. Arbeitgeber müssen zwischen einmaligen Fehlern und systematischen Vortäuschen von Arbeit unterscheiden.

Die häufigsten Formen von Arbeitszeitbetrug

Arbeitszeitbetrug hat unterschiedliche Facetten. Während manche Methoden harmlos wirken, ergeben sie in Summe einen hohen Vertrauensbruch. Andere Methoden wiederum sind als Täuschung klar erkennbar:

  • Falsche Zeiterfassung: Falsche Zeiterfassung liegt vor, wenn Mitarbeiter Arbeitsbeginn oder Arbeitsende absichtlich falsch dokumentieren oder digitale Systeme manipulieren. Beispiel: Ein Mitarbeiter stempelt sich um 8.00 Uhr ein, erscheint aber erst 8.30 Uhr am Arbeitsplatz. Anderes Beispiel: Ein Mitarbeiter bittet einen Kollegen, für ihn aus- und einzustempeln, während er gar nicht im Betrieb ist.
  • Private Internetnutzung während der Arbeitszeit: Private Internetnutzung während der Arbeitszeit liegt vor, wenn ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit online Aktivitäten nachgeht, die nichts mit seinen Aufgaben zu tun haben. Beispiel: Eine Mitarbeiterin verbringt täglich 45 Minuten im Online-Shopping oder Social Media, anstatt ihre vereinbarten Tätigkeiten zu erledigen.
  • Unerlaubtes Verlassen des Arbeitsplatzes: Unerlaubtes Verlassen des Arbeitsplatzes liegt vor, wenn Mitarbeiter den Betrieb ohne Abmeldung oder Genehmigung verlassen und die Abwesenheit als Arbeitszeit erfassen. Beispiel: Ein Angestellter erledigt regelmäßig private Einkäufe während der Arbeitszeit, ohne sich abzumelden.
  • Verlängerte Pausen ohne Abmeldung: Verlängerte Pausen ohne Abmeldung liegen vor, wenn Mitarbeiter ihre Pausenzeiten über das zulässige Maß hinaus ausdehnen oder zusätzliche Pausen einlegen, ohne diese zu dokumentieren. Beispiel: Ein Mitarbeiter nutzt seine Mittagspause nicht nur 30, sondern 60 Minuten, kehrt verspätet zurück und trägt die gesamte Zeit als reguläre Arbeitszeit ein.
  • Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit: Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Mitarbeiter eine Krankheit nur vorgeben, um der Arbeit fernzubleiben oder während der Krankschreibung privaten Tätigkeiten nachgehen, die mit einer Arbeitsunfähigkeit unvereinbar sind. Dabei beziehen sie Entgeltfortzahlung. Beispiel: Eine Mitarbeiterin meldet sich krank, verbringt die Zeit jedoch in einem Nebenjob. Damit täuscht sie den Arbeitgeber vorsätzlich über ihre tatsächliche Arbeitsfähigkeit.

Rechtliche Konsequenzen für Arbeitszeitbetrug

Arbeitgeber müssen einerseits abwägen, welche Maßnahmen bei Arbeitszeitbetrug im konkreten Fall rechtlich zulässig und gleichzeitig angemessen sind. Entscheidend sind dabei immer die Umstände, der Nachweis des Fehlverhaltens und die Schwere des Vertrauensbruchs.

Ermahnung oder Abmahnung

Bei geringfügigem Arbeitszeitbetrug droht in der Regel eine Ermahnung oder Abmahnung, weil es sich um eine Pflichtverletzung handelt, die das Vertrauen zwar belastet, aber noch nicht endgültig zerstört. Eine Abmahnung erfüllt eine Warnfunktion, die zeigt, dass der Arbeitgeber das Verhalten nicht toleriert und im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen zieht. 

Beispiel: Ein Mitarbeiter vergisst wiederholt, Pausen korrekt einzutragen. Er handelt nicht in großem Umfang täuschend, doch es entsteht ein Handlungsmuster. Hier ist eine Abmahnung gerechtfertigt.

Ordentliche Kündigung

Bei wiederholtem oder systematischem Arbeitszeitbetrug droht eine ordentliche Kündigung, weil durch das Verhalten des Mitarbeiters das Arbeitsverhältnis dauerhaft belastet ist. Eine ordentliche Kündigung ist jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen- bzw. kollektivvertraglichen Kündigungsfristen möglich. Sie setzt keinen „wichtigen Grund“ voraus, wird aber oft durch betriebliches Fehlverhalten motiviert. Unter Umständen kann auch eine Schadensersatzforderung erfolgen. 

Beispiel: Eine Mitarbeiterin nutzt regelmäßig die Arbeitszeit für längere private Erledigungen, obwohl sie bereits einmal abgemahnt wurde. Das wiederholte Fehlverhalten rechtfertigt eine ordentliche Kündigung.

