Allianz: Internationales Remote Work- Steuerliche Auswirkungen für Unternehmen und Arbeitnehmer

INHALTSÜBERSICHT

I. Eine neue Arbeitslandschaft
II. Definition von internationalem Remote Work
1. Unterschiede zur internationalen Arbeitnehmerentsendung
2. Unterschiede zu “Workation” und “Bleisure”
III. Steuerliche Folgen für den Arbeitgeber

1. Lohnsteuerabzug
2. Begründung einer körperschaftsteuerlichen Betriebsstätte
3. Umsatzsteuerpflicht?
IV. Steuerliche Folgen für den Arbeitnehmer
V. Bonus: Wie verhält es sich mit den Sozialversicherungsbeiträgen?
VI. Zusammenfassung


I. Eine neue Arbeitslandschaft

In unserer sich rasch entwickelnden globalen Arbeitslandschaft steht das Remote Work im Mittelpunkt und ist zu einem bestimmenden Merkmal der modernen Arbeitnehmerschaft geworden. Da sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zunehmend auf gelegentliche oder dauerhafte grenzüberschreitende Fernarbeitsverhältnisse einlassen, hat dieser grundlegende Wandel, der durch die Pandemie stark gefördert wurde, zu einer Reihe komplexer Herausforderungen geführt. Das internationale Remote Work bringt eine neue Dimension der Komplexität mit sich, die insbesondere Überlegungen zur Einhaltung ausländischer Arbeitsgesetze, einschließlich der Sozialversicherungspflicht und zu den steuerlichen Auswirkungen sowohl für Unternehmen als auch für Remote-Arbeitskräfte umfasst.

Dieser Newsletter befasst sich mit den steuerlichen Feinheiten des grenzüberschreitenden Remote Works und beleuchtet die vielschichtigen Überlegungen, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer beachten müssen. Wir gehen auf die steuerlichen Auswirkungen der grenzüberschreitenden Arbeit ein und behandeln Themen wie steuerliche Ansässigkeit, Doppelbesteuerungsabkommen, Betriebsstätten und Lohnsteuerabzugspflichten.

II. Definition von internationalem Remote Work

Unter Remote Work versteht man eine Arbeitsform, bei der die Mitarbeiter ihren Aufgaben ganz oder teilweise von einem Ort außerhalb des traditionellen Büros erledigen. Dieser Ort kann variieren und reicht vom Komfort des eigenen Zuhauses (im sog. Homeoffice) bis hin zu alternativen Orten wie Co-Working-Einrichtungen und Remote-Job-Hubs (oder anderswo). Das Hauptmerkmal des Remote Works besteht darin, dass die Mitarbeiter das Recht haben -weil dies so gesetzlich oder (tarif)vertraglich vorgesehen oder vereinbart ist-, ihren Arbeitsort ganz oder teilweise selbst zu wählen, sei es komplett oder beschränkt auf bestimmte Tage pro Woche/Monate im Jahr oder bestimmte Jahreszeiten. Internationales Remote Work ist eine von einem anderen Land als dem Wohnsitzland des Arbeitgebers aus geleistete Arbeit.

1. Unterschiede zur internationalen Arbeitnehmerentsendung

Bei der internationalen Entsendung von Arbeitnehmern geht es vielmehr um den -wohl vom Arbeitnehmer angenommenen- Auftrag des Arbeitgebers, seine Arbeit für einen bestimmten Zeitraum außerhalb seines üblichen Arbeitsplatzes und Landes zu verrichten: Der Arbeitnehmer muss sich für einen begrenzten Zeitraum an einen bestimmten Ort im Ausland begeben, der häufig durch die Anforderungen eines Arbeitsprojekts oder einer Schulungsmaßnahme erforderlich ist. Anders als beim Remote Work ist bei der Entsendung von Arbeitnehmern in der Regel keine Ortsflexibilität möglich, da die Arbeits- oder Schulungsorte und -zeiten im Voraus festgelegt werden, was sich von der freiwilligen, grundsätzlich ortsunabhängigen Art des Remote Works unterscheidet.

