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Alles über das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) in Österreich

Die Bauindustrie, das Baugewerbe und artverwandte Betriebe sind von Witterungsverhältnissen abhängig, besonders die Wintermonate sorgen für Bauunterbrechungen. Diese Umstände führen vermehrt zu Unterbrechungen der Arbeitsverhältnisse und erhöhtem Arbeitgeberwechsel. Dadurch sehen sich Arbeitnehmende Nachteilen hinsichtlich Urlauben und Abfertigungen ausgesetzt. Das Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) soll diese Nachteile ausgleichen und bestimmt besondere Pflichten für Betriebe im Baugewerbe und der Bauindustrie. Im folgenden Artikel erfahren Sie alles zu diesen Verpflichtungen, Berechnungen der Abfertigung und Urlaubsansprüchen sowie Entschädigungen bei Schlechtwetter.


Inhaltsübersicht


Was regelt das BUAG?

BUAG ist die Abkürzung für "Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz" in Österreich. Dieses Gesetz wurde vor dem Hintergrund erlassen, dass die Ansprüche von Arbeitnehmenden im Baugewerbe und in der Bauindustrie gewahrt werden – insbesondere bezüglich Urlaub und Abfertigung. Arbeitgebende dieser sowie artverwandter Branchen haben besondere Pflichten einzuhalten.

Arbeitnehmende in Bauindustrie sehen sich folgenden Herausforderungen ausgesetzt:

  • Die Witterung (vor allem in den Wintermonaten) nimmt starken Einfluss auf die Arbeitsverhältnisse, was zu Unterbrechungen führen kann.
  • Das kann zu einem häufigen Arbeitgeberwechsel und zu Benachteiligung insbesondere hinsichtlich Urlaub und Verdienst führen. 

Das BUAG zielt darauf ab, diesen Nachteilen mittels gesetzlicher Sonderregelungen entgegenzuwirken. Es regelt konkret:

  • Abfertigung
  • Urlaub der Arbeitnehmenden
  • Überbrückungsgeld
  • Winterfeiertage
  • Einrichtung einer Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse

Neben dem BUAG regelt das BSchEG (Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz) die Modalitäten für Arbeitsausfälle wegen Schlechtwetter und die Zahlung einer Schlechtwetterentschädigung.

Achtung: Das BUAG greift nicht nur für Arbeitnehmende in der Bauindustrie und im Baugewerbe, auch Arbeitgeber in Gewerben mit ähnlichen Herausforderungen (beispielsweise Dachdeckerbetriebe, Tiefbohrbetriebe, Gipserbetriebe etc.) müssen das BUAG berücksichtigen.

Abfertigung nach dem BUAG

2003 trat die Abfertigung (neu) in Kraft, welche vorschreibt, dass Arbeitgeber monatliche Beiträge in einen Fonds einzahlen. Dieser Fonds ist auf jeden Arbeitnehmenden individuell zugeschnitten und steht für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder Pensionierung zur Verfügung – entweder als einmalige Auszahlung oder in Form von Raten. 

Die nachstehenden Ausführungen zur Abfertigung gelten grundsätzlich nur für Arbeitsverhältnisse, auf die das System Abfertigung neu nicht anwendbar ist. 

Unternehmen müssen die monatlichen Abfertigungsbeiträge an die BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse) entrichten. Bei den Zuschlägen handelt es sich um Tageszuschläge, die sich mit folgender Formel berechnen:

[(KV-Stundenlohn + 20 %) x 1,5] / 5

(KV steht für Kollektivvertrag)

Voraussetzung für den Erwerb dieses Abfertigungsanspruches seitens Arbeitnehmenden ist ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis von 156 Kalenderwochen (drei Jahre) beim selben Arbeitgeber. Alternativ liegt die Voraussetzung vor, wenn innerhalb eines Zeitraums von 156 Kalenderwochen in einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber mindestens 92 Beschäftigungswochen vor, wobei keine Arbeitsunterbrechung mehr als 22 Wochen andauern darf. Eine dieser beiden Voraussetzungen muss am 31.12.2005 erfüllt gewesen sein. 

Endet das Arbeitsverhältnis bzw. tritt der Arbeitnehmende in die Pensionierung ein, ist ein Antrag auf die Auszahlung der Abfertigung zu stellen. Voraussetzung ist, dass die Person sechs Monate lang in keinem vergleichbaren Arbeitsverhältnis stand. Die Höhe der Abfertigung wird auf Grundlage der anrechenbaren Beschäftigungswochen festgelegt und in Monatsentgelten berechnet. Diese sind gestaffelt, wobei 156 anrechenbare Beschäftigungswochen zwei Monatsentgelten und das Maximum von 1.300 Beschäftigungswochen (25 Jahre) zwölf Monatsentgelten entsprechen.

