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Gläubigerschutz im Insolvenzrecht

Der Gläubigerschutz verfolgt den Zweck, Gläubiger im Insolvenzverfahren vor einem Forderungsausfall zu schützen. Im folgenden Abschnitt haben wir die wichtigsten Fragen zum Gläubigerschutz für Sie zusammengefasst:


Inhaltsübersicht


Gläubigerschutz: Definition 

Unter dem Begriff „Gläubigerschutz“ versteht man alle Maßnahmen und Vorschriften, die zum Schutz von Gläubigern vor einem Forderungsausfall getroffen werden. 

Unter Gläubiger versteht man jene Parteien, die eine Leistung für andere (Schuldner) erbracht haben und denen dafür eine entsprechende Entlohnung zusteht. Gläubiger können Kapitalgeber (Eigen- oder Fremdkapitalgeber), Lieferanten und sonstige Dienstleister, Vermieter, aber auch Arbeitnehmer sowie öffentlich-rechtliche Gläubiger, wie etwa Finanzbehörden, Gemeinden oder Krankenkassen sein. 

Der Grund, wieso Gläubiger geschützt werden müssen, ist der, dass ein funktionierendes Wirtschaftssystem auf einem gewissen Regelwerk aufgebaut sein muss: Für eine erbrachte Leistung gibt es eine entsprechende Gegenleistung. Ist dies nicht durch entsprechende Schutzmechanismen gewährleistet, kann eine allgemeine Vertragsfreiheit nicht funktionieren. Welche Regeln im Einzelfall zur Anwendung kommen, hängt von der Art der Schuldner-Gläubiger-Beziehung ab (Arbeitsrecht, Handelsgesetzbuch, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Insolvenzordnung etc.). 

Welche Risiken geht ein Gläubiger ein?

Mit Erbringung einer Leistung gehen Gläubiger meist folgende Risiken ein: ein Informationsrisiko, ein Insolvenzrisiko, ein Verlustrisiko und / oder ein Risiko der Nichterfüllung. 

  • Informationsrisiko: 
    Liegt dann vor, wenn der Gläubiger in Unkenntnis über gewisse Informationen bezüglich des Schuldners ist (bspw. über seine Bonität). 
  • Insolvenzrisiko: 
    Bezeichnet die Gefahr, dass der Schuldner aufgrund seiner schlechten finanziellen Situation seine Schulden nicht mehr begleichen kann und Insolvenz anmelden muss. 
  • Verlustrisiko: 
    Kommt es wirklich so weit, dass der Schuldner einen Insolvenzantrag stellt, erfolgt eine quotenmäßige Aufteilung der zurückzuzahlenden Schulden. Der Gläubiger erhält somit nur einen Teil seiner offenen Forderungen ausbezahlt oder kann im schlechtesten Fall komplett leer ausgehen. 
  • Risiko der Nichterfüllung: 
    Kommt dem Verlustrisiko sehr ähnlich und stellt quasi dessen Vorstufe dar (Schuldner ist zahlungsunfähig und begleicht die Forderung des Gläubigers nicht).

Gläubigerschutz bei Insolvenz des Schuldners

Schlittert der Schuldner in die Insolvenz, gibt es in puncto Gläubigerschutz besondere Regeln zu beachten. Ab Insolvenzeröffnung etwa ist eine Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger nicht mehr möglich; er muss seine Forderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend machen. Damit es seitens des Schuldners zu keiner Verschleierung von Vermögenswerten kommt (etwa durch Schenkung oder Übertragung von Vermögen an Familienmitglieder), wird ein Insolvenzverwalter gerichtlich angeordnet, der ebensolches Verhalten zugunsten des Gläubigerschutzes verhindern wird. Darüber hinaus hat der Schuldner laut Insolvenzordnung gewisse Pflichten zu erfüllen, bei deren Nichtbeachtung droht ihm etwa die Versagung der Restschuldbefreiung. 

Gläubigerschutz für Schuldner

Der Begriff des Gläubigerschutzes kann allerdings auch umgekehrt verstanden werden, nämlich als Schutz des Schuldners vor einem Zugriff der Gläubiger auf sein Vermögen. Wenngleich es in Österreich und Deutschland kein eigenes Gläubigerschutzverfahren gibt, werden Schuldner trotzdem geschützt. Während eines laufenden Insolvenzverfahrens etwa können Gläubiger nicht (mehr) per Zwangsvollstreckung auf die Vermögenswerte des Schuldners zugreifen. Für zahlungsunfähige Unternehmen gibt es die Möglichkeit des Schutzschirmverfahrens

Wichtig als Voraussetzung für den Gläubigerschutz ist es, dass der Schuldner nach bestem Wissen und Gewissen gewirtschaftet hat ( „Leistung nach Treu und Glauben“ laut BGB in Deutschland) und zu Geschäftsabschluss noch nicht in der prekären Lage war, die Forderung nicht begleichen zu können. Als präventive Maßnahme gilt im Gläubigerschutz auch, Sicherheiten (etwa Bürgschaften) vom Schuldner zu verlangen, bevor ein risikoreiches Geschäft eingegangen wird. 

