Abgabenrechtliche Haftung des faktischen Geschäftsführers

Bisher konnten Personen, die formell nicht als Geschäftsführer einer Gesellschaft bestellt und nicht im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen sind, die aber für die Gesellschaft handeln (so genannte „faktische Geschäftsführer“), im Wesentlichen nur bei Beteiligung an einem vorsätzlichen Finanzvergehen zur Haftung für verkürzte Abgaben eines Unternehmens herangezogen werden. Mit dem Abgabenänderungsgesetzt 2012 (AbgÄG) wurde diese Regelungslücke geschlossen. Seit 01.01.2013 haftet nun auch der faktische Geschäftsführer unter bestimmten Bedingungen für verkürzte Abgaben des Unternehmens.

Gemäß §§ 9 Abs 1 iVm 80 (1) Bundesabgabenordnung (BAO) haben die „zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen“ alle abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Insbesondere bedeutet dies, dass diese Personen dafür zu sorgen haben, dass die Abgaben der Vertretenen entrichtet werden. Nach herrschender Meinung gehören zum Kreis der „zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen“ jedenfalls die in den jeweiligen Materiengesetzen vorgesehenen Organe wie zB die Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer AG. Überwiegend bejaht wird, dass auch gewillkürte Vertreter wie Prokuristen als Vertreter im Sinne des § 80 Abs 1 BAO anzusehen sind.

Anderes galt bisher für so genannte faktische Geschäftsführer, also für Personen, die ohne eine zu Grunde liegende rechtliche Vertretungsbefugnis für eine juristische Person handeln. Auch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zählen faktische Geschäftsführer nicht zum Personenkreis des § 80 Abs 1 BAO. Schon bisher traf den faktischen Geschäftsführer - wie jeden anderen an einem Finanzvergehen Beteiligten - jedoch dann eine Haftung für Abgaben einer anderen Person, wenn er selbst den Vorsatz auf Verkürzung von Abgaben hatte und dafür rechtskräftig verurteilt wurde.

Nach der bisherigen Rechtslage konnte ein Geschäftsführer seine Haftung für Abgaben dadurch vermeiden, dass er sich nicht formell bestellen und im Firmenbuch eintragen ließ. Im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 2012 (AbgÄG 2012) wurde nun mit § 9a BAO eine Regelung geschaffen, die vorsieht, dass Personen, die auf die Erfüllung der Pflichten des Abgabenpflichtigen und der in §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben haben, dass diese Abgabenpflichten erfüllt werden. Diese Personen haften in weiterer Konsequenz für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können.

Fazit
Aufgrund der eingeführten Regelung ist unklar, ob neben natürlichen Personen auch juristische Personen von § 9a BAO umfasst sind. Überdies wird der Begriff „faktischer Geschäftsführer“ in der Literatur unterschiedlich interpretiert und auch die Bedeutung der von § 9a BAO geforderten „tatsächlichen Einflussnahme“ ist nicht abschließend geklärt. Schließlich lässt der Gesetzgeber offen, ob eine Einflussnahme im Sinne von § 9a BAO eine aktive Tätigkeit voraussetzt oder ob diese auch durch bloßes Unterlassen erfolgen kann. Es bleibt daher abzuwarten, ob und inwieweit eine Klärung dieser offenen Fragen durch Judikatur und Literatur künftig erfolgt.


Autor: Sebastian Hütter (Linz)