Wichtig: Bei jeder Form von Kündigung ist eine sorgfältige Dokumentation ratsam, die einen Vorsatz nachweisen kann. Ansonsten könnte der Arbeitnehmer Erfolgschancen bei einer Kündigungsanfechtung haben.

Fristlose Kündigung (Entlassung) oder Schadensersatz

Bei schwerem Arbeitszeitbetrug droht eine Entlassung oder sogar eine Schadensersatzforderung, da die Vertrauensbasis zerstört ist und eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wäre. Nach § 27 AngG liegt ein Entlassungsgrund vor, wenn der Arbeitnehmer im Dient untreu ist und/oder sich der Arbeitnehmer einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt. Hierzu zählt das vorsätzliche Manipulieren von Arbeitszeitaufzeichnungen oder Krankheitsvortäuschen. Auch hier sind Schadensersatzforderungen denkbar.

Beispiel: Ein Mitarbeiter manipuliert über Monate hinweg die digitale Zeiterfassung, um Überstunden vorzutäuschen. Dadurch entsteht ein finanzieller Schaden im vierstelligen Bereich. Eine fristlose Kündigung sowie Schadensersatzforderungen sind hier gerechtfertigt.

Prävention: So können Arbeitgeber Arbeitszeitbetrug vermeiden

Schaffen Sie Rahmenbedingungen, um Arbeitszeitbetrug zu vermeiden. Dazu zählt vor allem ein klarer und bestimmter, aber auch auf Augenhöhe stattfindender Austausch.

  • Klare Arbeitszeit-Richtlinien: Definieren Sie klare Regeln, damit die Arbeitszeiten transparent bleiben und keine Missverständnisse entstehen. Legen Sie Pausenzeiten verbindlich fest und kommunizieren Sie, dass längere private Aktivitäten (telefonieren, chatten, Internet nutzen) nicht erlaubt sind. Halten Sie diese Regelungen in Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen fest, damit Sie sich im Streitfall darauf berufen können.
  • Moderne Zeiterfassungssysteme: Nutzen Sie digitale Lösungen, mit denen Sie Zeiten nachvollziehbar und revisionssicher dokumentieren. Es eignen sich digitale Stempeluhren oder Apps. Automatische Plausibilitätsprüfungen erkennen ungewöhnliche Arbeitszeiten oder fehlende Pausen.
  • Vertrauenskultur vs. Kontrolle: Zu viel Überwachung zerstört das Arbeitsklima. Schaffen Sie eine Balance zwischen aufrichtigem Austausch und Kontrollen. Erklären Sie, ihren Mitarbeitern, warum Arbeitszeiten überprüft werden und sprechen Sie Unklarheiten offen an. Binden Sie den Betriebsrat in die Planung aller Maßnahmen mit ein. 

Fazit

Als Arbeitgeber müssen Sie jeden Fall von abweichenden Arbeitszeiten sorgfältig prüfen und zwischen einmaligen Fehlern und vorsätzlichem Betrug unterscheiden. Systematische Manipulationen und somit schwerer Arbeitszeitbetrug können Unternehmen finanziell belasten. 

Um rechtlich wasserdicht zu handeln und Fehler zu vermeiden, empfiehlt sich eine fachliche Beratung. Das gilt insbesondere, wenn es um heikle Maßnahmen wie Kündigungen, Entlassungen oder Schadensersatzforderungen geht. Eine rechtliche Begleitung ist jedoch nicht nur im Ernstfall wichtig: Auch bei der Prävention unterstützt Sie rechtliche Beratung dabei, klare Arbeitszeitregelungen und Betriebsvereinbarungen zu schaffen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Zählt Rauchen während der Arbeitszeit als Betrug?

Rauchen zählt nicht automatisch als Arbeitszeitbetrug. Kritisch wird es, wenn Mitarbeiter die Pausen deutlich überziehen oder besonders häufig das Büro verlassen, ohne die Zeit abzumelden oder ohne ausdrückliche Erlaubnis erhalten zu haben.

Ab wann droht bei Arbeitszeitbetrug eine Entlassung?

Eine Entlassung droht in der Regel, wenn Arbeitszeitbetrug trotz Abmahnung wiederholt stattfindet oder wenn dadurch ein erheblicher finanzieller Schaden entsteht. Auch vorgetäuschte Krankheit rechtfertigt unter Umständen nach § 27 AngG eine Entlassung.

Wie hoch sollte die Toleranzgrenze bei Arbeitszeit sein?

Eine gewisse Toleranz gehört zum Arbeitsalltag. Kleine Verstöße wie ein vergessener Zeitstempel oder ein kurzer privater Anruf gelten rechtlich meist nicht als kündigungsrelevant.

Was sollten Mitarbeiter bei Verdacht von Arbeitszeitbetrug von Kollegen machen?

Mitarbeiter sollten Auffälligkeiten möglichst sachlich dokumentieren und sich an ihre Vorgesetzten oder die Personalabteilung wenden.