Wie sieht ein Interessenausgleich zwischen Schuldner und Gläubiger aus?

Die Insolvenzordnung (IO) regelt im Rahmen eines Insolvenzverfahrens den Interessenausgleich zwischen dem Schuldner und dessen Gläubigern. Während das Interesse der Gläubiger ist, dass ihre offenen Forderungen vom Schuldner beglichen werden, ist das Interesse des Schuldners meist, schuldenfrei aus dem Verfahren auszusteigen und seine wirtschaftliche Situation wieder in den Griff zu bekommen. 

Da die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ja dazu geführt hat, dass er seinen offenen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann, wird im Insolvenzverfahren versucht, das noch vorhandene Vermögen etwa durch Pfändung zu verwerten und es auf die Gläubiger anhand einer Quotenregelung aufzuteilen. Damit dem Schuldner zumindest das Notwendigste zum Überleben bleibt, kann das Vermögen maximal bis zum Existenzminimum gepfändet werden. 

Gläubigerschutz beantragen ist per se in Österreich und Deutschland nicht möglich, da es hier kein eigenes Gläubigerschutzverfahren gibt; in der Schweiz, den USA und anderen Ländern jedoch schon. 

Welche Gläubigerschutzverbände gibt es in Österreich?

Ein Gläubigerschutzverband sammelt und publiziert auf Anfrage finanzielle Informationen zur Zahlungsfähigkeit eines Kreditnehmers. Banken und andere Finanzinstitute informieren sich vor Kreditvergabe über die Bonität ihrer Kunden, bevor sie sie in verschiedene Risikoklassen einteilen. 

In Österreich bekannt sind beispielsweise der Kreditschutzverband 1870, der Alpenländische Kreditorenverband, der Österreichische Verband Creditreform oder auch der Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer:innen

Gläubigerschutz: Beispiel 

Wenn sich ein Unternehmen präventiv vor einem möglichen Forderungsausfall des Schuldners schützen will, kann es bereits bei Vertragsabschluss auf Sicherheiten bestehen. Eine Bank etwa wird bei einer Kreditvergabe auf gewissen Sicherheiten wie Bürgschaften, Immobilien oder weitere Vermögenswerte bestehen. Kommt es tatsächlich zu einer Insolvenz des Schuldners, wird im Rahmen des Gläubigerschutzes ein Insolvenzverwalter bestellt, der sicherstellt, dass der Schuldner nicht einen oder mehrere seiner Gläubiger vorab befriedigt oder Vermögenswerte durch Schenkung in „Sicherheit“ bringt.

Fazit

Um ein funktionierendes Wirtschaftssystem zu garantieren, ist es unerlässlich, Schutzmechanismen und Regelwerke für Gläubiger aufzustellen, um sie vor einem Forderungsausfall zu schützen. Neben dem Informationsrisiko, dem Insolvenz- und dem Verlustrisiko können sie auch vom Risiko der Nichterfüllung betroffen sein. Um allzu große Schäden für Gläubiger im Vorfeld zu vermeiden, gibt es zum Gläubigerschutz mehrere Möglichkeiten, sowohl präventiv (zum Beispiel durch Bürgschaften) als auch während einer Insolvenz (durch Bestellung eines Insolvenzverwalters).  

Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zum Gläubigerschutz 

Warum sollen Gläubiger geschützt werden?

Das Risiko eines möglichen Forderungsausfalls begleitet Gläubiger ständig; deshalb sollen sie durch den Gläubigerschutz vor den gröbsten Ausmaßen (Abschreibung der gesamten Forderung) bewahrt werden. Da sie bei den meisten Transaktionen nicht vorab genauestens über die finanzielle Situation ihrer Vertragspartner (Schuldner) Bescheid wissen können, müssen sie ein gewisses Maß an Vertrauen an den Tag legen. Damit das Wirtschaftssystem auch weiterhin funktionieren kann, gilt es, denjenigen zu schützen, der eine Leistung erbracht hat und dafür eine Gegenleistung fordern kann. 

Wie lange kann ein Insolvenzverwalter Geld zurückfordern?

Dass ein Insolvenzverwalter bereits getätigte Geldleistungen von einem Gläubiger zurückfordern kann, regelt die Insolvenzordnung. Für den Fall, dass sowohl Schuldner als auch Gläubiger zum Zeitpunkt der Zahlung von der drohenden Insolvenz wussten, kann die Rückforderung bis zu zehn Jahre gehen. Die genaue Dauer ist allerdings abhängig von der Art der Insolvenzanfechtung. Wie weit die vorab geleisteten Zahlungen zurückreichen, hängt von der Art des Vergehens ab (zwischen sechs Monaten und zehn Jahren).

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