Weg mit dem Kampfpreis

Öffentliche Aufträge werden fast ausschließlich nach dem niedrigsten Preis vergeben. Das Billigstbieterprinzip hat sich in der Praxis durchgesetzt, obwohl das Bundesvergabegesetz der Qualität und dem Bestbieter den Vorzug gibt. Der Zuschlag sollte eigentlich dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden. Dort liegt die Präferenz und der Billigstbieter dürfte nur in Ausnahmefällen zum Zug kommen.

Auftragnehmer sind indessen faktisch gezwungen, das Billigstbieterprinzip auszureizen. Sie müssen wahre Kampfpreise anbieten, um Aufträge zu erhalten. Die Preisspirale dreht sich nach unten. Die Qualität kommt zu kurz. Daran können auch kleine Kurskorrekturen nichts ändern. Es ist zB nicht zielführend, den Preis mit 98 % zu gewichten und als einziges Qualitätskriterium eine verlängerte Gewährleistungsfrist vorzusehen.

Die bevorstehende Novelle des Bundesvergabegesetzes bringt nachhaltige Verbesserungen. Auftraggeber werden in Zukunft in bestimmten Fällen verpflichtet sein, das Bestbieterprinzip anzuwenden.

Ein Beispiel aus der Baubranche: Der Auftraggeber beabsichtigt, einen Auftrag über EUR 50 Mio an den Billigstbieter zu vergeben. Die Ausschreibung löst einen geradezu ruinösen Wettbewerb aus. Es wird spekuliert. Die Bieter geben den Preisdruck an ihre Subunternehmer weiter. Wir denken an Lohn- und Sozialdumping. Und an Streit auf allen Ebenen. Letztlich deckt das Angebot des Billigstbieters gerade noch seine Kosten. Die Kalkulation ergibt einen Gewinn von 1 %. Wenn nicht alles nach Plan läuft, wird er nichts verdienen und am Bau läuft nie alles nach Plan. Der Billigstbieter muss zwangsläufig versuchen, mit Claim Management in die Gewinnzone zu kommen. Das Ergebnis ist eine Minus-Baustelle, und zwar trotz bezahlter Mehrkosten. Dazu kommt, dass der Auftraggeber diese Mehrkosten mit einem vernünftig gestalteten Bestbieterprinzip vermeiden hätte können.

Der Wettbewerb darf also nicht auf den Preis beschränkt bleiben. Die Qualität muss gefragt sein. Auftragnehmer haben lange Zeit hindurch Ausschreibungen mit stärker gewichteten Qualitätskriterien gefordert und schließlich sind auch Auftraggeber dafür eingetreten.

Nun ist es so weit. Mit der Novelle 2015 werden im Bundesvergabegesetz Aufträge vorgeschrieben, die zwingend nach dem Bestbieterprinzip zu vergeben sind. In erster Linie sind das Bauaufträge mit einem geschätzten Auftragswert von mindestens einer Million Euro. Das wird die Marktverhältnisse in der Baubranche positiv verändern.

Außerdem wird das Bestbieterprinzip verpflichtend sein, wenn geistige Dienstleistungen vergeben, Alternativangebote zugelassen oder Leistungen funktional ausgeschrieben werden. Ebenso, wenn eine globale Preisgestaltung von vornherein unmöglich ist, der Auftraggeber von Leitlinien abweicht, Dienstleistungen vertraglich nicht genau festgelegt werden können oder zukünftige Kosten in die Angebotsbewertung einfließen sollen.

Die Novelle soll im Herbst beschlossen werden und Anfang 2016 in Kraft treten.

Autor:
Hanno Liebmann