2. Unterschiede zu “Workation” und “Bleisure”

In diesem Newsletter befassen wir uns mit internationalem Remote Work, das von Arbeitnehmern aus dem Ausland dauerhaft geleistet wird, und schließen bewusst Regelungen und Situationen aus, bei denen die Arbeit vom Ausland aus vorübergehend bzw. auf Ad-hoc-Basis geleistet wird, wie z. B. die so genannte „Workation" (Arbeit von zu Hause aus für einen bestimmten Zeitraum von einer fremden Umgebung aus, z. B. einem festen Urlaubsort oder einer Reise mit verschiedenen Zielen) oder „Bleisure" (die Verlängerung oder Kombination einer Geschäftsreise mit einer privaten Reise). Dies ist von wesentlicher Bedeutung, denn wenn der Arbeitnehmer in dem Land, in dem er wohnt und arbeitet, keine steuerliche Ansässigkeit erwirbt, die über die seines Wohnsitzes (und des Wohnsitzes seines Arbeitgebers) hinausgeht, werden in der Regel weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer die unten beschriebenen steuerlichen Folgen ausgelöst. Das Gleiche gilt im Allgemeinen für die Sozialversicherungspflichten.

III. Steuerliche Folgen für den Arbeitgeber

Wird die Arbeit vom Arbeitnehmer von einem anderen Land aus ausgeführt, in dem der Arbeitnehmer dauerhaft wohnt, kann dies verschiedene steuerliche Folgen für den Arbeitgeber haben.

1. Lohnsteuerabzug

Unabhängig von den Tätigkeiten, die der im Ausland tätige Arbeitnehmer ausübt, ist sein Arbeitgeber in der Regel verpflichtet, den Lohnsteuerabzug auf das Gehalt des Arbeitnehmers im Wohnsitzland des Arbeitnehmers vorzunehmen, d.h. die Lohnsteuer vom Gehalt einzubehalten und beim lokalen Finanzamt zu erklären und abzuführen. In diesen Fällen redet man über eine sogenannte lohnsteuerliche Betriebsstätte des Arbeitgebers im Wohnsitzland des Arbeitnehmers.

Um diese Steuern im Wohnsitzland des Arbeitnehmers abführen zu können, muss sich der Arbeitgeber in diesem Land offiziell registrieren lassen, was in der Regel die Erteilung einer Steueridentifikationsnummer, manchmal auch die Bestellung eines Steuervertreters und die Aufnahme in ein System elektronischer Meldungen durch die Steuer- und andere Verwaltungen des Landes erfordert.

2. Begründung einer körperschaftsteuerlichen Betriebsstätte

Unternehmen mit Sitz in einem Land, die in einem anderen Land über eine feste Geschäftseinrichtung verfügen, über die ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise ausgeübt wird, verfügen in diesem anderen Land über eine sogenannte „Betriebsstätte“ und müssen in der Regel in diesem anderen Land Körperschaftssteuer auf den der Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinn zahlen.

Sowohl die nationalen Steuergesetze eines jeden Landes als auch die bilateralen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) befassen sich mit dem Begriff der Betriebsstätte und legen eine Reihe von Kriterien fest, um zu klären, wann eine solche vorliegt. Art. 5 des OCDE-Musterabkommens enthält eine von den meisten DBAs übernommene Definition, die dann in den offiziellen Kommentaren hierzu ausführlich ausgelegt wird. Je nach Art der Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer in dem Land, in dem er lebt und arbeitet, ausübt, seinen Verantwortlichkeiten und Funktionen im Unternehmen und der Tatsache, dass er befugt ist, den Arbeitgeber zu vertreten und in dessen Namen Verträge abzuschließen, hat das Unternehmen eine Betriebsstätte in diesem Land und unterliegt daher der lokalen Körperschaftsteuer. Dies sollte von Fall zu Fall sehr sorgfältig geprüft werden.

Ist das „Home-Office" des Mitarbeiters eine feste Geschäftseinrichtung? Eine feste Geschäftseinrichtung ist grundsätzlich jeder Ort, der von Arbeitnehmern regelmäßig und dauerhaft für geschäftliche Tätigkeiten genutzt wird. Aber Achtung! Die Steuerbehörden bestimmter Länder legen den Begriff „feste Geschäftseinrichtung“ im Zusammenhang mit dem häuslichen Arbeitszimmer recht weit aus, und die Entscheidungskriterien sind von Land zu Land sehr unterschiedlich, was zu Unsicherheiten und Steuerstreitigkeiten bei diesem essentiellen Thema führen kann. Als Entscheidungsgrundlage dient der Kommentar zum OECD-Musterabkommen, wonach ein „häusliches Arbeitszimmer“ eine feste Geschäftseinrichtung ist, wenn es vom Arbeitnehmer regelmäßig und dauerhaft für geschäftliche Tätigkeiten genutzt wird und die Tätigkeit dort auf Veranlassung des Arbeitgebers ausgeübt wird. Die Verfügungsbefugnis des Unternehmens über das häusliche Arbeitszimmer, die zur Entstehung einer Betriebsstätte führt, ist in diesem Fall gegeben, da davon auszugehen ist, dass das häusliche Arbeitszimmer dem Unternehmen zur Verfügung steht. Wird dem Arbeitnehmer jedoch ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten des Unternehmens (z.B. im Büro) zur Verfügung gestellt, hat der Arbeitgeber keine Verfügungsgewalt über das Homeoffice, auch wenn der Arbeitnehmer dort einen Großteil seiner Arbeit verrichtet, so dass in diesem Fall keine „Homeoffice-Betriebsstätte“ aus diesem alleinigen Grund begründet wird.