Überbrückungsgeld: Arbeitnehmende in BUAG-Berufen, die ab dem Alter von 58 Jahren in keinem Arbeitsverhältnis stehen und im Anschluss an den Bezug von Überbrückungsgeld einen Anspruch auf eine Alterspension oder auf Sonderruhegeld nach dem NSchG haben (und mindestens 520 Beschäftigungswochen ab dem 40. Lebensjahr sowie 30 ab dem 56. Lebensjahr), haben einen Anspruch auf Überbrückungsgeld

Urlaubsanspruch und -auszahlung nach dem BUAG

Die BUAK erstattet dem jeweiligen Arbeitgebende das Urlaubsentgelt für Arbeitnehmende. Voraussetzung dafür ist, dass Arbeitnehmende den Urlaub tatsächlich verbrauchen. 

  • Antrag: Arbeitgebende haben die Aufgabe, die Auszahlung des Urlaubsentgeltes (zuzüglich Urlaubszuschuss und Nebenleistungen) zu beantragen. Dazu muss der Betrieb das Formular "Urlaubsentgelteinreichung DienstgeberIn" an die BUAK (Landes- oder Regionalstelle) frühestens einen Monat vor Beginn des Urlaubs übersenden (online über das eBUAK-Portal möglich). 
  • Auszahlung: Nach Einreichung des Urlaubsentgelts erfolgt die Überweisung des Bruttoentgelts auf das Treuhandkonto des Betriebs, sofern ein solches eingerichtet wurde. Falls der Betrieb kein Treuhandkonto eingerichtet hat, leitet die BUAK den Nettobetrag an den Arbeitnehmenden weiter und überweist die SV-Beiträge sowie Nebenleistungen an alle zuständigen Empfangsstellen (Finanzamt, GKK usw.). 

Die Berechnung des Urlaubsanspruchs erfolgt in Abhängigkeit von der Gesamtanzahl der vorliegenden Beschäftigungswochen. Bei 52 Beschäftigungswochen in einem Kalenderjahr haben Arbeitnehmende Anspruch auf Urlaub von 30 Werktagen. Arbeitnehmende ab 1.040 Beschäftigungswochen (20 Jahre) haben Anspruch auf 36 Werktage Urlaub im Jahr.

Winterfeiertage

Aufgrund von Unterbrechungen von Arbeitsverhältnissen während des Winters haben Arbeitnehmende oft keinen Anspruch auf die entsprechenden Feiertagsentgelte. Um diesen Nachteil auszugleichen, sind Betriebe verpflichtet, den Arbeitnehmenden Zuschläge für die Winterfeiertage während der Sommermonate zu zahlen.

Falls Arbeitnehmende im Winter weiterbeschäftigt werden, erhalten die Betriebe eine Erstattung der eingezahlten Feiertagsentgelte. 

Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz

Das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz (BScheG) regelt Entschädigungen für Arbeitnehmende bei arbeitsbehindernder Witterung. Es tritt in Kraft, wenn:

  • Arbeitsbehindernde Witterungen derart stark und nachhaltig sind, dass sie von den Arbeitnehmenden nicht aufgenommen oder fortgesetzt werden können bzw. unzumutbar sind.
  • Die Folgewirkungen von arbeitsbehindernden Witterungen die Arbeit technisch unmöglich oder für Arbeitnehmende unzumutbar machen.

Zu den Witterungsfaktoren zählen konkret:

  • Kälte (ab -10°C bzw. gefühlten -10°C)
  • Hitze (ab 32,5°C)
  • Hoher Niederschlag
  • Schnee
  • Wind ab 30 km/h

Die Bedingungen sind stündlich zu betrachten, für die meisten Witterungsfaktoren (außer Hitze und Schnee) gilt: Ab drei nacheinander folgenden Stunden gilt für den gesamten Tag Schlechtwetter.

Die BUAK erhält von der Geosphere Austria stündlich und täglich pro Postleitzahl genaue Messdaten, anhand derer sie Schlechtwetterbedingungen ermittelt. Sie hat genaue Messkriterien pro Witterungsfaktor festgelegt. 

Pflichten des Betriebs bei Schlechtwetter

Die Entscheidung, ob die Arbeit bei Schlechtwetter unterbrochen wird, obliegt dem Betrieb (nach Anhörung des Betriebsrats). Ebenso entscheidet der Betrieb, wann die Arbeit wieder aufgenommen werden kann. 

Ebenso kann der Betrieb entscheiden, ob:

  • Arbeitnehmende eine zumutbare Ersatzarbeit leisten (bei vollem Entgelt).
  • Arbeitnehmende bis zu drei Stunden auf der Baustelle auf Besserung der Witterungsverhältnisse warten. Dazu müssen Arbeitnehmende entsprechend untergebracht werden.