Andererseits muss das Unternehmen seine Haupttätigkeit ganz oder teilweise von einem solchen Ort aus ausüben. Der Begriff der Betriebsstätte wäre daher grundsätzlich ausgeschlossen, wenn ein fester „Home-Office“-Geschäftssitz nur zu dem Zweck unterhalten wird, eine andere Tätigkeit mit untergeordnetem oder vorbereitendem Charakter für das Unternehmen auszuüben.

3. Umsatzsteuerpflicht?

Soweit der Wohnsitz bzw. das Homeoffice eines in einem Land ansässigen Arbeitnehmers eines in einem anderen Land ansässigen Unternehmens eine Betriebsstätte begründet, hat das Unternehmen sich in der Regel im Wohnsitzland des Arbeitnehmers umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und beim zuständigen Finanzamt eine Steuernummer zu beantragen. Dem Unternehmen wird in weiterer Folge eine UID-Nummer vom Finanzamt zugeteilt.

Unternehmen, die in einem Land für Umsatzsteuerzwecke registriert sind, haben grundsätzlich die Pflicht, monatlich bzw. quartalsweise eine Umsatzsteuervoranmeldung oder -erklärung abzugeben. Zudem ist nach Ablauf des Kalenderjahres eine Umsatzsteuererklärung oder eine zusammenfassende Meldung einzureichen.

IV. Steuerliche Folgen für den Arbeitnehmer

Bei einem dauerhaften Remote Work im Ausland wird der Arbeitnehmer in der Regel im Arbeitsland steuerlich ansässig und verliert seine steuerliche Ansässigkeit in dem Land, in dem er zuvor gelebt und für seinen Arbeitgeber gearbeitet hat. Die Mehrzahl der nationalen Steuergesetze sieht vor, dass eine Person ihren steuerlichen Wohnsitz in diesem Land erwirbt, wenn sie sich mehr als 183 Tage im Kalenderjahr im Territorium dieses Staates aufhält. In einigen Ländern reicht es jedoch aus, andere Kriterien zu erfüllen (z. B. eine ständige Wohnstätte in dem Land zu haben), um als steuerlich ansässig zu gelten, was zu Konflikten mehrerer Steueransässigkeiten führen kann. Die Doppelbesteuerungsabkommen enthalten Kriterien zur Lösung solcher Konflikte (so genannte "tie-breaker rules"): Neben dem tatsächlichen Aufenthalt im Land oder dem Vorhandensein einer ständigen Wohnstätte wird in Zweifelsfällen unter anderem der so genannte Mittelpunkt der Lebens- und Wirtschaftsinteressen berücksichtigt. In dem Fall, den wir in diesem Newsletter behandeln, hält sich der Arbeitnehmer dauerhaft in einem anderen Land auf als dem seines Arbeitgebers, d.h. für mehr als 183 Tage, und ist daher in diesem Land steuerlich ansässig. Die steuerliche Ansässigkeit in dem Jahr, in dem der Wohnsitz gewechselt wird (Jahr des Wegzugs oder der Rückkehr), muss jedoch sorgfältig geprüft werden, denn wenn das Erfordernis des Aufenthalts in dem Land über 183 Tage in einem Kalenderjahr nicht erfüllt ist, wird in der Regel keine steuerliche Ansässigkeit in diesem Land begründet, und die in diesem Newsletter genannten steuerlichen Folgen treten nicht ein.

Die steuerliche Ansässigkeit in einem Land löst die so genannte unbeschränkte oder persönliche Steuerpflicht im Wohnsitzland aus:

  • Die Einkommensteuer muss deklariert und bezahlt werden: Die Einkommensteuer ist auf das weltweite Einkommen des Arbeitnehmers (aus Beschäftigung, unternehmerischer Tätigkeit, Immobilien, Ersparnissen usw.) zu zahlen, unabhängig davon, wo es erzielt wird. Um eine Doppelbesteuerung in den Herkunftsländern der Einkünfte (z. B. aus Mieteinnahmen im Ausland) zu vermeiden, enthalten die bilateralen DBAs, die zwischen den meisten Ländern in Kraft sind, einige Regeln, die jedoch die Doppelbesteuerung nicht immer vollständig beseitigen.
     
  • Andere lokale Steuern: Der Arbeitnehmer ist möglicherweise zur Zahlung anderer Steuern verpflichtet, die nur Steuerinländer betreffen oder anders als bei Nichtinländern anfallen. Dabei handelt es sich insbesondere um Steuern, die mit dem Besitz von Vermögenswerten (z. B. die Vermögenssteuer) oder dem Besitz oder der Nutzung von Immobilien oder anderem Eigentum verbunden sind.
     
  • Formale Steuerpflichten: Der Arbeitnehmer kann auch verpflichtet sein, verschiedene steuerliche Pflichten zu erfüllen, die nur oder in anderer Weise Steueransässige betreffen, z. B. die Pflicht, sein Vermögen (im Ausland) zu Steuerprüfungszwecken offenzulegen, die Pflicht, bestimmte Erwerbe oder Übertragungen von Vermögenswerten zu melden, usw.
     
  • Wegzugsbesteuerung: Der Verlust der steuerlichen Ansässigkeit in einem Staat kann dazu führen, dass in diesem Staat eine Wegzugssteuer („Exit-Tax“) fällig wird. Diese Verpflichtung betrifft grundsätzlich nur oder verstärkt diejenigen, die zum Zeitpunkt des Verlusts des steuerlichen Wohnsitzes im Herkunftsland selbständig oder unternehmerisch tätig sind, und ihre Auswirkungen können im Falle der Rückkehr in dieses Land in der Regel gemildert oder beseitigt werden.
     
  • Erbschafts- und Schenkungssteuer: In den meisten Ländern wird die Erbschafts- und Schenkungssteuer von Steuerpflichtigen erhoben, die in dem betreffenden Land steuerlich ansässig sind, auch wenn sich das geerbte oder geschenkte Vermögen nicht in diesem Land befindet. Da es nur sehr wenige bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen für diese speziellen Steuern gibt und diese Steuern in einigen Ländern hohe Sätze haben, kann die Steuerlast erheblich sein.

V. Bonus: Wie verhält es sich mit den Sozialversicherungsbeiträgen?

Nicht zu vergessen ist die Verpflichtung, Beiträge zum Sozialversicherungssystem des Landes zu leisten, in dem der Arbeitnehmer arbeitet. In der Regel kann bei dauerhaftem Remote Work diese Verpflichtung nicht umgangen und die Sozialversicherung des Herkunftslandes beibehalten werden, und sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer müssen sich bei der Sozialversicherung des Landes, in dem die Arbeit verrichtet wird, anmelden (und die entsprechenden Beiträge entrichten). Die europäischen Vorschriften, die eine Beibehaltung der Beiträge im Herkunftsland zulassen, gelten für internationales Remote Work nur dann, wenn alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind, von denen die erste der vorübergehende Charakter der Entsendung ist, der grundsätzlich auf ein anderes Szenario als bei internationalem Remote Work hindeutet (siehe die Unterschiede zwischen Remote Work und Arbeitnehmerentsendung, sowie Workation und Bleisure oben).

VI. Zusammenfassung

Grenzüberschreitendes Remote Work stellt sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor komplexe steuerliche Herausforderungen und verwischt die traditionellen Steuergrenzen. Für Arbeitgeber betrifft dies Aspekte wie den Lohnsteuerabzug und die Körperschaftssteuer für das der Betriebsstätte zuzurechnende Geschäftseinkommen. Für Arbeitnehmer, die langfristig im Ausland arbeiten, ergeben sich daraus persönliche Steuerpflichten, einschließlich der Einkommensteuer, lokaler Steuern und zusätzlicher Steuerformalitäten. Sozialversicherungsbeiträge werden in der Regel im Gastland fällig.

Um diese steuerlichen Herausforderungen erfolgreich zu meistern, ist es unerlässlich, sich von einem internationalen Experten beraten zu lassen.



Autor: Fernando Lozano
Autor: Claudia Cascant