Entscheiden sich Arbeitgebende für Schlechtwetterentschädigungen der BUAK, gehen Sie zum Erhalt der Entschädigung folgendermaßen vor:

  • Die Schlechtwetterentschädigung für die Arbeitnehmenden wird am Lohnzahlungstag als Entgelt mit dem Lohn ausgezahlt. Die Entschädigung beträgt 60% des Lohnes. 
  • Innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes stellt der Betrieb einen Online-Antrag bei der BUAK. 
  • Die BUAK erstattet die als Schlechtwetterentschädigung bezahlten Beiträge zurück. Zusätzlich erhält der Betrieb eine Pauschale in Höhe von 30% der Schlechtwetterentschädigung als Abgeltung für die währenddessen geleisteten Sozialabgaben.

Betriebe haben pro Arbeitnehmenden Anspruch auf 120 Schlechtwetterstunden in der Sommerperiode (1. Mai bis 31. Oktober) und auf 200 Schlechtwetterstunden in der Winterperiode (1. November bis 30. April). 

Pflichten und Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das BUAG

Betriebe haben im Sinne des BUAGs bzw. gegenüber der BUAK folgende Pflichten zu erfüllen:

Meldepflichten:

  • Beschäftigung der Arbeitnehmenden (unter Bekanntgabe aller für die Berechnung der Zuschläge maßgebenden Lohnangaben) sind innerhalb von zwei Wochen zu melden. Anschließend muss eine monatliche Folgemeldung eingehalten werden.
  • Wird eine Beschäftigung beendet, muss die BUAK unverzüglich informiert werden
  • Wenn nur vorübergehend und saisonbedingt keine Arbeitnehmenden beschäftigt werden, ist eine Leermeldung für einen Zeitraum von vier Monaten erforderlich.
  • Arbeitgebende müssen  neu beginnende Baustellen melden.
  • Unternehmen, die Bauaufträge weitergeben, müssen der BUAK Auskunft über diese Subunternehmen geben.

Einsichtsrecht:

  • Betriebe müssen der BUAK auf Verlangen Einsicht in sämtliche Lohnaufzeichnungen gewähren 
  • Die BUAK hat Einsichtsrecht in alle Unterlagen bezüglich des besonderen Kontos für Urlaubsentgelte.
  • Die BUAK darf alle Geschäftsunterlagen einsehen, um zu prüfen, ob ein Betrieb dem BUAG unterliegt.

Baustellenkontrollen:

  • BUAK-Bedienstete dürfen Baustellen und Aufenthaltsräume der Arbeitnehmenden betreten.
  • BUAK-Bedienstete können von allen Personen auf der Baustelle erforderliche Auskünfte einholen.
  • Der Betrieb muss BUAK-Bediensteten die erforderlichen Auskünfte erteilen und Einsicht in Unterlagen gewähren.

Betriebe, die den Melde-, Einsichts- und Baustellenkontrollen nicht nachkommen, müssen mit Verwaltungsstrafen rechnen. Die Höhe der Strafe variiert je nach Art und Schwere des Verstoßes. 

Kommt der Betrieb den Zuschlagszahlungen nicht oder unzureichend nach, werden diese nachgefordert. Zusätzlich können Sanktionen in Form von Verzugszinsen oder Verwaltungsstrafen verhängt werden. 

Rechtliche Beratung zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz

Sie möchten mehr zu zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) und seine Anwendungen aus Sicht von Betrieben wissen? Unser kompetentes Team berät Sie gerne und unterstützt Sie bei all Ihren Fragen. Nehmen Sie noch heute Kontakt auf!

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Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ)

Wie berechnet sich das Urlaubsentgelt nach dem BUAG?

Arbeitnehmende, die weniger als 1.040 Beschäftigungswochen (also 20 Jahre) geleistet haben, besitzen Anspruch auf 30 Urlaubs-Werktagen. Dabei stehen dem Arbeitnehmenden 64,935% Anteil des Zuschlags zu, den der Betrieb für den Arbeitnehmenden an die BUAK zahlt. Arbeitnehmende ab 1.040 Beschäftigungswochen haben Anspruch auf 36 Urlaubs-Werktage und erhalten 77,922% Anteil der einbezahlten Zuschläge.

Welche Betriebe fallen unter das BUAG?

Das BUAG in Österreich gilt für Betriebe der Bauindustrie und des Baugewerbes. Aber auch für andere Branchen, die in ähnlicher Weise von Witterungen abhängig sind, gelten BUAG und BSchEG. Hier ist jede Branche individuell zu betrachten, da nicht alle Regelungsbereiche (Urlaub, Abfertigung, Winterfeiertage, Schlechtwetterentschädigung) greifen.

Wie wirken sich gesetzliche Änderungen auf bestehende Verträge aus?

Änderungen des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes können die Anzahl der Mindesturlaubstage für Arbeitnehmende oder Abfertigungsregelungen (beispielsweise Berechnungsmethoden) umfassen. Eventuell können sie rückwirkend gelten. Betriebe sollten bei aufkommenden Fragen die BUAK kontaktieren.